Lange Haftstrafen für 45 Demokratieaktivisten in Hongkong
Ein Gericht in Hongkong hat 45 Demokratie-Aktivisten zu Haftstrafen bis zu zehn Jahren verurteilt. Das verkündeten die Richter in der chinesischen Sonderverwaltungsregion. Der Prozess gegen die Gruppe der "Hongkong 47" war der bisher größte wegen angeblicher Verstöße gegen das umstrittene Sicherheitsgesetz. Die Gruppe von Oppositionellen wurde bereits vor mehr als drei Jahren angeklagt. Die Verhandlung dauerte von Februar 2023 bis Dezember desselben Jahres.
Zu den 47 zählen frühere Parlamentarier, Wissenschafter und Aktivisten. Unter ihnen sind der ehemalige Studentenführer Joshua Wong, der vier Jahre und acht Monate erhielt, und Juradozent Benny Tai, den das Gericht zu zehn Jahren Gefängnis verurteilte. Wong und 30 weitere Angeklagte hatten sich bereits zu Beginn schuldig bekannt. Von den übrigen 16 Angeklagten befanden die Richter Ende Mai dieses Jahres 14 für schuldig, 2 wurden freigesprochen.
Den "Hongkong 47" wurde vorgeworfen, vor der - später wegen der Corona-Pandemie abgesagten - Wahl für den Legislativrat, Hongkongs Parlament, im Jahr 2020 illegale Vorwahlen organisiert zu haben. Damit hätten sich die Angeklagten der Staatsgefährdung schuldig gemacht und gegen das Sicherheitsgesetz verstoßen.
Der Fall hatte für großes Aufsehen gesorgt und wurde international teils scharf kritisiert. Die Urteile zeigten, wie schnell die bürgerlichen Freiheiten und Unabhängigkeit der Justiz in Hongkong seit dem nationalen Sicherheitsgesetz der chinesischen Zentralregierung abgestürzt seien, teilte die Menschenrechtsorganisation Human Right Watch mit. Taiwan kritisierte Peking dafür, ungerechte Prozesse zu nutzen, um politische Teilhabe und Redefreiheit von Hongkongs demokratischen Personen zu unterdrücken, wie es aus dem Präsidentenbüro in Taipeh hieß.
Das UNO-Menschenrechtsbüro in Genf kritisierte die Verurteilungen. "Wir sind zutiefst besorgt über die Sicherheitsgesetze und die weitreichende Kriminalisierung von Handlungen, die durch die Menschenrechte auf freie Meinungsäußerung, friedliche Versammlung und Vereinigungsfreiheit geschützt sind", sagte ein Sprecher in Genf.
Ähnlich äußerte sich Großbritanniens Regierung. Chinas Einführung des Sicherheitsgesetzes in Hongkong habe die Rechte und Freiheiten der Menschen ausgehöhlt, hieß es aus London. Das Vereinigte Königreich werde sich immer für die Menschen in Hongkong einsetzen. Die ehemalige britische Kronkolonie steht seit der Rückgabe an China 1997 als Sonderverwaltungsregion unter chinesischer Souveränität.
Eine Anklage wegen Verschwörung zum Umsturz der staatlichen Ordnung hätte im schlimmsten Fall zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe führen können. Chinas Außenamt stellte sich erneut hinter die Entscheidung der Hongkonger Richter. Peking unterstütze die rechtskonforme Bestrafung von Taten, welche die nationale Sicherheit gefährdeten, sagte Sprecher Lin Jian in Peking. Die Zentralregierung lehne es außerdem ab, dass westliche Staaten Justizfälle nutzen, um sich in Chinas inneren Angelegenheiten einzumischen.
Am Tag der Urteilsverkündung reihten sich laut Medienberichten einige Hundert Menschen vor dem Gericht ein, darunter auch Diplomaten aus der EU und anderen Ländern. Die Polizei riegelte das Gebiet um das Gebäude im Stadtteil Kowloon weiträumig ab.