Königreich mit Glücks-Index

„Snowman Race“ in Bhutan: Tirolerin läuft 200-Kilometer-Rennen auf 5000 Metern Höhe

© Buchauer/privat

Rosanna Buchauer ist höchst erfolgreiche Ultra-Läuferin und dementsprechend gewohnt, weite Distanzen in den Bergen zu absolvieren. Wenn sie allerdings am 24. Oktober in Bhutan an die Startlinie gehen wird, erwartet sie ein gänzlich neues Abenteuer.

Innsbruck/Laya – Lavaredo Ultra Trail, Großglockner Ultra-Trail oder der 100-Kilometer-Bewerb CCC beim berühmten UTMB in Chamonix: Bei all diesen Rennen ist Rosanna Buchauer heuer schon am Podest gestanden, die ersten beiden hat sie sogar gewonnen. Eigentlich könnte sich die (Wahl-)Tirolerin also zufrieden zurücklehnen und die schönen Herbsttage genießen, bevor die Skitouren-Saison losgeht.

Aber Rosanna Buchauer, die in Bayern aufgewachsen ist, aber seit mehr als 15 Jahren in Innsbruck lebt und mitunter am Wilden Kaiser trainiert, hat andere Pläne. Sie befindet sich aktuell im Königreich Bhutan, wo sie am 24. Oktober beim „Snowman Race – The Ultimate Race for Climate Action“ als eine von 10 internationalen AthletInnen und 25 TeilnehmerInnen insgesamt am Start stehen wird. Dabei hatte schon die Vorbereitung und Planung mehr von einer Expedition, als von einem Lauf-Wettbewerb.

Aus gutem Grund: Das Rennen geht über fünf Tage, die LäuferInnen bewegen sich ständig in einer Höhe zwischen 4600 und 5600 Metern, liegt Bhutan doch am östlichen Rand des Himalayas. „Ich habe versucht, alle meine Trainingsläufe über 2500 Metern zu machen, außerdem habe ich noch ein paar Tage am Matrashaus am Hochkönig übernachtet, um auch so hoch wie möglich zu schlafen. Der frühe Schnee im September hat meine Pläne nicht gerade erleichtert“, erzählt Buchauer über ihren speziellen Trainingsblock. Sie habe ursprünglich auch überlegt, in die Höhenkammer zu gehen, allerdings „ist die in Innsbruck aktuell leider nicht funktionstüchtig und die in Bozen ist so gut, dass das als Doping gelten würde. Also habe ich das nicht gemacht.“

Yaks tragen Equipment zu „Night Camps“

Aber nicht nur das Training, sondern vor allem auch das Packen und die Logistik stellen alles Bisherige in den Schatten. Denn während man für ein 100-Kilometer-Rennen „nur“ die einzelnen Abschnitte und Labstationen genau planen muss, ist das bei 200 Kilometern auf fünf Etappen mit „Night Camps“ und Temperaturen zwischen Minus 10 und 18 Grad Celsius plus doch etwas anderes. „Wir starten in Laya. Dann laufen wir jeden Tag eine Etappe und übernachten in Zelten. Alles, was ich dort brauche, musste ich in vier einzelne Plastiksäcke für jedes Camp verpacken, weil das schon 10 Tage bevor das Rennen startet, von Locals mit ihren Yaks zu den ansonsten unzugänglichen Camps transportiert wird.“

Atemberaubende Aussichten: Rosanna Buchauer sammelt erste Eindrücke vom Königreich am Rande des Himalayas.
© Buchauer/privat

Der Daunen-Expeditionsschlafsack ist übrigens nicht dabei, den müssen die TeilnehmerInnen genauso wie ein Satellitentelefon stets im Rucksack dabei haben. „Falls man unterwegs in eine Notsituation kommt, muss man sich wärmen können. Es kann bis zu 24 Stunden dauern, dass Hilfe kommt“, beschreibt Buchauer die extremen Bedingungen bei dem Rennen. Alles, was sie in den vier Night-Camps braucht – also etwa eine Daunenjacke und trockenes Wechselgewand – wird danach an die lokale Bevölkerung gespendet. „Das musste natürlich auch mit meinen Ausstattern geklärt werden, dass ich nicht nur eine, sondern vier Daunenjacken brauche, die dann auch nicht mehr zurückkommen.“

Wasserfilter und viel Gewand am Rücken

Apropos Daunenjacken: Auch das Gewand, das Buchauer selbst während dem Rennen dabeihat, wird um einiges mehr sein, als bei „normalen“ Ultra-Läufen. „Ich trage durchgehend zwischen sechs und acht Kilo am Rücken. Das sind sehr viele Schichten Gewand – von der Regenüberhose über mehrere Paare Handschuhe bis hin zu Gamaschen. Aber auch ein Wasserfilter, mit dem ich selbst das Wasser aus den Flüssen trinkbar machen kann.“ Generell setzt sie auf Kleidung aus Merinowolle – was auch in Anbetracht dessen, dass man während des Rennens fünf Tage nicht duschen kann, sinnvoll erscheint ...

