Ein Kapitel Kulturgeschichte

Ein Schatz aus Salzburg findet in Innsbruck eine neue Heimat

Aufnahme von einem Stand des Otto Müller Verlages bei der Frankfurter Buchmesse 1956.
© Archiv Otto Müller

„Das Who‘s Who der österreichischen Gegenwartsliteratur“: Das Brenner-Archiv der Universität Innsbruck übernimmt das Archiv des bekannten Salzburger Otto Müller Verlags.

Innsbruck, Salzburg – Der Salzburger Otto Müller Verlag zählt zu den ersten Adressen der österreichischen Literatur. Die ersten Texte Thomas Bernhards sind hier erschienen, die Gedichte und Erzählungen von Christine Lavant oder Gerhard Fritschs Roman „Moos auf Steinen“. Auch die Werke Georg Trakl wurden posthum bei Otto Müller veröffentlicht.

Der Verkaufsschlager der Verlagsgeschichte waren die Übersetzungen von Giovanni Guareschis „Don Camillo und Peppone“, der sich millionenfach verkaufte. Der Bestseller finanzierte das ambitionierte Lyrik- und Literaturprogramm des Verlags quer. Als prononciert katholischer Verlag erschienen bei Otto Müller auch Übersetzungen von W. H. Auden, Paul Claudel und C. S. Lewis, dem Schöpfer der populären „Chroniken von Narnia“.

Umfangreiches Archiv

Das Brenner Archiv der Universität Innsbruck hat nun das umfangreiche Archiv des Verlags übernommen. Der Bestand schärfe das Profil des Archivs als Forschungsstätte für österreichische Literatur- und Kulturgeschichte, erklärte Leiterin Ulrike Tanzer dazu. Er umfasst 235 Kanzleiordner, mehrere Konvolute mit Manuskripten und 16 Kartons mit Rezensionen und Presseberichten aus dem Zeitraum von 1937 bis 1990.

Das Verlagsarchiv lese sich wie das Who‘s Who der österreichischen Nachkriegsgeschichte, erklärt Tanzer. „Es ergänzt die am Brenner-Archiv schon vorhandenen Bestände“, unterstreicht sie. Erworben werden konnte das Archiv des Otto Müller Verlags durch die finanzielle Unterstützung der Universität Innsbruck, der Landesgedächtnisstiftung Tirol, des Landes Tirol und des Bundes.

Konkrete Summen wurden nicht genannt.

Heimat der Zeitschrift „Literatur und Kritik“

Der Verlag wurde 1937 von Otto Müller gegründet. Aus konzessionsrechtlichen Gründen schien zunächst Innsbruck als offizieller Verlagsstandort auf. 1939 wurde Müller wegen des Handels mit verbotenen Druckschriften von der Gestapo verhaftet. Bereits davor war der Verleger von den Nazis mit Berufsverbot belegt worden. Seinen Verlag verkaufte er an den deutschen Verleger Lambert Schneider. Nach Ende des Krieges gab ihn Schneider zurück.

Otto Müller starb 1956. Der Otto Müller Verlag blieb in Familienbesitz. Bis 2023 wurde er von Arno Kleibel geleitet, einem Enkel Otto Müllers. Im Mai 2023 gab er die Verlagsleitung an Nadine Hötzendorfer-Fejzuli ab.

Herwig van Staa (Landesgedächnisstiftung), Rektorin Veronika Sexl, Ulrike Tanzer (Forschungsinstitut Brenner-Archiv) und Arno Kleibel vom Otto Müller Verlag (v.l.).
© Universität Innsbruck

Im Otto Müller Verlag erscheinen unter anderem die Werke der vielfach ausgezeichneten Autorinnen Karin Peschka, Cvetka Lipuš und Ana Marwan.

Marwan war auch Herausgeberin der bedeutenden, bei Otto Müller verlegten, Literaturzeitschrift „Literatur und Kritik“. Ab 2025 wird die Zeitschrift von der oberösterreichischen Autorin Birgit Müller-Wieland herausgegeben.

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