Ex-Kurz-Sprecher will mit neuem Buch Bilder zurechtrücken
Johannes Frischmann hat ein Buch über seine Zeit als Pressesprecher von Sebastian Kurz (ÖVP) vorgelegt. In "Macht und Ohnmacht im Kanzleramt" gibt er auf 336 Seiten persönliche Einblicke in die strapaziöse Arbeit im Machtzentrum Österreichs und versucht dabei sowohl sein eigenes als auch das Bild des ehemaligen ÖVP-Jungstars Kurz geradezurücken. Wenig Positives erzählt er über die politischen Mitbewerber - vor allem der grüne Koalitionspartner bekommt sein Fett weg.
Er sei kein absoluter Kurz-Kenner, schreibt der türkise Loyalist einleitend. Erst als er im Wahlkampf vor der Nationalratswahl 2017 sein Sprecher wird, habe er ihn wirklich kennengelernt. Und zwar als Jungpolitiker mit einem "revolutionären" Plan, der wieder Schwung in die ÖVP gebracht habe. Dass Kurz die Leute verstehe und ein Teamplayer sei, unterstreicht Frischmann mit zahlreichen Anekdoten - so habe sein Chef ihn einmal zugedeckt, als er während der Coronapandemie im Kanzleramt eingeschlafen war.
Sich selbst beschreibt Frischmann als "political animal", er habe "alles dem Dienst des Landes und der ÖVP untergeordnet." Die teilweise bis heute geführten Verfahren gegen ÖVP-Politiker rund um Kurz kommen im Buch hingegen kaum vor. Frischmann erzählt zwar detailliert von seiner Hausdurchsuchung im Oktober 2021, die ihn aufgelöst zurückgelassen hat. Dass er auf Vorwürfe kaum eingehe, sei auch auf Anraten der Anwälte passiert, schreibt er. Schließlich wird auch er selbst immer noch als Beschuldigter in der ÖVP-Korruptionsaffäre geführt. Stimmen würden die Vorwürfe jedenfalls nicht.
Besonders hart geht der Neo-Autor währenddessen mit den Grünen, denen er "Doppelmoral" vorwirft, ins Gericht. In einem der ersten Gespräche zwischen Kurz und Grünen-Parteichef Werner Kogler wäre Letzterer vor allem daran interessiert gewesen, welche Posten seiner Partei in der Regierung zukommen würden. Frischmanns Vorwürfe gegen die Öko-Partei reichen von einem verlangten vegetarischen Buffet bei den Koalitionsverhandlungen, das die Grünen-Verhandler später für Schweinsbraten links liegen gelassen hätten, bis zur Aussage "Ihr seid Mörder", die ein Grüner der ÖVP im Zuge von Gesprächen über das Thema Migration an den Kopf geworfen habe. Ohne gröbere Einbindung anderer habe der grüne Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) etwa den "Oster-Erlass" während der Coronakrise verkündet, und Kogler habe vor Kurz' Rücktritt Druck auf ÖVP-Landeshauptleute ausgeübt, um den Türkisen-Chef loszuwerden.
Wenig besser ist das Bild der SPÖ. In der rot-schwarzen Regierung unter Kanzler Christian Kern (SPÖ) hätte zwischen Volkspartei und Sozialdemokraten nur Stillstand und Verachtung geherrscht. Nach der Nationalratswahl 2017, die die ÖVP gewonnen hat, habe sich Kern um eine Koalition mit der FPÖ bemüht, schreibt Frischmann - entgegen der Vranitzky-Doktrin, die eine solche eigentlich verbietet. Recht positiv hingegen das Bild der FPÖ, mit der die ÖVP nach 2017 regierte. Sie kommt bis auf den Verweis auf diverse "Einzelfälle" als konstruktiver Regierungspartner weg.
Viel Platz widmet Frischmann der Beschreibung seines Jobs im Kanzleramt, der sein damaliges Leben prägt - unter der 70-Stunden-Woche, den vielen Telefonkonferenzen und der ständigen Erreichbarkeit leidet vor allem die Familie. Spannend sind vor allem die Erläuterungen über die Machtposition des Pressesprechers. So habe er bei den türkis-blauen Regierungsverhandlungen auch für den damaligen FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache Presseunterlagen verfasst. Dieser habe dann während einer Pressekonferenz unabsichtlich eine nicht näher beschriebene ÖVP- statt einer FPÖ-Position zu einem Bildungsthema verlesen, die so Eingang in das Koalitionsabkommen gefunden habe. Kurz habe er zuweilen in Pressemitteilungen Zitate in den Mund gelegt und dem Kanzler erst im Nachhinein zur Information vorgelegt.
Eine "Mär" sei im Übrigen die türkise "Message Control", als einer deren Väter Frischmann gilt - es habe sich schlicht um professionelle, untereinander abgestimmte Pressearbeit in einer Regierung gehandelt.
(S E R V I C E - Johannes Frischmann: "Macht und Ohnmacht im Kanzleramt", Seifert Verlag, 336 Seiten, 27 Euro)