Ruf nach „unpopulären Maßnahmen“

Wirtschaft schrumpft, Löcher im Budget: „Wir müssen den Gürtel enger stellen“

Die heimische Wirtschaft braucht dringendst Impulse zum Wachstum, ist Wifo-Direktor Gabriel Felbermayr überzeugt.
© Imago/Steinach

Später in Pension, höhere Steuern. Gabriel Felbermayr, Chef des Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) spricht sich klar für rasche und mitunter auch schmerzhafte Einschnitte aus, damit die Wirtschaft in Österreich wieder wächst und das Budget saniert werden kann.

Wien – Wifo-Chef Gabriel Felbermayr hält rasche Maßnahmen der künftigen Regierung für notwendig, um das Budgetdefizit wieder einzugrenzen: „Wir werden ein paar unpopuläre Maßnahmen setzen müssen, damit man Österreich wieder auf den Wachstumskurs bringen kann“, erklärte der Wirtschaftsforscher am Sonntagvormittag in der ORF-Pressestunde“.

Ansetzen würde Felbermayr etwa bei der Grundsteuer, beim Dieselprivileg und bei der Mineralölsteuer. Auch das Pensionsantrittsalter sollte langsam angehoben werden.

Krisenherde senkten den Wohlstand

Felbermayr gab zu bedenken, dass Österreich auch wieder die Maastricht-Vorgaben einhalten müsse. Demnach darf das öffentliche Defizit nicht mehr als drei Prozent der Wirtschaftsleistung (BIP) und der Schuldenstand nicht mehr als 60 Prozent des BIP betragen. Auch darf die Inflationsrate maximal 1,5 Prozent über jener der drei preisstabilsten Mitgliedstaaten liegen. Österreich erfüllt derzeit keines der drei essentiellen Konvergenzkriterien der Eurozone.

Darüber hinaus werde es auch Aktiv-Maßnahmen brauchen: etwa in Sachen Pflege oder bei der Arbeitsmarkt-Qualifizierung: „Was wir brauchen, ist eine klare Reformagenda.“ Da sei es angesichts der Umstände der vergangenen Jahre klar, dass die Krisenherde Wohlstand kosteten: „Wir müssen den Gürtel ein bisschen enger stellen.“

Eine Steuererhöhung gefällt keinem. Aber wir müssen den Gürtel ein bisschen enger stellen.
Gabriel Felbermayr, Wifo

Dabei würde Felbermayr auch an den Abgaben schrauben: „Eine Steuererhöhung gefällt keinem.“ Andererseits müsse man bedenken, dass beispielsweise die Mineralölsteuer seit 2011 nicht mehr angehoben worden sei, in derselben Zeit die Inflation aber um 40 Prozent gewachsen sei. Real sei sie also jedes Jahr gesunken. Daher ist der Wifo-Chef der Ansicht, dass man bei der MÖSt durchaus etwas tun könnte.

Auch beim Diesel-Privileg könnte man „behutsam einen Schritt gehen.“ Für allfällige Koalitionsverhandlungen von ÖVP und SPÖ interessant sein könnte eine Anhebung der Sätze bei der Grundsteuer: „Da könnte man schon etwas machen."

Da die Grundsteuer eine Vermögenssteuer sei, könne die eine Seite darauf verweisen, hier etwas erreicht zu haben und die andere, dass sie eine echte Vermögenssteuer verhindert habe. Von letzterer hielte auch Felbermayr wenig.

Erst mit 67 Jahren in Pension

Keine Präferenz will der Wirtschaftsforscher bezüglich der Zusammensetzung der nächsten Regierung äußern. Allerdings betonte er, dass eine Koalition aus drei Parteien „komplex“ sei, wie man in Deutschland sehe. Dass er damit Blau-Schwarz bevorzugen würde, bestätigte der Wifo-Chef nicht, umso mehr als ja auch ÖVP und SPÖ eine, wenn auch knappe, Mehrheit hätten: „Da mische ich mich nicht ein.“

Wifo-Direktor Gabriel Felbermayr war am Sonntagvormittag in der ORF-Pressestunde zu Gast.
© ORF

Einmal mehr plädierte Felbermayr weiters für eine Erhöhung des Pensionsalters auf 67 Jahre, allerdings in behutsamem Tempo. Abgeschlossen wäre diese nach seinen Vorstellungen erst 2044. Gestärkt werden müssten zudem zweite und dritte Säule, also betriebliche und private Vorsorge.

Maßvolles Vorgehen empfiehlt der Wifo-Chef bei der Beamten-Lohnrunde. Man werde überlegen müssen, ob nicht Zurückhaltung bei den Öffentlich Bediensteten angesagt sei.

Eine politische Karriere hat Felbermayr selbst nicht vor: „Schuster bleib bei deinen Leisten, das hat schon was.“ Bei einem Anruf des Kanzlers, ob er Finanzminister werden wolle, würde er „nein“ sagen. (TT, APA)

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