Stimmabgabe, Hochrechnungen und Co.: Was man zur Nationalratswahl wissen sollte
Am Sonntag wählen die Österreicherinnen und Österreicher ihre 183 VertreterInnen für den Nationalrat. Aber wo wähle ich und um was geht es bei der Wahl eigentlich genau? Häufig gestellte Fragen – und Antworten – im gesammelten Überblick.
🧐 Vor der Wahl
❓ Was wählen wir eigentlich am Sonntag?
183 Abgeordnete, die in den nächsten fünf Jahren im Nationalrat Gesetze erarbeiten, beschließen oder ändern und die Regierung mit Anfragen oder Untersuchungsausschüssen kontrollieren können. Die Parteien, die am Stimmzettel zur Wahl stehen, nominieren die potenziellen Abgeordneten auf den vor der Wahl festgelegten Listen.
❓ Wer darf wählen?
Bei der Nationalratswahl dürfen alle StaatsbürgerInnen wählen, die spätestens am Wahltag 16 Jahre alt wird. Einzige Ausnahme: Ein Richter/eine Richterin kann rechtskräftig Verurteilten das Stimmrecht entziehen, wenn sie wegen einer Vorsatztat mehr als fünf Jahre Freiheitsstrafe bzw. mindestens ein Jahr wegen eines gegen den Staat gerichteten Deliktes ausgefasst haben. Beim heurigen Urnengang sind laut vorläufigem Stand mehr als 6,35 Millionen Menschen wahlberechtigt.
❓ Wen kann ich wählen?
Österreichweit stehen zumindest neun Parteien auf dem Stimmzettel. Neben den fünf Parlamentsparteien – ÖVP, SPÖ, FPÖ, GRÜNE und NEOS – sind das in Tirol „Die Bierpartei“ (BIER), die KPÖ, „Keine von denen“ (KEINE) die „Liste Madeleine Petrovic“ (LMP), sowie die Liste GAZA und die MFG.
❓ Muss ich wählen gehen?
Nein. Seit 1992 besteht nirgends mehr Wahlpflicht für die Nationalratswahl.
❓ Wie finde ich mein Wahllokal?
In der „Amtlichen Wahlinformation“, die Wahlberechtigten in jeder Gemeinde vor der Wahl zugeschickt werden muss, ist unter anderem auch das zuständige Wahllokal angeführt. Alle Wahllokale in Tirol findet man auch hier.
❓ Wo kann ich wählen?
Seit Einführung der Briefwahl überall – aber nur mit einer Wahlkarte. Ohne eine solche geht es nur am 29. September in „Ihrem“ Wahllokal am Wohnort. Mit Wahlkarte können Sie die Stimme schon vorher abgeben, entweder per Post, aber auch bei den Bezirkswahlbehörden – oder am 29. September zu Hause im Bett, wenn Sie gehunfähig sind und eine „fliegende Wahlbehörde“ beantragt haben. Neu ist auch die Möglichkeit eines individuellen „Vorwahltages“.
🚶 Im Wahllokal
❓ Brauche ich einen Ausweis, um wählen zu können?
Ja, Sie müssen im Wahllokal Ihre Identität belegen können. Dafür brauchen Sie einen Ausweis – und zwar einen amtlichen mit Foto, der Meldezettel reicht nicht. Ohne Identitätsnachweis können Sie nur wählen, wenn die Mehrheit der Wahlbehörden-Mitglieder Sie persönlich kennt. Die Amtliche Wahlinformation müssen Sie nicht dabei haben – aber die Wahlkarte, wenn Sie eine angefordert haben.
❓ Wer sitzt denn im Wahllokal so rum?
Der „Chef“ ist der Wahlleiter, meist ein Beamter. Die anderen Personen sind entweder Hilfspersonal oder VertreterInnen der Parteien. Drei sind (von den Parteien gestellte) „Beisitzer“. Sie dürfen etwa mitentscheiden, ob ein Stimmzettel gültig ist. Nur an den Beratungen teilnehmen, aber nicht mitstimmen dürfen Vertrauenspersonen (maximal zwei pro Partei). Außerdem dürfen die Parteien noch zwei Wahlzeugen in jedes Wahllokal entsenden. Diese können laufend nach außen informieren, weil für sie die Amtsverschwiegenheit nicht gilt.
❓ Wie viel Zeit habe ich in der Wahlkabine?
Das steht nicht im Gesetz. Aber der WahlleiterInnen könnte Sie zum Verlassen der Wahlzelle auffordern, wenn er das Gefühl hat, dass Sie andere an der Stimmabgabe hindern wollen. Nach der Abgabe der Stimme müssen Sie das Wahllokal sofort verlassen.
❓ Darf ich ein Selfie aus der Wahlzelle posten?
Das ist in Österreich nicht verboten. Das in der Verfassung verankerte Wahlgeheimnis schützt den Wähler/die Wählerin davor, dass gegen seinen Willen bekannt wird, wie er abgestimmt hat. Den Stimmzettel eines anderen ohne dessen Zustimmung zu fotografieren und zu posten wäre also verboten – ein Selfie mit Stimmzettel ist erlaubt.
❓ Darf ich mein Kind mitnehmen in die Wahlzelle?
Ein kleines Kind sicherlich. Aber es ist in jedem Fall die Entscheidung der Wahlbehörde. Diese muss auf die Aufsichtspflicht Rücksicht nehmen, aber auch darauf, dass das Wahlgeheimnis nicht verletzt wird.
❓ Ich kann aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen nicht selbst ankreuzen. Darf mir jemand helfen?
Ja, körper- oder sinnesbehinderte WählerInnen dürfen sich von einer selbst ausgesuchten Begleitperson helfen lassen. Blinde oder stark sehbehinderte Menschen können eine Stimmzettel-Schablone verlangen. Betrügen sollte man nicht: Wer sich fälschlich als blind oder behindert ausgibt, kann mit einer Geldstrafe bis zu 218 Euro bzw. Ersatzfreiheitsstrafe bis zu zwei Wochen rechnen.
❓ Darf ich meinen Hund in die Wahlkabine mitnehmen?
Das ist per Gesetz nicht verboten. Der WahlleiterInnen könnte es aber verbieten, wenn dadurch die Ruhe gestört wird. Denn der WahlleiterInnen hat „für die Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung bei der Wahlhandlung“ zu sorgen. Wenn er nicht erlaubt, den Hund mitzunehmen, sollten Sie sich daran halten. Gegen die Anordnungen des Wahlleiters/der -leiterin zu verstoßen, kann mit bis zu 218 Euro Geldstrafe bzw. zwei Wochen Ersatzhaft bestraft werden.
🗳️ Auf dem Stimmzettel
❓ Darf ich den Stimmzettel zu einem Papierflieger oder Boot falten und so abgeben?
Ja, aber nur, wenn er trotzdem ins Kuvert geht (damit das Wahlgeheimnis nicht verletzt wird) – und trotzdem gut leserlich ist. Sonst ist er ungültig, das heißt, die Stimme wird nicht mitgezählt.
❓ Darf ich Zeichnungen auf dem Stimmzettel machen?
Ja, aber nur so, dass noch klar erkenntlich ist, wen Sie gewählt haben.
❓ Darf ich Zeichnungen auf mein Wahlkuvert machen?
Nein, dafür droht eine Strafe von bis zu 218 Euro bzw. zwei Wochen Ersatzhaft – weil damit das Wahlgeheimnis verletzt wäre.
❓ Darf ich eine andere Partei auf den Stimmzettel schreiben, die dort nicht aufgedruckt ist?
Prinzipiell ja – aber damit verzichten Sie auf Ihr Wahlrecht. Ihr Stimmzettel ist dann ungültig. Es sei denn, sie kreuzen eine Partei an und schreiben eine, die nicht antritt, auf den Zettel. Dann geben Sie der angekreuzten Partei Ihre Stimme.
❓ Muss ich unbedingt ein Kreuz bei „meiner“ Partei machen?
Nein – Sie können Ihre Entscheidung auch anders kundtun: Mit einem Hakerl, einem Strich oder einem anderen Zeichen im Kreis unter der Partei – oder indem Sie die Kreise oder Namen aller anderen Parteien durchstreichen. Sie können die Kreise auch ignorieren – und den Namen oder die Nummer „ihrer“ Partei markieren oder draufschreiben. Und wenn Sie können auch „indirekt“ über Vorzugsstimmen wählen – ohne dass Sie die Partei extra ankreuzen.
❓ Was kann ich tun, wenn ich die falsche Partei angekreuzt habe?
Wenn Sie den Stimmzettel schon in die Wahlurne geworfen haben, nichts mehr. Wenn nicht, können Sie die Wahlbehörde um einen neuen Stimmzettel bitten – müssen dann aber sofort den falsch ausgefüllten zerreißen, damit Sie nicht zwei Mal wählen können. Die Papierschnipsel müssen Sie selbst einstecken, damit das Wahlgeheimnis gewahrt bleibt.
❓ Was erreiche ich mit einer Vorzugsstimme?
Sie können damit einer Person, die Sie besonders schätzen, zu einem Mandat verhelfen. Bekommt diese genug Vorzugsstimmen, zieht sie in den Nationalrat ein – auch wenn sie weit hinten auf der Liste gereiht war, weil sie damit die Bewerber vor ihr überholt.
