Milliarden-Grand-Prix in Las Vegas: Die Stadt der Sünde träumt von der Pole-Position
Las Vegas will zu einem der profitabelsten Formel-1-Grands-Prix aufsteigen. Dafür fehlt aber noch eines: die europäische Akzeptanz.
Las Vegas – Bei den US-Amerikanern muss man nicht lange nachfragen: „Zuerst die Show, dann die Action.“ So lautet das Motto bei ihren Traditionssportarten Football (NFL), Eishockey (NHL), Baseball (MLB) und Basketball (NBA). Und das funktioniert. Hierzulande tut man sich mit diesem Ansatz allerdings schwer(er). In Europa gehört die Vorfahrt dem Sport, danach kommt das Rundherum. Branchenprimus Max Verstappen („Las Vegas? 99 % Show, 1 % Sport“) bestätigte das mit seinen Aussagen – gegen den Trend wird aber auch „Super Max“ nicht viel tun können.
Die Formel-1-Mehrheitsbesitzer von Liberty Media, die zugleich als Veranstalter in Las Vegas in Erscheinung treten, haben eine klare Vision: Man will den Wüsten-Auftritt zum profitabelsten Rennen des Jahres machen. Ein zweites Monaco, bei dem ein Hauch von „Super Bowl“ (Football-Endspiel) verbreitet wird. Mit einem Starauflauf aus der Musikbranche und Hollywood. Und Zuschauern aus der „Reich und Schön“-Kategorie, die an dem Wochenende vor allem eines tun: ihr Geld ausgeben.
Das hat im Vorjahr gut funktioniert. Die Zahlen von Liberty sprechen eine deutliche Sprache: Die Zuschauer gaben dreimal so viel aus wie bei einem gewöhnlichen Las-Vegas-Trip. Auch der Staat durfte sich über rekordverdächtige 77 Millionen an Steuergeldern freuen. Dafür hat man auch ordentlich investiert: Rund eine halbe Milliarde Dollar, damit die 20 Boliden drei Tage lang im Kreis durch die Stadt fahren können. Das Event generierte insgesamt 1,5 Milliarden.
Mit der Kanaldeckel-Farce und der Sammelklage der Fans begann das Abenteuer 2023 allerdings mit einem Motorschaden. Das soll heuer verhindert werden. Dass Verstappen ausgerechnet dort am Wochenende die vierte WM-Krone gewinnen könnte, passt perfekt zur „Storyline“ der US-Amerikaner. Wenn da nicht die große Abneigung des Niederländers gegenüber dem Spektakel wäre.
Ob es dem Niederländer aber gefällt oder nicht – Las Vegas repräsentiert die neue Formel 1. Und auch hierzulande wird man sich damit arrangieren müssen. Nur Tradition geht ebenso wenig wie nur Moderne. Die Mischung macht es am Ende aus. Auch Aushängeschild Verstappen sollte die „Keine Lust“-Anwandlungen endlich ablegen und nicht permanent alles schlechtreden.
Die Formel 1 ist und bleibt ein europäisches PS-Produkt, keine Frage. Aber ein Hauch von „USA“ schadet dem einst sehr verstaubten Milliarden-Produkt sicher nicht. Nichts deutet darauf hin, dass Liberty Media aus der Königsklasse mittelfristig die „Muppet Show“ machen will.
Hamilton dominierte Trainings in Las Vegas
Formel-1-Rekordweltmeister Lewis Hamilton hat in den ersten beiden Trainingseinheiten zum Großen Preis von Las Vegas die Bestzeit aufgestellt. In der zweiten Session am Donnerstagabend (Ortszeit) war der Mercedes-Pilot im US-Bundesstaat Nevada allerdings nur elf Tausendstelsekunden schneller als McLaren-Pilot Lando Norris. Dritter wurde George Russell im zweiten Mercedes, der Brite hatte in der ersten Einheit auf dem staubigen Stadtkurs den zweiten Platz belegt.
Mercedes-Boss Toto Wolff ordnete die guten Resultate nüchtern ein. "Wir haben schon ein paar Mal gute Freitage gehabt, wo nicht viel Grip war und das Auto herumgerutscht ist. Deswegen ist es schwierig einzuschätzen. Lobe den Tag nicht vor dem Abend. Wenn morgen mehr Grip einsetzt, ist unser Auto sicher wieder schwieriger zu fahren als die anderen", sagte der Wiener, der aufgrund der frühen Übertragungszeit in der Heimat im ORF-Interview auch scherzte: "Ist das live? Da schaut ja keiner zu in der Früh."
Verstappen noch mit Aufholbedarf
WM-Leader Max Verstappen beendete das zweite Training auf dem 17. Platz mit einem Rückstand von zwei Sekunden, der Red-Bull-Pilot fuhr allerdings keine schnelle Runde mit dem weichsten Reifensatz. Im ersten Training hatte Verstappen den fünften Rang belegt. "Es fühlt sich an, als würden wir auf Eis fahren", sagte der Titelverteidiger. "Uns ist einfach die Zeit ausgegangen. Es ist noch viel Arbeit, wenn wir da vorne mitfahren wollen", analysierte Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko. Das zweite Training musste wegen eines Defekts von Williams-Fahrer Alexander Albon zudem kurz unterbrochen werden.