Steiermark schreitet zur Wahlurne: FPÖ laut Umfragen voran, ÖVP-Absturz erwartet
941.509 Steirerinnen und Steirer können heute ihre Stimme abgeben. Ein deutlicher Absturz der ÖVP wird erwartet, die FPÖ könnte auf Platz 1 kommen.
Graz – In der Steiermark wird am Sonntag ein neuer Landtag gewählt. Seit 6.30 haben die ersten Wahllokale geöffnet. 941.509 Steirerinnen und Steirer können ihre Stimme abgeben. Neun Parteien stehen am Stimmzettel, sechs davon landesweit. Wahlschluss ist um 16.00 Uhr, kurz danach dürfte eine erste Hochrechnung vorliegen. Bisher haben immer ÖVP oder SPÖ in der Grünen Mark den Landeshauptmann gestellt. Diesmal hat laut Umfragen die FPÖ besten Chancen auf Platz eins.
Da in Graz erst um 16.00 Uhr die letzten Wahllokale schließen und die Stimmen dann alle ausgezählt werden müssen, dürfte das vorläufige Endergebnis wohl erst gegen 21 Uhr vorliegen, hieß es seitens der Wahlbehörde.
📽️ Video | Steiermark-Wahl: Spannendes Rennen erwartet
FPÖ in Umfragen teils deutlich über 30 Prozent
In den jüngsten Umfragen und auch beim Landes-Ergebnis der Nationalratswahl Ende September lag die FPÖ in der Steiermark klar auf Platz 1. In den (wenigen) Erhebungen kamen die Blauen auf teils deutlich über 30 Prozent, der Vorsprung vor der ÖVP betrug bis zu sechs Prozentpunkte. Die Volkspartei dagegen muss sich wohl auf herbe Verluste einstellen und könnte den Landeshauptmannsessel wie schon 2005 unter Waltraud Klasnic ein weiteres Mal verlieren.
Die SPÖ zeigte in den Umfragen weniger Bewegung als ÖVP und FPÖ, lag aber meist hinter ÖVP und FPÖ auf Platz drei, zuletzt recht deutlich. Der rote Spitzenkandidat Anton Lang hofft dennoch auf einen Dreikampf und will Erster werden, ebenso wie ÖVP-Chef Christopher Drexler und FPÖ-Mann Mario Kunasek. Die Grünen müssen sich laut den Umfragen nach ihrem Rekord-Ergebnis 2019 auf deutliche Verluste einstellen und matchen sich wohl mit NEOS und KPÖ um den vierten Platz. Die kleineren Landtagsparteien haben aber alle drei sehr gute Chancen in der Landstube zu bleiben.
Deutlicher Sieg der ÖVP bei Wahl 2019
Bei der Landtagswahl 2019 erreichte die ÖVP – damals noch unter Hermann Schützenhöfer – einen fulminanten Wahlsieg mit 36,05 Prozent. Diesen ersten Platz will Nachfolger Drexler verteidigen. Die zuvor stärkste Landtagspartei SPÖ fiel 2019 um 6,27 Prozentpunkte auf 23,02 Prozent, was den damaligen Spitzenkandidaten Michael Schickhofer zum Rücktritt veranlasst hatte. Ihm folgte Anton Lang, der sich nun wie Drexler zum ersten Mal als Spitzenkandidat der Wahl stellt.
Spitzenkandidaten gaben Stimmen ab
Am Sonntagvormittag haben die steirischen Spitzenkandidatinnen und -kandidaten haben mehrheitlich bereits gewählt. Landeshauptmann Christopher Drexler (ÖVP) zeigte sich am Weg zur Wahlurne in seiner Wahlheimat Passail zuversichtlich und gut gelaunt. Sein Herausforderer Mario Kunasek, dessen FPÖ in Umfragen vor der Landtagswahl zuletzt führte, sprach nach der Stimmabgabe in Graz-St. Peter vom „spannendsten Tag in meinem politischen Leben“.
Drexler gab in Begleitung seiner Ehefrau Iris die Stimme für die Landtagswahl ab, nachdem er zuvor in der Kirche war und sich einen Kaffee im Gasthaus gegönnt hatte. Der Tag habe wie jeder Tag mit einem guten Frühstück begonnen, „weil sonst bin ich grantig und das will ich gerade heute nicht sein“, so der ÖVP-Spitzenkandidat. Er gehe „mit viel Zuversicht ins Wahllokal, denn ich glaube ich habe in den letzten zweieinhalb Jahren als Landeshauptmann und im Wahlkampf alles gegeben. Jetzt hoffe ich, dass möglichst viele Steirerinnen und Steirer uns das Vertrauen schenken und die Stimme geben.“ Da es eine Art „Zeugnistag“ sei man auch entsprechend ein wenig aufgeregt.
