Kunasek hat Sieg „in dieser Höhe nicht erwartet“, Drexler sieht sich als Bauernopfer
FPÖ-Landesgeschäftsführer Hermann: "Hand ist ausgestreckt". Ein ohrenbetäubendes "Jaa" ertönte im FPÖ-Haus nach der ersten Hochrechnung. Landeshauptmann Drexler (ÖVP) sieht die Verantwortung bei der Bundespolitik.
Graz – Der Spitzenkandidat der steirischen FPÖ, Mario Kunasek, hat sich nach dem Bekanntwerden der ersten Hochrechnungen über die Höhe des zu erwartenden Wahlergebnisses überrascht gezeigt. "In dieser Höhe habe ich das nicht erwartet", sagte Kunasek am Sonntag vor Journalisten im Pressezentrum der Landtagswahlen. Auf die Frage einer Journalistin, ob er der nächste Landeshauptmann der Steiermark werde, sagte Kunasek, das würden die kommenden Tage zeigen.
"Es handelt sich um einen geschichtsträchtigen Erfolg der steirischen FPÖ, der auf den richtigen Kurs der letzten Jahre zurückzuführen ist", meinte Kunasek außerdem in einer Aussendung. "Wir haben mit den Themen Gesundheit, Migration, Verkehr und Wirtschaft auf die richtigen Inhalte gesetzt und die passenden Lösungsvorschläge auf den Tisch gelegt." Man nehme das Ergebnis "mit demütiger Verantwortung an", versicherte Kunasek. "Wir werden nach Abhaltung der Parteigremien gemäß Landesverfassung Gespräche mit allen anderen im Landtag vertretenen Parteien führen", kündigte der FPÖ-Spitzenkandidat an. Die FPÖ macht diesmal ausnahmsweise keinen "blauen Montag", sondern kommt Montagmittag zu Gremiensitzungen zusammen.
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Bester Stimmung war jedenfalls auch Landesgeschäftsführer Stefan Hermann: "Das ist ein historisches Ergebnis, aber unsere Hand ist ausgestreckt. Man wird sehen, wie es Christopher Drexler und Anton Lang mit dem Miteinander halten werden", sagte der Wahlkampfleiter der steirischen Freiheitlichen in der FPÖ-Parteizentrale im blauen Alexander-Götz-Haus in Graz. Dort wurden Tafeln mit "Danke, Mario" bereit gehalten, als die erste Hochrechnung die FPÖ mit 35,4 Prozent vorne sah, brach ein ohrenbetäubendes "Jaaa" über den Raum herein.
Drexler sieht sich als Bauernopfer
Der steirische Landeshauptmann Christopher Drexler (ÖVP) hat der Bundespolitik und konkret der Entscheidung von Bundespräsident Alexander Van der Bellen, FPÖ-Chef Herbert Kickl nach der Nationalratswahl nicht den Regierungsbildungsauftrag zu geben, die Verantwortung für seine Wahlniederlage gegeben. "Ich komme mir ein bisschen wie das Bauernopfer der Republik vor", sagte Drexler am Sonntagabend in der steirischen ÖVP-Zentrale.
"Die Bundespolitik hat diese Wahl dominiert", so der ÖVP-Spitzenkandidat in seiner erste Reaktion. "Insofern ein großes Danke nach Wien", meinte Drexler ironisch. Die Stimmungslage außerhalb des ersten Gemeindebezirks in Wien sei offensichtlich anders als sie dort wahrgenommen werde, ätzte er in Richtung Hofburg. Dass das umstrittene Projekt des Leitspitals Liezen für die Wahlniederlage verantwortlich sein soll, ist für Drexler "nicht schlüssig".
Der Landeshauptmann sprach von einer "schmerzlichen Niederlage". Er habe "alles gegeben", genauso wie seine Familie und sein gesamtes Team, sagte er. Gegenüber dem ORF kündigte Drexler an, dass er am Montag in den Parteigremien die Vertrauensfrage stellen werde, er sei aber hoch motiviert, die Gespräche zur Regierungsbildung zu führen.
