Vorerst keine Auslieferung

Schwere Vorwürfe gegen Benko: „Anführer einer mafiaartigen kriminellen Vereinigung“

Die italienische Justiz erhebt schwere Vorwürfe gegen den Tiroler Unternehmer René Benko.
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Die Staatsanwaltschaft Trient untersucht, ob der Tiroler Unternehmer René Benko „Anführer einer mafiaartigen kriminellen Vereinigung“ war. Ermittelt wird rund um verschiedene Immobilienprojekte.

Trient, Innsbruck – Die Staatsanwaltschaft Trient verdächtigt den Tiroler Unternehmer René Benko, „Anführer einer mafiaartigen kriminellen Vereinigung“ zu sein, die mit dem Ziel gegründet wurde, Konzessionen und Genehmigungen zu erlangen, um daraus ungerechtfertigte Gewinne zu erzielen. Dies geht aus den Ermittlungsakten hervor.

Ermittlungen um Immobilienprojekte

Benko habe an der Spitze der kriminellen Vereinigung mithilfe des Bozner Steuerberaters Heinz Peter Hager und eines Unternehmers aus der Stadt Rovereto gehandelt, hieß es aus der Trentiner Staatsanwaltschaft. Hager ist auch Vorstandschef der nach Benkos Tochter benannten Laura Privatstiftung.

Dem Bozner Steuerberater Heinz Peter Hager wird vorgeworfen, gemeinsam mit Benko an der Spitze einer kriminellen Vereinigung gehandelt zu haben.
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Die italienischen Justizbehörden ermitteln rund um verschiedene Immobilienprojekte, die Benko mithilfe angeblich untreuer Bürgermeister und Beamter in Trentino-Südtirol umsetzen wollte. Die Personen, gegen die ermittelt wird, sollen zum Teil Beschlüsse der öffentlichen Verwaltung beeinflusst haben, insbesondere im Bereich der Bauspekulation in Trentino-Südtirol.

Vorerst weder Festnahme noch Auslieferung zu befürchten

Die italienische Behörde hat im Zuge ihrer umfassenden Ermittlungen einen Haftbefehl gegen Benko erlassen. Doch der einstige Multimilliardär muss weiterhin weder Festnahme noch Auslieferung befürchten. Formal muss über das „Ersuchen“ der Italiener aber noch vom Haft- und Rechtsschutzrichter am Landesgericht Innsbruck entschieden werden. Dies dürfte voraussichtlich noch vor Weihnachten passieren, erfuhr die APA am Mittwoch.

Benko werde jedenfalls im Rahmen des angelaufenen „Übergabeverfahrens“ nun zu einer Stellungnahme aufgefordert, sagte Landesgerichtssprecherin Birgit Fink zur APA. Da wohl zu erwarten ist, dass der Tiroler sich nicht freiwillig südlich des Brenners in Haft begibt, wird der Haftbefehl in Österreich nicht vollstreckt werden. Es bestehe schließlich eine im Verfassungsrang stehende Bestimmung, dass österreichische Staatsbürger wegen mutmaßlicher Delikte, wegen derer gegen sie auch im Inland ermittelt werden kann, nicht ausgeliefert werden dürfen, betonte Fink.

Nach der richterlichen Entscheidung ist wiederum die Innsbrucker Staatsanwaltschaft am Zug, die dann prüfen muss, inwieweit ein eigenes Ermittlungsverfahren gegen den insolventen Unternehmer wegen der gegen ihn in Italien erhobenen Vorwürfe eröffnet wird. Dies erklärte der Sprecher der Anklagebehörde, Hansjörg Mayr, der APA. Benko war am Dienstag vom Tiroler Landeskriminalamt einvernommen worden und blieb daraufhin auf freiem Fuß.

Ermittlungen gegen 77 Personen

Gegen insgesamt 77 Personen wird ermittelt, darunter fünf Südtiroler. Acht Personen wurden unter Hausarrest gestellt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt unter anderem wegen Korruption, krimineller Vereinigung, Betrug und Verletzung des Amtsgeheimnisses in Trient, Bozen, Verona, Brescia, Mailand, Pavia und Rom.

Die Leiterin der Abteilung für Stadtplanung in Bozen soll im Verdacht stehen, ihr Amt genutzt zu haben, um Genehmigungen auszustellen, ohne sich dabei an die gesetzlichen Vorgaben zu halten, so die Ermittler. Sie soll eine wichtige Rolle in der mutmaßlich kriminellen Organisation gespielt haben. Sie soll auch „ein Dossier mit vertraulichen Informationen über Verwaltungsangestellte und öffentliche Bedienstete erstellt haben“, um diese zu erpressen.

Laut den Ermittlern sollen die beteiligten Unternehmer öffentliche Aufträge durch die Gewährung von Gefälligkeiten, Geschenken und Geldzahlungen an Beamte und Verwaltungsmitarbeiter erschlichen haben. Die Ermittlungen gehen weiter. Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung. (APA)