Wirbel in Graz: Sturm stemmt sich noch gegen den drohenden Ilzer-Abgang
Österreichs Fußballmeister Sturm Graz bestätigte Gespräche, kämpft aber mit um Trainer Christian Ilzer - der deutsche Bundesligist Hoffenheim zeigt großes Interesse.
Die anstehenden Black-Week-Preisschlachten erlebt Österreichs Fußball-Doublesieger bereits jetzt - unfreiwillig. In Graz stehen die Zeichen auf Ausverkauf, die TSG Hoffenheim dürfte sich erneut bei Sturm bedienen. TSG-Sportchef Andreas Schicker verhandelt wenige Wochen nach seinem Abgang aus Graz über einen Transfer von Trainer Christian Ilzer. Dem Bundesliga-Leader droht kurzfristig ein Fachkräftemangel, auf den man eigentlich vorbereitet sein wollte.
Sturm bestätigte am Mittwoch laufende "Gespräche zwischen allen Parteien". Stand jetzt wollen die Grazer ihren Erfolgstrainer samt Betreuerstab - allesamt ausgestattet mit einem Vertrag bis Sommer 2026 - in der laufenden Herbstsaison nicht so einfach ziehen lassen. Während Sturm-Präsident Christian Jauk versucht, Überzeugungsarbeit gegenüber dem wechselwilligen Trainer zu leisten, werden medial schon Preisschilder aufgestellt.
Eine Ablösesumme im Bereich jenseits von zwei Millionen Euro würde demnach fällig werden. Schicker selbst ging für etwa eine Million Euro, nachdem er den ÖFB-Teamspieler Alexander Prass mit EM-Schwung für ca. 10 Mio. Euro plus Boni an Hoffenheim verkauft hatte.
Hoffenheim peilt schnelle Lösung an
Die "Turn- und Sportgemeinschaft" (TSG) trennte sich Anfang der Woche in akuter Abstiegsgefahr von Trainer Pellegrino Matarazzo. Eine Variante, Ilzer erst im Winter unter Vertrag zu nehmen, verwarf Schicker laut dem Fachblatt Kicker. "Ich will, dass es so schnell wie möglich geht", erklärte Schicker dort und bestätigte, dass Ilzer zum engsten Kandidatenkreis gehört: "Chris ist weit oben auf unserer Liste."
Der Umworbene gab am Dienstag freimütig zu, dass ihn die Arbeit in Hoffenheim mit seinem Vertrauensmann Schicker reizen würde. "Es gibt keinen richtigen Zeitpunkt (für einen Wechsel), aber der Moment scheint gut", sagte Ilzer der Kleinen Zeitung nach dem Training, das er auch am Mittwoch inmitten von Verhandlungen leitete.
Schicker ging am 9. Oktober nach Hoffenheim, seitdem ist der wichtige Posten des Sport-Geschäftsführers bei Sturm vakant. Die Club-Spitze nahm sich mit der Nachfolgesuche Zeit, doch die Trainerentlassung in Hoffenheim sorgt für Zugzwang. Dennoch heißt es aus dem Vereinsumfeld, ein neuer Sportchef werde nicht vor nächster Woche präsentiert.
Sturm verschob Pressekonferenz
Dass Sturm nach Schicker und dem Technischen Direktor Paul Pajduch nun auch wohl große Teile des Trainerteams an Hoffenheim verlieren könnte, sorgt in Graz für Unmut. "Ich verstehe, dass das emotional verfolgt und kritisch beäugt wird", erklärte Schicker. Eine derartige Vorgehensweise sei in anderen Branchen völlig normal, schränkte er neben wohl wertschätzend gemeinten Worten ein: "Ich trage Sturm immer noch in meinem Herzen."
Eine für Mittwoch anberaumte Pressekonferenz, bei der die Grazer neue wirtschaftliche Erfolgszahlen präsentieren wollten, wurde am Abend zuvor mit Verweis auf die aktuelle Situation abgesagt. Sturm-Präsident Jauk, zuletzt meist im Hintergrund, ist aktuell so gefragt wie lange nicht. Zur Causa Prima wollte sich der CEO der Grawe Bankengruppe auf APA-Anfrage vorerst nicht äußern.
Geht alles den branchenüblichen Gang, könnte Ilzer am 23. November gegen RB Leipzig als Hoffenheim-Trainer debütieren. Bei Sturm könnte dann ein neuer, wohl aus Deutschland stammender Sportdirektor gleich zum Einstand damit beschäftigt sein, den passenden Trainer zu finden. Das Ansinnen, den Verein unabhängig von Einzelpersonen professionell aufzustellen, wurde vom Double-Champion in den vergangenen Monaten oft betont. Die Aussagen werden nun auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft. (TT.com, APA)