Sanierung gescheitert

Kika/Leiner stellt erneut Insolvenzantrag: 1400 Mitarbeiter betroffen

Kika/Leiner hat die Reißleine gezogen: „Keine Sanierung möglich.“
© Axel Springer

Rezession, Kostensteigerungen: Die Möbelkette Kika/Leiner hat die Reißleine gezogen und einen Insolvenzantrag gestellt. Die Sanierung ist damit geplatzt.

Wien – Die angeschlagene Möbelkette Kika/Leiner hat nach der Pleite im Juni 2023 nun unter neuer Eigentümerschaft erneut Insolvenz angemeldet. "Das eigene Insolvenzverfahren, die Signa-Pleite, die anhaltende Rezession und die Kostensteigerungen seit der Übernahme" seien die Gründe für das Scheitern der Sanierung, teilte das Unternehmen am Dienstag in einer Aussendung mit.

Nun sei der Insolvenzverwalter am Wort, er treffe die Entscheidungen, ob und wie es weitergehe, erklärte die Möbelkette. Es soll sich um einen Konkursantrag handeln, schreibt Der Standard.

Das Kika/Leiner-Management habe „alles Menschenmögliche unternommen, um den Fortbestand des Unternehmens zu ermöglichen“. Unter den derzeitigen Rahmenbedingungen sei „die Sanierung des schwer angeschlagenen Möbelhauses leider nicht möglich“. Kika/Leiner hat die Zahl der Beschäftigten bereits von 1900 auf 1400 reduziert, in Tirol blieb von vier Standorten nur noch jener in Rum bei Innsbruck übrig.

Die nähere Zukunft des Unternehmens entscheidet ab sofort der Insolvenzverwalter.
Kika/Leiner-Management in einer Aussendung

Das Insolvenzverfahren im letzten Jahr habe die Marke offenbar nachhaltig beschädigt, erklärte das Unternehmen. Die Signa-Insolvenzen – Kika/Leiner gehörte früher zur Signa-Gruppe von Rene Benko – hätten zudem immer wieder zu Gerüchten und Kundenanfragen geführt, ob Kika/Leiner davon auch betroffen sei. Dies und die allgemeine Kaufzurückhaltung über einen Zeitraum von mittlerweile rund zwei Jahren hätten die Rettung zu einer nicht bewältigbaren Aufgabe gemacht.

„Die Kostensteigerungen in allen Bereichen, wie auch bei den letzten Kollektivvertragsverhandlungen haben die Gestaltungsspielräume des Unternehmens extrem eng gehalten. Die nähere Zukunft des Unternehmens entscheidet ab sofort der Insolvenzverwalter.“

Gewerkschaft an MitarbeiterInnen: Nichts unterschreiben

Die Gewerkschaft GPA riet den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in einer Aussendung am Dienstag, nichts zu unterschreiben oder eigenmächtig zu kündigen, da sie sonst um Ansprüche umfallen könnten. „Im Fall einer Insolvenz übernimmt der Insolvenzentgeltfonds die Auszahlung offener Ansprüche“, so die GPA-Geschäftsführer Michael Pieber. Damit seien Arbeitnehmer davor geschützt, dass ihnen wegen einer Insolvenz Geld entgeht. (mas, TT)

In Etappen in die Zahlungsunfähigkeit

26. Juni 2013: Die südafrikanische Steinhoff-Gruppe erwirbt von der Eigentümerfamilie Koch den heimischen Möbelriesen. Damals ist Kika/Leiner mit rund 7500 Beschäftigten an 73 Standorten und einem Umsatz von 1,2 Mrd. Euro der zweitgrößte Möbelhändler Österreichs nach XXXLutz.

5. Jänner 2018: Der angeschlagene Kika/Leiner-Eigentümer Steinhoff verkauft den Leiner-Flagshipstore auf der Wiener Mariahilfer Straße an den Tiroler Immobilienmilliardär Rene Benko und seine Signa. Der damalige Bundeskanzler Sebastian Kurz und Justizminister Josef Moser sollen in die Rettungsaktion eingebunden gewesen sein, hieß es damals in Medienberichten.

22. Juni 2018: Benko übernimmt Kika/Leiner ganz, es fließen laut Medienberichten zwischen 430 und 490 Mio. Euro.

August/September 2018: Es werden vier Filialen geschlossen, 1100 Mitarbeiter müssen gehen.

13. November 2018: Das Möbelhaus bekommt mit Reinhold Gütebier einen neuen Chef, der vollmundig verkündet: Es wird keinen weiteren Personalabbau geben, in drei Jahren will man in der Gewinnzone sein.

24. Mai 2019: 22 Kika-Einrichtungshäuser in Ungarn, Tschechien, Slowakei und in Rumänien gehen an XXXLutz.

30. Juni 2020: zwei ehemalige Kika/Leiner-Filialen gehen an XXXLutz.

14. Okt. 2021: Das Möbelhaus hat nach Eigenangaben drei Jahre nach der Signa-Übernahme die "schwarze Null" erreicht. Details zu Umsatz und Ergebnisentwicklung nennt Gütebier nicht.

31. Mai 2023: Benko verkauft alle Kika/Leiner-Immobilien laut Medienbericht um "knapp unter 400 Mio. Euro" an die Supernova-Gruppe des deutschen Fachmarkt-Unternehmers Frank Albert. Zu diesem Zeitpunkt hat die Kette etwa 3900 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.

1. Juni 2023: Es wird bekannt, dass Signa neben Kika/Leiner-Immobilien auch das operative Geschäft verkauft. Es geht an ein Managementteam um Hermann Wieser.

12. Juni 2023: Der neue Eigentümer des operativen Geschäfts von Kika/Leiner beantragt ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung. Die unbesicherten Forderungen belaufen sich auf 132 Mio. Euro. Es sollen 23 von 40 Standorten per Ende Juli geschlossen werden und 1900 von 3900 MitarbeiterInnen werden gekündigt. Es gibt große Kritik, dass der Voreigentümer René Benko das Unternehmen vor dem Verkauf heruntergewirtschaftet habe.

9. Oktober 2024: Kika/Leiner, wie das Unternehmen inzwischen heißt, gibt bekannt, dass die Zahl der Mitarbeitenden im Laufe des Jahres von 1900 auf 1400 gesunken ist. Der Umsatz sei im ersten Halbjahr um 13 Prozent gesunken. Aber keine der verbliebenen 17 Filialen solle geschlossen werden. Auch ein Verkauf des Unternehmens sei nicht angedacht. Die Sanierung solle im September 2025 geschafft sein.

12. November 2024: Das Unternehmen gibt die Zahlungsunfähigkeit bekannt.

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