Erstmals seit 2016

Nach russischen Luftangriffen auf Aleppo: Jihadisten kontrollieren Großteile der Stadt

Zuletzt 2016 wurde Aleppo Opfer eines russischen Luftangriffs.
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Erstmals seit 2016 kam es zu einem russischen Luftangriff auf Aleppo. Der größte Teil der Stadt wird von den Jihadisten, einem syrischen Ableger des Terrornetzwerkes Al-Kaida kontrolliert. Seit Mittwoch starben bei den Kämpfen mehr als 310 Menschen.

Damaskus - Die Jihadistengruppe Hayat Tahrir al-Sham (HTS) und mit ihr verbündete Gruppierungen haben den Großteil von Syriens zweitgrößter Stadt Aleppo unter ihre Kontrolle gebracht. Die Jihadisten kontrollierten "den größten Teil der Stadt sowie Regierungszentren und Gefängnisse", erklärte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte (OSDH) am Freitag. Zudem sei Aleppo in der Nacht auf Samstag erstmals seit 2016 von russischen Luftangriffen getroffen worden.

Die syrische Armee bestätigte die Präsenz der Kämpfer in der Stadt. Der OSDH zufolge starben bei den Kämpfen seit Mittwoch mehr als 310 Menschen.

Erstmals seit 2016 russische Luftangriffe

Russische Kampfflugzeuge hätten "erstmals seit 2016 Angriffe auf Teile der Stadt Aleppo" geflogen, erklärte die Beobachtungsstelle. Russland ist ein Verbündeter der syrischen Regierung unter Präsident Bashar al-Assad. Die russische Armee teilte nach Angaben russischer Medien mit, dass sie zur Unterstützung der Regierung in Damaskus "extremistische" Gruppen in Syrien bombardiert habe.

Die Angriffe erfolgten, nachdem der Flughafen von Aleppo geschlossen und alle Flüge gestrichen worden waren. Nach Angaben der OSDH übernahmen mittlerweile kurdische Milizen den Flughafen. Demnach rückten kurdische Kämpfer nach Abzug regierungstreuer Truppen in mehrere Dörfer und Vororte im Norden und Osten der Stadt ein und besetzten den Flughafen. Zehntausende Menschen seien infolge der Entwicklungen auf der Flucht, hieß es in der Mitteilung. Die kurdischen Milizen gehören nicht zur HTS, scheinen nun aber teilweise das durch den Rückzug regimetreuer Truppen entstehende Machtvakuum auszufüllen.

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Syrische Armee bestätigt regierungsfeindliche Kämpfer in Aleppo

Die syrische Armee bestätigte am Samstag die Präsenz von regierungsfeindlichen Kämpfern in "großen Teilen" Aleppos und meldete "Dutzende" Tote sowie zahlreiche Verletzte in ihren eigenen Reihen. "Bewaffnete terroristische Organisationen" hätten "einen breit angelegten Angriff" an den Fronten in Aleppo und Idlib gestartet. Es gebe heftige Kämpfe "in einem Streifen von mehr als 100 Kilometern".

Ein Journalist der Nachrichtenagentur AFP sah am Freitagabend Kämpfer in Aleppo feiern und applaudieren. Ein anderer beobachtete die Ankunft der Islamisten an der historischen Zitadelle von Aleppo. Laut OSDH gab es seit Mittwoch 311 Tote, darunter 183 Kämpfer des HTS und seiner Verbündeten, 100 Mitglieder der syrischen Regierungstruppen sowie 28 Zivilisten.

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Heftigste Kämpfe seit 2020

Der syrische Ableger des Terrornetzwerkes Al-Kaida HTS und dessen Verbündete hatten am Mittwoch eine überraschende Großoffensive gegen die Streitkräfte der Regierung gestartet - es sind die heftigsten Kämpfe seit 2020. Der OSDH zufolge drangen die Islamisten am Freitag in Aleppo, die zweitgrößte Stadt Syriens, ein. Die Region wurde bisher größtenteils von der Regierung kontrolliert.

Die OSDH berichtete, dass die HTS-Kämpfer und ihre Verbündeten, von denen ihren Angaben zufolge einige der Türkei nahestehen, am Freitag nach "zwei Selbstmordattentaten mit Autobomben" vor den Toren der Stadt nach und nach die Kontrolle über die Stadtteile übernahmen.

Jihadisten eroberten binnen drei Tagen rund 70 Orte

Laut der Beobachtungsstelle haben sich "der Gouverneur von Aleppo sowie die Polizeikommandanten und der Sicherheitsdienst aus dem Stadtzentrum zurückgezogen". Die russischen Luftangriffe in der Nacht seien mit der "Ankunft großer militärischer Verstärkung" für die Jihadisten zusammengefallen. Im Zuge der Offensive eroberten die Jihadisten binnen drei Tagen demnach rund 70 Orte.

Die Beobachtungsstelle mit Sitz in Großbritannien bezieht ihre Informationen aus einem Netzwerk verschiedener Quellen in Syrien. Ihre Angaben sind von unabhängiger Seite kaum zu überprüfen.

Der Chef der von der HTS ausgerufenen "Regierung" in Idlib, Mohammad al-Bashir, hatte erklärt, die Offensive sei gestartet worden, nachdem "das Regime (Assad) Kräfte an den Frontlinien zusammengezogen und mit der Bombardierung ziviler Gebiete begonnen" habe. Die Jihadisten kontrollieren weite Teile der Region Idlib sowie Teile der Nachbarprovinzen Aleppo, Hama und Latakia.

Offensive laut Expertin seit Monaten geplant

Dareen Khalifa, Expertin der International Crisis Group, erklärte, die Offensive sei von den Jihadisten über Monate vorbereitet worden. "Sie wurde als defensive Kampagne gegen eine Eskalation des Regimes dargestellt", betonte Khalifa mit Blick auf frühere Angriffe der syrischen Armee und ihres russischen Verbündeten auf Rebellengebiete im Nordwesten.

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Die Jihadisten würden jedoch auch "die regionalen und geostrategischen Veränderungen beobachten". So starteten sie die Offensive an jenem Tag, an dem im Libanon eine Waffenruhe zwischen der israelischen Armee und der mit der syrischen Regierung und Teheran verbündeten Hisbollah-Miliz in Kraft trat, während sich Russland mitten im Krieg in der Ukraine befindet.

Die Jihadisten "denken, dass die Iraner jetzt geschwächt sind und das Regime in die Enge getrieben wird", analysierte Khalifa. In den vergangenen Monaten hatte Israel mehrere Angriffe auf syrischem Gebiet geflogen, um mit Teheran und der syrischen Armee koordinierte Waffenlieferungen an die Hisbollah zu unterbinden.

Bürgerkrieg seit 2011

Der syrische Bürgerkrieg hatte 2011 begonnen, nachdem Präsident Assad Proteste gegen die Regierung mit Gewalt niederschlagen ließ. Eine halbe Million Menschen wurden getötet und Millionen weitere vertrieben.

Mit der Unterstützung ihrer Verbündeten Russland und dem Iran erlangte die syrische Regierung 2015 die Kontrolle über weite Teile des Landes zurück. Auch die Großstadt Aleppo eroberte Assad im Jahr 2016 mit Unterstützung der russischen Luftwaffe mittels massiver Bombenangriffe zurück.

Im Norden Syriens gilt seit 2020 ein von der Türkei und Russland vermittelter Waffenstillstand, der zwar immer wieder gebrochen wurde, aber die Region in den vergangenen Jahren weitgehend beruhigt hatte. (APA/AFP/dpa)

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