Kunasek erwartet knappes Rennen
Der freiheitliche Spitzenkandidat Mario Kunasek zeigte sich bei der Stimmabgabe in einer Volksschule in seinem Wohnbezirk St. Peter in Graz vorsichtig zuversichtlich: „Es ist ein offenes Rennen, es kann auch knapp werden, weil Umfragen sind Umfragen, Stimmungen sind Stimmungen und noch keine Stimmen“, meinte er. Er hoffe auf ein gutes Ergebnis, die Chancen seien durchaus groß diesmal für die FPÖ, aber man werde am Ende des Tages sehen, wer die Nase vorn hat.
Im Falle eines Wahlsiegs werde er die zweitplatzierte Partei zu Gesprächen einladen, einen Fahrplan festlegen und Dienstag oder Mittwoch mit den Verhandlungen beginnen. Dass die FPÖ wie auf Bundesebene trotz eines möglichen Wahlsiegs nicht zum Zug käme sei „auch möglich demokratiepolitisch, aber ich gehe davon aus: die Steiermark ist anders“, so Kunasek.
Grüne Kandidatin wählte als Erste
Als erste hatte am Sonntag in der Früh bereits die Grüne Spitzenkandidatin Sandra Krautwaschl ihre Stimme abgegeben. Krautwaschl wählte kurz nach 9.00 Uhr nach einer frostigen Nacht aber bei sonnigem Wetter in der Volksschule Eisbach-Rein im Bezirk Graz-Umgebung. Sie hoffe, „dass die Steiermark das Grüne Herz Österreichs“ bleibt, wie sie nach der Stimmabgabe gegenüber der APA sagte. „Wir haben in der Steiermark mit großer Leidenschaft für den Erhalt unserer Lebensgrundlagen gekämpft. Die Grünen wird es in der Steiermark jedenfalls dringend brauchen. Nun hoffen wir, dass heute nicht nur die Duelle zählen, sondern die ehrliche Lösung“, so Krautwaschl nach der Abgabe des Stimmzettels. Zur Stimmabgabe kam sie ohne Begleitung - ihr Mann saß bereits als Wahlbeisitzer im Wahllokal.
SPÖ-Spitzenmann Lang gab „Stimme für richtige Partei“ ab
Zu Mittag war SPÖ-Spitzenkandidat Anton Lang zur Wahlurne geschritten und hat seine Stimme in einer Tageswerkstätte in seiner Heimatgemeinde Leoben-Hinterberg abgegeben – „für die richtige Partei“, sagte der optimistisch gestimmte Landeshauptmannstellvertreter, der in Begleitung seiner Lebensgefährtin Lydia erschienen war.
Er habe heute schon eine Laufrunde absolviert, sagte Lang gegenüber der APA. Der leger gekleidete rote Spitzenmann räumte ein, dass die Ergebnisse in den klassischen roten Industriegebieten der Obersteiermark wie Leoben bei der Nationalratswahl nicht so gut gewesen wären. „Aber das ist eine steirische Wahl mit steirischen Themen und steirischen Spitzenkandidaten“, so der Finanz- und Verkehrslandesrat. Nun gehe er noch zum Mittagessen, am Nachmittag in die Grazer Burg und dann ins Medienzentrum in der Aula der Alten Universität gleich neben der Burg.
Lang tritt zum ersten Mal als Spitzenkandidat für die steirischen Sozialdemokraten an. Zu möglichen Koalitionen wollte Lang nicht Stellung nehmen: „Das werden die Gespräche in den nächsten Tagen und Wochen ergeben. Er hoffe jedenfalls auf eine höhere Wahlbeteiligung als bei der letzten Landtagswahl 2019, die damals 63,46 Prozent betragen hatte. Die steirische SPÖ muss nach den wenigen vorliegenden Umfragen, so könnte die Sozialdemokratie am Sonntag nur knapp über ihrem Negativ-Rekord von 2019 zu liegen kommen.
NEOS-Spitzenkandidat wählten mit Wahlkarte
KPÖ-Spitzenkandidatin und Landtagsabgeordnete Claudia Klimt-Weithaler gab ihre Stimme unweit der Merkur-Arena in der Dr.-Karl-Renner-Hauptschule im Bezirk Graz-Liebenau ab. Sie erschien in Begleitung ihrer beiden Töchter und Hund Frida, benannt nach Frida Kahlo. Nervosität verspüre sie keine, sagte sie nach der Stimmabgabe zu Journalisten. Vermutlich werde diese sich am Abend aber noch einstellen. Sie wünsche sich, dass ihre Partei „gestärkt aus der Wahl hervorgehen werde“. Dann sei für die KPÖ möglich, noch viel mehr zu erreichen als bisher. Sie könne sich vorstellen, dass die KPÖ auch im ländlichen Raum zulege.
Bereits vergangene Woche hatte NEOS-Spitzenkandidat Niko Swatek seine Stimme mit einer Wahlkarte abgegeben - übrigens als einziger der im Landtag vertretenen Parteien. (TT.com, APA)
Kommentar
Steiermark, der Swing State
FPÖ im Umfragehoch