Zahl der außerordentlichen Schüler in Wien weiter hoch
Die Anzahl der außerordentlichen Schülerinnen und Schüler an öffentlichen Wiener Volksschulen bleibt hoch. Das geht aus nun ausgewerteten, der APA vorliegenden Zahlen für Ende Juni 2024 hervor. Der Anteil betrug zu diesem Zeitpunkt 14,8 Prozent. Es handelt sich dabei um Kinder, die über zu geringe Deutschkenntnisse verfügen, um dem Unterricht zu folgen. Konkret wiesen von 71.097 Schülern in öffentlichen Volksschulen Ende des vergangenen Schuljahrs 10.535 diesen Status auf.
Der Anteil kann dabei während eines Schuljahrs schwanken. Einerseits kommen etwa durch Familiennachzug ständig neue außerordentliche Schülerinnen und Schüler nach. Andererseits verlieren Kinder den Status, wenn sie ausreichende Sprachkenntnisse aufweisen bzw. auch ohne diese spätestens nach zwei Jahren.
Von den betroffenen Kindern hatten laut dem Büro von Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (NEOS) rund 17 Prozent die österreichische Staatsbürgerschaft. Fast die Hälfte aller außerordentlicher Schüler - nämlich mehr als 45 Prozent - wurden aber schon in Österreich geboren.
In den Zahlen würden sich die globalen Krisen wie die Kriege in Syrien und der Ukraine widerspiegeln, erläuterte Wiederkehr. Die damit zusammenhängenden Fluchtbewegungen hätten zu einem starken Wachstum der Anzahl der Schülerinnen und Schüler geführt. In den vergangenen drei Schuljahren - also seit 2022 bis jetzt - seien jeweils rund 4.000 zusätzliche Kinder aufgenommen worden.
Der starke Anstieg gehe jedoch nicht mit mehr Ressourcen in Sachen Deutschförderung einher, beklagte er. Die vom Bund gewährten Planstellen für die Deutschförderung würden "viel zu gering" ausfallen. Schon in den vergangenen Jahren mussten laut dem Wiener Bildungsstadtrat deshalb zusätzliche Stellen aus dem allgemeinen Topf zur Deutschförderung herangezogen werden.
Zudem, so beklagte der NEOS-Politiker, seien die Planstellen für die Deutschförderung gedeckelt. Ab einer gewissen Anzahl von außerordentlichen Schülerinnen und Schülern würden vom Bund keine zusätzlichen Planstellen mehr zur Deutschförderung bereitgestellt. In Wien würden darum bereits 5.000 Betroffene keine zusätzlichen Stunden Sprachunterricht aus Bundesmitteln erhalten.
Wiederkehr verwies auf seine Forderung nach einem österreichweiten Chancenindex. Dieser sei "wichtiger denn je", da er Ressourcen nach dem Grad der Herausforderung für den individuellen Schulstandort regeln würde. Standorte mit besonderen Herausforderungen würden mehr Mittel bekommen als jene, auf die dies nicht zutreffe. "Wien hat weitaus größere Herausforderungen als beispielsweise ländliche Gebiete", hielt er fest.
Es komme noch dazu, dass bereits rund 60 Prozent der Wiener Kindergartenkinder eine andere Erstsprache als Deutsch hätten, berichtete der Stadtrat. Dabei spiele auch das familiäre Umfeld eine große Rolle. Kinder aus bildungsfernen Haushalten hätten oft Schwierigkeiten, die sprachlichen Anforderungen des Schulalltags zu erfüllen.
Die Stadt Wien, so versicherte Wiederkehr, setze bereits zahlreiche Maßnahmen, um auf die geänderten Anforderungen an die Elementarpädagogik zu reagieren. Die Anzahl der Sprachförderkräfte in Kindergärten werde sukzessive erhöht.
Im Bildungsministerium verwies man darauf, dass der Bund die Ressourcen für Deutschförderung zuletzt um 30 Prozent auf 40 Mio. Euro aufgestockt habe. Darüber hinaus stelle man Schulsozialarbeiter an Wiener Schulen bereit, deren Zahl wurde ebenfalls erhöht, hieß es in einer der APA übermitteln Stellungnahme. Dazu entfiele der Löwenanteil der zusätzlichen Lehrer-Planstellen auf Wien sowie rund 18,7 Mio. Euro als Finanzmittel. Weiters unterstütze man mit dem Programm zur Lernhilfe und Videodolmetsch-Angeboten.
Nach Ansicht der Wiener ÖVP hat die Deutschförderung in den Kindergärten "komplett versagt". Bildungssprecher Harald Zierfuß machte die Stadtregierung dafür verantwortlich, dass Kinder, die hier geboren werden, aufwachsen und den Kindergarten besuchen, immer noch nicht ausreichend Deutsch können. Dies habe nichts mit Fluchtbewegungen oder Planstellen zu tun, meinte er in einer Reaktion.
"Aber egal um welche Baustelle es im Wiener Bildungsbereich geht - für Stadtrat Wiederkehr gibt es immer nur einen Schuldigen und das ist der Bund", kritisierte Zierfuß. Die ÖVP fordert unter anderem einen verpflichtenden Kindergartenbesuch inklusive Deutschförderung für alle Dreijährigen mit Förderbedarf.
Die Grünen hoben ebenfalls hervor, dass fast die Hälfte der Schülerinnen bzw. Schüler, die aufgrund sprachlicher Probleme dem Unterricht nicht ausreichend folgen können, in Wien geboren wurden. Das zeige ein "systemisches Versagen der Sprachförderung" in Wiens Kindergärten, befanden das Bildungssprecher-Team Julia Malle und Felix Stadler. Nötig seien unter anderem fixe Sprachförderkräfte für jeden Kindergarten, wo dies benötigt werde, zeigten sie sich überzeugt.