Gewesslers (vielleicht) letzte wichtige Mission: „In stürmischen Zeiten muss man den Kurs halten“
Bei der COP29 in Aserbaidschan könnte alles, was nicht ein Rückschritt ist, schon als Erfolg zu werten sein. Österreichs Klimaschutzministerin will sich für Solidarität bei der Finanzierung einsetzen.
Wien, Baku – Die diesjährige Klimakonferenz COP29 in Aserbaidschan hat mit Gesprächen auf der Fachebene bereits begonnen, ab Sonntag wird Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) für die zweite, die High-Level-Woche, anreisen. Sie komme „mit realistischen Erwartungen“ nach Baku, erklärte die Ministerin im Vorfeld gegenüber JournalistInnen. Anders gesagt: „Es wird heuer besonders schwierig, aber in stürmischen Zeiten muss man den Kurs halten. Denn was wäre denn die Alternative? Zu resignieren?“, fragt die scheidende Regierungspolitikerin.
Da ist auf der einen Seite die geopolitische Lage: Der Sieg Donald Trumps bei der US-Präsidentenwahl (er hat bereits eine Wende in der Klimapolitik angekündigt) und das Aus der deutschen Ampel-Regierung machen die Gespräche grundsätzlich komplizierter. Aber auch der heurige Fokus auf die Klimafinanzierung berge viele Fallstricke.
Neuer Finanzrahmen
Zentrale Aufgabe der Delegationen aus fast 200 Ländern ist es, in Aserbaidschan einen neuen finanziellen Rahmen für die Zeit nach 2025 in Hinblick auf die Klimafinanzierung festzulegen. Expertenschätzungen zufolge sind künftig mindestens eine Billion Dollar pro Jahr notwendig, um Länder des Globalen Südens beim Klimaschutz und der Anpassung an die Folgen der Erderwärmung zu unterstützen. Einige Berechnungen kommen sogar auf 2,4 Billionen Dollar – ein Betrag mit zwölf Nullen.
Gewessler betont, dass der Geberkreis verbreitert werden müsse: Von ausschließlich Industriestaaten, die historisch gesehen für einen großen Teil der Emissionen verantwortlich sind, auf entwickelte Schwellenländer wie China oder Indien, aber auch die Golfstaaten. Diese müssen laut aktueller Regelung nämlich keinen Beitrag zur internationalen Klimafinanzierung leisten. Da die öffentlichen Budgets der bisherigen Geberstaaten die nötigen Mittel alleine nicht stemmen können, sei außerdem auch privates Kapital dringend erforderlich.
Rüffel der EU
Für die Grüne Ministerin ist es eine ihrer letzten wichtigen Missionen in Regierungsverantwortung; denn auch wenn es noch einige Zeit dauern wird, stehen die Zeichen für die nächste Legislaturperiode momentan auf Schwarz-Rot-NEOS. „Ich bin stolz, dass Österreich von einem Nachzügler zu einem vorzeigbaren Land bei der Klimafinanzierung geworden ist“, resümiert sie.
Allerdings hat die EU-Kommission Österreich und zwölf weitere Mitgliedstaaten erst am Donnerstag dringend zur Vorlage ihrer endgültigen nationalen Energie- und Klimapläne (NEKP) aufgefordert. Österreich ist ja mit einem weiteren EU-Vertragsverletzungsverfahren konfrontiert. In einer Bewertung des (ohnehin schon spät eingereichten) Entwurfes im Oktober wurden weitere Anstrengungen von Österreich verlangt. Es brauche noch ehrgeizigere Maßnahmen, um die gewünschte Reduktion an Treibhausgas-Emissionen bis 2030 zu erreichen, hieß es darin. Die Kommission wünscht sich auch weitere Erklärungen dazu, wie Österreich seine Energiesicherheit stärken will. Hintergrund der Verspätung Österreichs war damals ein innerkoalitionärer Streit zwischen Gewessler und Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP).