Neue Spitze bei deutschen Grünen und große Empörung über FDP-Verhalten
Die Grünen haben am Samstag ihr Führungsduo gewählt. Die FDP hat Medienberichten zufolge den Bruch der Ampel lange vorbereitet.
Berlin, Wiesbaden – Das Zerwürfnis zwischen den einstigen Koalitionspartnern in Deutschland vertieft sich weiter. Führende Politiker von SPD und Grünen reagierten empört auf Berichte, wonach die FDP-Spitze einen Bruch des Regierungsbündnisses bereits seit Ende September in mehreren Strategietreffen vorbereitet haben soll. SPD-Chefin Saskia Esken sagte mit Blick auf den früheren Bundesfinanzminister: „Christian Lindner und seine FDP haben sich mit diesem Schmierentheater auf Kosten des Landes als politische Kraft disqualifiziert.“
Laut Recherchen der Zeit und der Süddeutschen Zeitung soll sich die FDP fundiert auf ein Ende der Ampel-Koalition vorbereitet haben – die Rede ist von einem „Drehbuch für den Regierungssturz“, wie es die Zeit formulierte.
Konzept als Bruchlinie
In mehreren Treffen der engsten Führung seien seit Ende September verschiedene Szenarien durchgespielt worden, wobei die teils kontroversen Beratungen auf ein Szenario zum Ausstieg aus der Koalition hinausgelaufen seien. Dafür sei auch die Idee eines wirtschaftspolitischen Konzepts, das innerhalb der Regierung nicht einigungsfähig ist, entwickelt worden, berichtete die Zeit.
Die FDP erklärte auf Anfrage, man äußere sich nicht zu internen Sitzungen. Seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von November 2023, das den Nachtragshaushalt 2021 gekippt hatte, habe „immer wieder und in verschiedenen Runden eine Bewertung der Regierungsbeteiligung“ stattgefunden. „Selbstverständlich wurden immer wieder Szenarien erwogen und Stimmungsbilder eingeholt“, sagte ein Parteisprecher.
SPD und FDP hatten sich nach dem Aus wechselseitig vorgeworfen, es provoziert zu haben. Lindner sprach von einer „Entlassungsinszenierung“. Scholz sagte nun der Süddeutschen Zeitung, womöglich hätte er die Entscheidung zur Entlassung Lindners auch früher treffen müssen.
SPD-Generalsekretär Matthias Miersch warf dem ehemaligen Koalitionspartner mit Blick auf die Berichte „politischen Betrug“ vor und forderte eine Entschuldigung.
FDP-Chef Christian Lindner erklärte am Samstag: „Es ist Wahlkampf.“ Selbstverständlich hätte die FDP ohne Wirtschaftswende die Koalition verlassen müssen. Deshalb habe er Scholz ja auch einen gemeinsamen, geordneten Weg zu Neuwahlen vorgeschlagen.
Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge äußerte sich wenig überrascht: „So hat die FDP in den letzten drei Jahren gearbeitet – unehrlich und unzuverlässig“, sagte sie RTL/ntv. „Die FDP ist nicht regierungsfähig, sie ist nicht in der Lage, konkrete Zusagen einzuhalten.“
Neues grünes Personal
Rechtzeitig zum beginnenden Wahlkampf stellen die deutschen Grünen auf ihrem Bundesparteitag im hessischen Wiesbaden die personellen Weichen. Nach dem Rückzug der Vorsitzenden Ricarda Lang und Omid Nouripour nach den desaströsen Wahlergebnissen in den ostdeutschen Bundesländern im Herbst wurden am Samstag ein neuer Bundesvorstand und ein neues Spitzenduo bestimmt.
Die Delegierten wählten am Samstag die Bundestagsabgeordneten Franziska Brantner mit 78,15 Prozent der Stimmen und Felix Banaszak mit 92,88 Prozent zu Co-Vorsitzenden. Die 45-jährige Brantner zählt zum Realo-Flügel und ist eine enge Vertraute von Wirtschaftsminister Robert Habeck. Banaszak ist 35 Jahre alt, kommt aus Duisburg und wird zum linken Flügel der Partei gezählt. Ihre Hauptaufgabe wird es sein, die Grünen bis zur Bundestagswahl in 99 Tagen aus dem Umfragetief zu holen. Derzeit liegt die Ökopartei in Umfragen bei 11 bis 12 Prozent. (dpa, TT)