❓ Wie viele Vorzugsstimmen kann ich vergeben?
Drei – aber für verschiedene Ebenen: Eine für einen Bewerber auf Bundesebene, eine auf Landesebene und eine im Regionalwahlkreis, in dem Sie leben. Das könnte allerdings auch immer derselbe Bewerber sein, weil es zulässig ist, dass ein Kandidat auf mehreren Ebenen auf der Liste steht.
❓ Ich möchte Partei A wählen, aber Person B meine Vorzugsstimme geben, die für eine andere Partei kandidiert. Ist das möglich?
Nein. Die Person, der sie ihre Vorzugsstimme geben, muss der angekreuzten Partei angehören.
❓ Woher weiß ich, wem ich eine Vorzugsstimme geben kann?
Die KandidatInnen für den Regionalwahlkreis stehen am Stimmzettel, die kreuzen Sie einfach an. Die KandidatInnen der Bundes- und Landesliste – deren Namen bzw. Nummer auf der Liste Sie eintragen müssen – stehen auf einem Aushang im Wahllokal. Wenn Sie eine Wahlkarte anfordern, bekommen Sie auch zwei Broschüren mit allen Namen.
⏳ Nach der Wahl
❓ Wo findet die Auszählung der Stimmen statt und darf man dabei zuschauen?
Nein, bei der Auszählung, die im Wahllokal stattfindet, dürfen die WählerInnen nicht zuschauen. Die Nationalratswahlordnung schreibt vor, dass das Wahllokal für die Auszählung geschlossen werden muss. Dabeisein dürfen nur die Mitglieder der Wahlbehörde (WahlleiterInnen, BeisitzerInnen), Hilfsorgane, Vertrauenspersonen und WahlzeugInnen der Parteien – sowie allfällige WahlbeobachterInnen von der OSZE.
❓ Wann kann man die ersten Ergebnisse erfahren?
Um 17 Uhr, wenn die letzten Wahllokale geschlossen haben. Viele Wahllokale – vor allem im ländlichen Raum – schließen zwar schon früher, aber auch deren Ergebnisse dürfen erst nach Wahlschluss veröffentlicht werden. Darauf hat der Verfassungsgerichtshof ebenfalls gepocht: Selbst die Weitergabe an Medien und Meinungsforschungsinstitute vor Wahlschluss ist den Wahlbehörden jetzt streng verboten.
❓ Was ist der Unterschied zwischen „Trend“ und „Hochrechnung“?
Für einen „Trend“ werden alle bis dahin ausgezählten Sprengel/Gemeinden/Bezirke/Wahlkreise/Länder zusammengezählt. Liegen noch nicht sehr viele Ergebnisse (und anfangs vor allem von kleinen Gemeinden) vor, kann man daraus kaum Rückschlüsse auf das Gesamtergebnis ziehen. In Hochrechnungen wird genau dies, also das Ziehen von Rückschlüssen, angestrebt – indem mittels komplexer Modelle aus der Entwicklung in ausgewählten kleinen Gemeinden abgeschätzt wird, wie die Wahl österreichweit ausgehen wird.
❓ Wann ist die Auszählung der Stimmen abgeschlossen?
Streng genommen erst am Donnerstag, denn da werden die letzten Stimmen ausgezählt, nämlich jene, die mit Wahlkarten bzw. Briefwahl am 29. September in „fremden“ Wahlkreisen abgegeben wurden. Dennoch wird das Ergebnis am Montag schon relativ genau sein, schließlich wird am Wahltag selbst das Gros der Stimmen ausgezählt. Neben den in den Wahllokalen abgegebenen auch jene, die bis Freitagmittag vor dem Wahlsonntag bei den zuständigen Bezirkswahlbehörden eingetroffen sind und auch die Wahlkarten, die unmittelbar nach Ausstellung direkt bei der Gemeinde abgegeben wurden („persönlicher Vorwahltag“). Möglich macht das die Wahlrechtsreform 2023, die mit diesem Jahr in Kraft trat.
🍺 Und überhaupt...
❓ Ist es Lokalen am Wahltag verboten, Alkohol auszuschenken?
Dem ist nicht mehr so, früher stand das Ausschenken von Alkohol vor der Wahl aber unter Strafe. 1918 wurde Wirten untersagt, „geistige Getränke“ am Wahltag auszuschenken. Ab 1923 wurde gestraft. Auch in der Zweiten Republik gab es ein derartiges Verbot – der Zeitraum dafür wurde sogar noch weiter gefasst: Von 20 Uhr am Tag vor der Wahl bis 20 Uhr am Wahltag. Erst 1969 wurde es gelockert, ehe es 1979 ganz fiel. (TT.com, APA)
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