Bildergalerie | Eindrücke aus Bhutan

Nach einem Zwischenstopp in Bangkok gings weiter nach Bhutan.
Mit viel Gepäck gings mit dem Bus weiter.
Erste Eindrücke werden gesammelt.
Die weiblichen Athletinnen sind alle angekommen.
Das „Tigers Nest Monastery“ im Paro Tal in Bhutan.

„Sich zwischen den einzelnen Etappen zu erholen wird, denke ich, die größte Herausforderung. Wir starten jeden Tag um 6.00 Uhr und laufen bis zum jeweiligen Camp, in der ersten Nacht schlafen wir gleich auf 5.000 Metern Höhe. Diese Zeiten werden zusammen gezählt und daraus ergibt sich die Platzierung.“ Sie habe zwar schon einmal an einem 3-Tages-Rennen teilgenommen, „da hatten wir aber jede Nacht ein Hotel und Betreuung vom Physio, das kann man wohl nicht ganz vergleichen“, schmunzelt Buchauer. Warmes Essen gibt es aber auch in den Night-Camps in Bhutan – diesmal halt vom Lagerfeuer und nicht aus der Hotelküche.

Die weiblichen Teilnehmerinnen sind in Bhutan angekommen, ganz links im Bild ist Rosanna Buchauer.
© Buchauer/privat

Klimawandel-Folgen in Bhutan bereits stark sichtbar

Dass das Rennen auch einen ernsten Hintergrund hat, nämlich Bewusstsein für den Klimawandel und seine Folgen zu schaffen, hat Rosanna Buchauer mindestens genauso zur Teilnahme motiviert, wie der Abenteuer-Charakter. „In Bhutan sieht man die Auswirkungen des Klimawandels schon viel deutlicher als bei uns in Tirol. Dort mussten wegen Gletschersee Ausbrüchen schon ganze Dörfer umgesiedelt werden. Auch der Permafrost taut auf und lässt Berge auseinander bröseln. Das ist eine sehr drastische Warnung, wie sich die Bergwelt – auch hier bei uns – verändert, wenn wir nicht gegensteuern.“ Dabei ist Bhutan selbst das einzige Land der Welt, das „Klimaneutral“ ist und sich per Staatsdoktrin mehr auf Glück und Naturschutz, denn auf Wirtschaftswachstum fokussiert.

Und auch wenn es kein olympischer Bewerb ist, hier hat das Credo „Dabei sein ist alles“ mindestens genauso viel Richtigkeit: „Mir geht es bei diesem Rennen wirklich nicht um die Platzierung, für mich geht schon mit der Teilnahme ein Traum in Erfüllung.“ Und: „Außerdem werden hier sicher zwei Rennen gelaufen. Ganz vorne werden sicher die Einheimischen sein, mit denen wir EuropäerInnen nicht mithalten können in der Höhe. Andererseits steht die Sicherheit absolut im Vordergrund, man kann wegen der abgelegenen Strecke ja auch nicht aussteigen – insofern werde ich sicher gar nichts riskieren, da ist es mir völlig egal ob ich 30 Minuten früher oder später ins Ziel komme.“

Doku wird gedreht, Tiroler Tageszeitung berichtet

Familie und FreundInnen in Bayern, wo Rosanna Buchauer aufgewachsen ist und in Tirol, wo die 34-Jährige seit mehr als 15 Jahren lebt, arbeitet und trainiert, werden jedenfalls Daumen drücken und das Rennen soweit es möglich ist aus der Ferne mitverfolgen. Spätestens, wenn im Nachgang die Doku erscheint, für die auch Rosanna Buchauer während dem Rennen eine GoPro-Kamera tragen wird, werden auch alle Zuhause gebliebenen ausführliche Eindrücke von der unvergleichlichen Rennstrecke bekommen. Und bis dahin wird die TT über Ergebnis und Erlebnis von Rosanna Buchauer berichten.

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