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EU-Parlamentspräsidentin will Taurus-Waffenhilfe für Kiew

Metsola fordert mehr Unterstützung für die Ukraine
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Angesichts der verstärkten Angriffe Russlands befürwortet EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola die rasche Lieferung von deutschen Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine. Auf die Frage, ob die EU-Staaten - wie die USA - den Einsatz weitreichender Raketen auch gegen Ziele in Russland erlauben sollten und Deutschland auch das Waffensystem Taurus liefern müsste, antwortete Metsola den Zeitungen der Funke Mediengruppe: "Ja, das ist auch die Position des EU-Parlaments."

Es gebe "breite Unterstützung für diese Forderung. Wir werden sehen, ob es nach der Bundestagswahl zu einer entsprechenden Kursänderung kommt", meinte Metsola. Vielleicht könnte es eine solche Kursänderung auch vorher schon geben, denn "es gibt ja auch in der Berliner Koalition unterschiedliche Positionen zur Taurus-Lieferung". Der deutsche Kanzler Olaf Scholz (SPD) lehnt eine Taurus-Lieferung seit langem ab. Er fürchtet, dass Deutschland dadurch direkt in den Krieg zwischen Russland und der Ukraine hineingezogen werden könnte. FDP und Grüne plädieren hingegen für die Lieferung des Waffensystems an die Ukraine.

Die Diskussion war in den vergangenen Tagen neu entbrannt, nachdem US-Präsident Joe Biden eine Erlaubnis für den Einsatz amerikanischer ATACMS-Raketen mit einer Reichweite von bis zu 300 Kilometern gegeben hatte. Die Taurus haben mit 500 Kilometern eine noch größere Reichweite.

Metsola verwies darauf, dass die ukrainischen Verteidiger unter Zeitdruck stünden. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj habe zu Recht betont, dass die Ukraine nicht ewig auf schlagkräftige Waffenhilfe warten könne, nur weil immer gerade Wahlen in einem westlichen Land bevorstünden - während in der Ukraine jeden Tag Menschen im Krieg sterben. Es sei alarmierend, dass Russland den Krieg jetzt eskaliere und seine Raketenangriffe mit ohnehin schon vielen zivilen Opfern noch verschärfe, sagte die Politikerin der christdemokratischen EVP-Fraktion.

Russland hatte die Ukraine in Dnipro am Donnerstag mit einer neuen ballistischen Mittelstreckenrakete beschossen. Der Start der Rakete diente offenkundig auch als Signal der Abschreckung an den Westen.

Dazu meldete sich Karin Kneissl, von Ende 2017 bis Mitte 2019 Außenministerin für die FPÖ in der türkis-blauen Koalition unter Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), zu Wort. Die mit dem Online-Kanal Telegram verbundene, italienischsprachige Webseite fattieavvenimenti.it zitierte die heute in Russland lebende Ex-Politikerin mit den Worten: "Im russischen Arsenal steckt mehr, als viele glauben." Russland habe einen "kombinierten Angriff gegen Ziele in der Ukraine mit einer neuen Mittelstrecken-Hyperschallrakete" durchgeführt. Damit habe Russland auf "mehrere jüngste Provokationen der NATO" reagiert.

Weder die USA noch andere Länder der Welt verfügten "derzeit über Luftverteidigungssysteme, die in der Lage sind, Russlands neue Hyperschallraketen abzufangen", sagte demnach Kneissl, die während ihrer Amtszeit als Außenministerin auf ihrer Hochzeit 2018 in der Steiermark mit Kreml-Machthaber Wladimir Putin getanzt und einen Knicks vor dem Präsidenten gemacht hatte und dafür international Kritik auf sich zog.

Dem deutschen Verteidigungsminister Boris Pistorius zufolge steht Europa vor einer lang anhaltenden Bedrohung. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine sei "längst kein regionaler Krieg mehr", sagte der SPD-Politiker am Samstag bei einer Veranstaltung in Arnsberg in Nordrhein-Westfalen. Der russische Präsident Wladimir Putin "hat längst vollständig auf Kriegswirtschaft umgestellt". Russland produziere in drei Monaten so viele Waffen und Munition wie die gesamte Europäische Union in einem Jahr.

In einer Rede Ende Oktober habe Putin von einem "ernsthaften, unversöhnlichen Kampf um eine neue Weltordnung" gesprochen, er sehe sich bereits als Sieger im Krieg gegen die Ukraine, schilderte Pistorius. Zugleich sei hybride Kriegsführung mit Desinformation und Fake News voll im Gange. "Unsere Sicherheit ist ein fragiles Gut." Deutschland müsse mehr Tempo machen und mehr investieren für seine "Kriegstüchtigkeit", mahnte der Verteidigungsminister.

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