Vor Nationalratswahl: Empörung über FPÖ-Politiker bei Beisetzung mit SS-Lied
Bei einem Begräbnis sollen FPÖ-Mitglieder SS-Lieder gesungen haben. Grüne, SPÖ und NEOS üben scharfe Kritik, die Jüdische österreichische HochschülerInnen erstatten Anzeige. Die FPÖ selbst ortet politischen Missbrauch eines Begräbnisses einer Privatperson.
Wien – Für Empörung hat ein vom Standard online veröffentlichtes Video gesorgt, in dem prominente Mitglieder der FPÖ an einem Begräbnis teilnehmen, bei dem das Lied „Wenn alle untreu werden“ gesungen wurde – und zwar laut Bericht in jener Version, die als „Treuelied“ von der Schutzstaffel SS verwendet wurde. ÖVP, SPÖ, Grüne und NEOS übten Kritik an der FPÖ, jüdische Studierende haben Anzeige erstattet. Die FPÖ fand es pietätlos, dass ein Begräbnis politisch missbraucht werde.
Geschehen sein soll all das laut Bericht vom Standard beim Begräbnis des früheren FPÖ-Bezirksrats und „Alten Herren“ der deutschnationalen Burschenschaft Olympia Walter Sucher am Freitag in Wien.
Dieser hatte 2006 auf einem FPÖ-Parteitag für Aufregung gesorgt, als er das Publikum „mit einem kräftigen Heil“ gegrüßt hatte. Das verteidigte der damals 72-Jährige danach und meinte, man solle es sich auch nicht nehmen lassen, das Lied „Wenn alle untreu werden“ zu singen.
Bei seinem Begräbnis wurde nun dieses im frühen 19. Jahrhundert entstandene Lied in einer Version vorgetragen, in der das „heil'ge deutsche Reich“ besungen wird, und die neben dem Deutschland- und dem Horst-Wessel-Lied eine zentrale Stellung in der Liederpflege der SS eingenommen hat, wie Extremismusforscher Bernhard Weidinger vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (DÖW) im Standard ausgeführt hat.
NR-Abgeordnete anwesend
Gäste der Beisetzung waren laut einem dem Standard zugespielten Video u.a. die FPÖ-Nationalratsabgeordneten Harald Stefan und Martin Graf sowie Klubdirektor Norbert Nemeth, die alle auch bei der Nationalratswahl am Sonntag für die FPÖ kandidieren, sowie Ex-Klubchef Johann Gudenus.
Ob sie an jener Stelle, die laut dem vom Standard befragten Rechtsextremismusforscher Andreas Peham nach dem Verbotsgesetz verfolgt werden kann, mitgesungen haben, ist nicht bekannt.
Die Grünen sahen in dem Bericht jedenfalls einen weiteren Beweis dafür, dass die FPÖ rechtsextrem sei. Justizministerin Alma Zadić forderte ÖVP und SPÖ am Tag vor der Nationalratswahl dazu auf, „endlich klare Kante zu zeigen“. SPÖ-Chef Andreas Babler rief auf X dazu auf, zum Schutz der Demokratie die SPÖ zu wählen: „Sorgen wir dafür, dass unser Land nicht in die Hände dieser Personen gerät.“
NEOS-Generalsekretär Douglas Hoyos wiederum betonte gegenüber der APA er hoffe, „dass allen Parteien – insbesondere der ÖVP – diese rechtsextremen Umtriebe der FPÖ bei Koalitionsverhandlungen bewusst sind“.
Keine Koalition mit „Kickl-FPÖ“
Die Volkspartei bezog ihre Kritik indes einmal mehr speziell auf die „Kickl-FPÖ“ unter Obmann Herbert Kickl. Dass dieser solche Vorkommnisse dulde beweise, „dass er keine Berührungsängste mit Rechtsextremen hat“, schrieb die Partei auf X und wiederholte einmal mehr, dass es mit diesem keine Zusammenarbeit geben werde.
Die Jüdische österreichische HochschülerInnen (JöH) haben die genannten FPÖ-Politiker und weitere Personen wegen Wiederbetätigung bei der Staatsanwaltschaft Wien angezeigt.
In der FPÖ zeigte man sich unterdessen auf APA-Anfrage empört über die Videoaufnahmen von der Verabschiedung. „Das Begräbnis einer Privatperson, auf dessen Planung und Gestaltung die FPÖ keinerlei Einfluss hatte, nun politisch missbrauchen zu wollen, ist pietätlos und schäbig.“ (APA)
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