Kultur Österreich

Musikduo Enns setzt auf "Ehrlichkeit und Spontanität"

Kenji Araki und Yuri Binder ist ein Licht aufgegangen
© APA

Bei ihnen hat alles Platz: Wenn Kenji Araki und Yuri Binder alias YBsole als Enns gemeinsame Sache machen, werden Genregrenzen gekonnt ignoriert. Auf dem Debütalbum "Everyone's Trying So Hard, It Breaks My Heart" mischt das Wiener Duo minimalistische Singer-Songwriter-Ästhetik mit noisigen Elektronikausbrüchen und einem Postpunk-Vibe. "Wir machen einfach, ohne eine konkrete Soundvorstellung", beschreibt Binder den Kreativprozess, der aus einer Freundschaft entstanden ist.

Die zwei kennen sich aus der experimentellen Wiener Clubszene. Araki hat in den vergangenen Jahren mit zwei Soloplatten auf sich aufmerksam gemacht, im zweiten Durchgang war auch schon Binder bei einigen Tracks dabei. "Die sind aber eigentlich nach den ersten Enns-Sachen entstanden", erläutert Araki im APA-Interview. "Wir haben einfach zum Spaß mal einen Track gemacht. Und der zweite war dann schon 'Weekender', was jetzt die Single für das Album wurde." Das Verständnis war von Beginn an intuitiv. "Es ist etwas Rares und Besonderes, was ich so zuvor noch nie erlebt habe", nickt Binder: "Eine Zusammenarbeit ohne Kompromisse."

Musikalisch habe man in den vergangenen gut eineinhalb Jahren einige Wandlungen durchlaufen, war der Beginn des Projekts doch stärker cluborientiert. "Es gab anfangs keinen roten Faden, das hat sich erst mit der Zeit entwickelt", so Araki. "Es ging uns einfach darum, was wir alles entdecken können." Mehr und mehr flossen dann Gitarrensounds ein, zudem rückten die Stimmen in den Vordergrund - etwas Neues für die beiden Elektronikproduzenten. "Das war anfangs schon schwierig. Ich habe Vocals immer sehr aus einer Producersicht gedacht", gibt Araki zu. "Was sind Vocals, wie funktionieren sie im Sound? Ich bin eben kein Sänger." Durch das gemeinsame Probieren habe man aber Sicherheit gefunden. "Das hat den Druck rausgenommen."

"Zunächst haben wir viele Effekte verwendet, weil man dadurch die Stimme eher verstecken kann", ergänzt Binder. "Mittlerweile sind die Songs aber mehr lyrikbasiert. Die Stimme bekommt dadurch einen anderen Platz. Die Effekte sind großteils weggefallen, weil wir uns trauen. Das war aber schon eine Überwindung." Der Albumopener "Enter The Frame" ist ein gutes Beispiel dafür, auf dem beide zur Akustikgitarre im Singer-Songwriter-Modus unterwegs sind. "Das hat die Klangästhetik stark verändert", meint Araki. "Auch das Livespielen. Es menschelt dann anders. Dadurch hat es eine Ehrlichkeit und Spontanität." Wobei das technische Spiel mit Autotune und Co ihn nach wie vor reize. "Diese Verfremdung und Abstraktion ändert ja deine Wahrnehmung komplett."

Inhaltlich behandeln Enns Themen wie Isolation, Einsamkeit und Zurückweisung - keine leichte Kost also. "Meistens improvisiere ich über ein Instrumental oder eine Songidee", erläutert Binder seinen Prozess. "Es sollte sehr intuitiv bleiben. Die Gedanken fühlen sich ja auch in meinem Kopf eher abstrakt an. Es ist dann eine Möglichkeit, darüber zu reflektieren. Daraus entsteht eine gewisse Offenheit in den Lyrics." Hört man die Tracks, ermöglicht die Reduktion und teilweise Repetition schnell eine Verbindung, was auch für Araki ein wesentlicher Aspekt ist. "Die Emotionen, über die wir singen, sind ja alles sehr einfache menschliche Gefühle, die alle kennen. Das unnötig zu abstrahieren, würde dem nicht gerecht werden. Wir haben uns eine spontane Naivität behalten."

Das unterstreicht definitiv den Ersteindruck des Albums: Nummern wie "Stranger" oder "Say So" wirken teils wie Skizzen, entwickeln aber gerade durch ihre Sprunghaftigkeit und den direkten Zugang einen besonderen Reiz. So macht es auch Sinn, ein krachendes Stück wie "Screensssss" in einer Reihe mit dem melancholischen "Memories" zu sehen. Der freie Fluss der Ideen gilt quasi als höchstes Gut. "Es gab keine Erwartungen", spricht Araki die Vorteile eines neuen Projekts an. "Wir haben einfach geschaut, wo es uns hinführt. Wir wollten zu zweit Musik machen. Genau deswegen existiert das." Und ein Ende sei noch lange nicht in Sicht. Am Freitag präsentiert Enns das Album im Wiener B72.

(Das Gespräch führte Christoph Griessner/APA)

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