Ex-Spion über Geheimdienstarbeit

„Meine Frau wusste vor der Heirat nicht, dass ich beim Mossad bin“

Ex-Mossad-Agent Ram Igra im Gespräch mit Marlene Forgber.
© Medienakademie/Müllner

Ram Igra war in einer leitenden Position beim Mossad, dem israelischen Geheimdienst. Marlene Forgber von der Medienakademie hat ihn beim Mediengipfel in Lech interviewt. Der seit 1999 pensionierte Agent weiß, wie er den Mythos Mossad aufrechterhält.

Von Marlene Forgber

Sie haben beim Mossad viele Positionen durchlaufen, welche war Ihre liebste?

Ram Igra: Ich war einfacher Agent, Stationschef, Chef einer Division. Je niedriger die Position, desto besser.

Warum?

Draußen mit Menschen zu arbeiten, das ist das Aufregendste, das Erfüllendste, was man machen kann. Was ein Agent genau macht, werde ich aber nicht sagen. Nur so viel: Geheimdienste wissen alles über dich. Es ist alles in deinem Handy.

Über welche Geheimdienste reden Sie?

Igra: Das betrifft alle Geheimdienste. Die technologische Intelligenz ist die eine Sache. Für die Rekrutierung von Personen, aus denen man gute Spione machen kann, braucht man allerdings menschliche Intelligenz.

Wie rekrutiert man Agenten?

Igra: Wenn Sie etwa Fernsehjournalistin werden wollen, könnten wir Ihnen einen fiktiven Job anbieten. Sie werden „ja“ sagen. Wir werden Ihnen dann alle möglichen Aufgaben geben. Bis Sie bemerken, was Sie tun, haben Sie schon das Gesetz gebrochen. Und wenn Sie einmal das Gesetz gebrochen haben, ist es sehr einfach, Sie zu manipulieren. Das machen Geheimdienste. Sie nutzen Ihre Sehnsüchte aus, um Sie zu rekrutieren. Es ist wie der asiatische Kampfsport Jiu-Jitsu. Da geht es auch darum, die Stärken von jemandem gegen ihn zu verwenden.

📽️ Video | Ram Igra im Gespräch (Englisch)

Was macht einen guten Geheimdienst aus?

Igra: Informationen zu sammeln – mit dem Ziel, den Krieg von morgen vorherzusehen.

Ist das etwas, das spezifisch Israel betrifft?

Igra: Es betrifft alle. Die Ukraine wollte auch wissen, wann die russische Invasion stattfindet. Sie wussten es durch die Amerikaner. Die sagten: Morgen in der Früh passiert es. Das Hauptziel für einen Geheimdienst ist, zu wissen, was der Chef der anderen Seite denkt. Was sich gerade zwischen dessen Ohren abspielt.

Wie weiß man, was Menschen denken?

Igra: Oh, das ist sehr einfach. Weiß Ihr Freund, was Sie denken? Wenn ja, müssen wir Ihren Freund rekrutieren.

Was macht einen guten Agenten aus?

Igra: Es ist der gut, der Ihren Freund rekrutiert.

Was ist die schlechteste Eigenschaft, die man als Agent haben kann?

Igra: Das Problem mit Leuten beim Geheimdienst ist: Wären sie nicht beim Geheimdienst, wären sie Ganoven.

Gibt es etwas, was Sie gern gemacht hätten, aber nicht konnten?

Igra: Wenn ich weiterhin beim Mossad arbeiten könnte, würde ich es tun.

Warum?

Igra: Die Antwort auf Hebräisch ist „kaha“. Ist halt so.

Gab es Dinge, die Sie vor engen Freund:innen und Familie geheim halten mussten?

Igra: Ja, meine Frau wusste vor der Heirat nicht, dass ich beim Mossad bin.

War es hart, engen Vertrauten Dinge nicht erzählen zu können?

Igra: Nein, man gewöhnt sich daran.

Gibt es etwas, was an diesem Job besonders hart für Sie war?

Igra: Man hat weniger Zeit mit seiner Frau, das ist hart.

„Europa zwischen den Blöcken“

Vom 5. bis 7. Dezember 2024 treffen sich internationale Experten und Entscheidungsträger in Lech am Arlberg für eine Standortbestimmung. Ein Fokus liegt auf den Folgen der amerikanischen Wahlen für die weltpolitische Situation – wobei die Perspektive „Trump 2.0“ im Weißen Haus fundamentale Veränderungen für Europa und die Nato mit sich bringen kann. Dies wirkt sich auch direkt auf den Krieg in der Ukraine aus: Ohne Hilfe aus den USA droht Kiew eine Niederlage. Und will sich Europa diesem Szenario überhaupt resolut entgegenstellen?

Berichterstattung im Rahmen der Medienakademie

Die internationale Medienakademie zählt seit Jahren zum festen Bestandteil des Mediengipfels in Lech am Arlberg. Nachwuchsjournalist:innen aus Österreich, Deutschland und der Schweiz bekommen hier die Möglichkeit, wertvolle Praxiserfahrungen unter Echtzeitbedingungen zu sammeln. Die Teilnehmer:innen begleiten den Europäischen Mediengipfel vor Ort und berichten mehrere Tage live von den Diskussionsrunden.