Enttäuschung bei SPÖ
Für große Enttäuschung sorgte die steirische Landtagswahl bei der SPÖ. "Es ist natürlich nicht das Ergebnis, das wir uns erhofft haben", so Landesgeschäftsführer Florian Seifter im Gösser Bräu, wo die SPÖ die Hochrechnungen verfolgte. Spitzenkandidat Anton Lang sagte in der Aula der Alten Uni, das Ergebnis sei "sehr, sehr schmerzhaft". Natürlich gab es Bundeseinflüsse, aber "es war eine steirische Wahl mit mir als Spitzenkandidat und das ist auch meine Verantwortung".
Lang war sichtlich bewegt, als er vor diversen Medien die Zahlen der Landtagswahl zu kommentieren hatte. Es sei eine Landeswahl mit steirischen Themen und Spitzenkandidaten gewesen, und da seien auch die Ursachen für das Ergebnis zu sehen. Man müsse eingestehen, die FPÖ habe ein sehr gutes Ergebnis hingelegt, "wir leider nicht", bedauerte Lang vor allem die schlechten Ergebnisse in den bisherigen roten Hochburgen in der Obersteiermark.
"Die Verantwortung schiebe ich nicht weg, ich war schließlich der Spitzenkandidat", sagte Lang zu den rund 21,6 Prozent der ersten Hochrechnung. Die SPÖ hatte ihr historisch schlechtestes Ergebnis von der letzten Wahl 2019 noch einmal um 1,4 Prozentpunkte unterboten. Jedenfalls tage morgen, Montag, der Landesparteivorstand, da werde man sehen, wie es weitergehe. Man werde sich die Ergebnisse genau ansehen müssen. Der Wähler habe entschieden, dass die FPÖ als stärkste Partei die Gespräche zu führen habe (laut Landesverfassung, Anm.), und man werde der Einladung Folge leisten. Auf Koalitionsspekulationen wollte Lang sich nicht einlassen.
Krautwaschl: „Absurde Stimmungsmache“
Die Spitzenkandidatin der steirischen Grünen, Sandra Krautwaschl, hat die mediale Zuspitzung auf das Rennen um Platz eins und "teils absurde Stimmungsmache gegen Klima- und Naturschutz" dafür verantwortlich gemacht, dass es den Grünen "auch in der Steiermark nicht gelungen" sei, mehr Menschen zu überzeugen. Im Grazer "Lendhafen", wo die Grünen die ersten Hochrechnungen verfolgten, herrschte Bestürzung über das Ergebnis.
"Die Prognosen haben leider recht behalten und das Ergebnis schmerzt, da gibt es nicht schönzureden", sagte Krautwaschl im Pressezentrum der Landtagswahlen in der Aula der Alten Universität in Graz, während sich das für ihre Partei niederschmetternde Ergebnis der Landtagswahlen in der Steiermark verfestigte. Die Bekanntgabe des Ergebnisses für die FPÖ wurde von den Anwesenden mit Bestürzung registriert. "Das Ergebnis tut einfach nur weh", sagte der Landesgeschäftsführer der steirischen Grünen, Timon Scheuer, in einer ersten Reaktion.
KPÖ "enttäuscht"
Die KPÖ erreichte laut Hochrechnung 4,4 Prozent, ein Minus von 1,6 Prozentpunkten. Spitzenkandidatin Claudia Klimt-Weithaler zeigte sich "enttäuscht, wir haben uns mehr erwartet". Sie will in jedem Fall weiterarbeiten. "Die blaue Welle hat ganz Österreich überrollt", suchte Klimt-Weithaler die Gründe für die Stimmeneinbußen.
Abwartend, aber positiv gestimmt zeigte sich NEOS-Spitzenkandidat Niko Swatek, dürften die Pinken doch ihr Ergebnis von 2019 verbessern und im Landtag bleiben. "Wir sind am Weg zum besten Ergebnis in der Steiermark jemals, wenn der Trend hält." Man bleibe "jedenfalls die treibende Kraft in der Steiermark".
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