Salzburger Festspiele trennen einvernehmlich von Schauspielchefin Davydova
Wegen einer nicht genehmigten Nebentätigkeit war die Schauspielchefin der Salzburger Festspiele entlassen worden. Jetzt einigten sich die Parteien außergerichtlich. Kritik an Festspielintendant Markus Hinterhäuser wird lauter.
Salzburg – Nach dem Rauswurf der Schauspielchefin Marina Davydova von den Salzburger Festspielen haben sich das Direktorium und Davydova nun außergerichtlich geeinigt. Damit wird es kein Verfahren beim Arbeitsgericht geben.
„Beide Parteien halten an ihren Rechtsstandpunkten fest, gelangten aber einvernehmlich zu dem Ergebnis, langwierige und aufwändige juristische und gerichtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden“, teilten die Festspiele am Freitag mit.
Das Direktorium der Salzburger Festspiele besteht aus dem Intendanten Markus Hinterhäuser, Festspiel-Präsidentin Kristina Hammer und dem kaufmännischen Direktor Lukas Crepaz.
Es hatte Ende November das Dienstverhältnis mit Davydova „infolge von Verstößen gegen vertragliche Dienstpflichten, insbesondere durch die weder angezeigte noch genehmigte Tätigkeit Marina Davydovas bei einem Berliner Theaterfestival“ mit sofortiger Wirkung aufgelöst.
Unentgeltliche Beratung eines kleines Festivals in Berlin
Davydova sah keine Verletzung der Dienstpflichten. Ihre „Nebenbeschäftigung“ habe darin bestanden, „dass sie völlig unentgeltlich“ im künstlerischen Beirat des kleinen Berliner Festivals „The Voices“ angehörte habe, erklärte ihr Anwalt.
„The Voices“ versteht sich als künstlerische Plattform für vertriebene Künstlerinnen und Künstler. Ein programmatischer Schwerpunkt lag zuletzt auf Arbeiten russischer Emigranten. Marina Davydova wurde 1966 im damals sowjetischen Baku geboren. Sie flüchtete 2022 aus Russland. Davor hatte sie sich kritisch über den russischen Angriff auf die Ukraine geäußert.
Festspiel-Coup
Oscarpreisträger im Anmarsch: Das führt Christoph Waltz im nächsten Sommer nach Salzburg
Nach Kündigung
Salzburger Festspiele: Gefeuerte Schauspielchefin will Rauswurf bekämpfen
Verstöße gegen Dienstpflichten
Paukenschlag bei den Salzburger Festspielen: Schauspielchefin muss sofort gehen
Die Festspiele betonten heute, dass die programmatische und künstlerische Leistung von Marina Davydova für die Festspielsaison 2024 und für den Sommer 2025 außer Streit stehe, „für die wir uns bedanken und die selbstverständlich vollumfänglich, wie von Marina Davydova konzipiert, umgesetzt wird“.
Offene Kritik an Intendant Hinterhäuser
In den vergangenen Tagen mehrten sich auch kritische Töne über Intendant Markus Hinterhäuser und dessen Führungsstil und Umgang mit Mitarbeitern und Künstlern.
Regisseur Michael Sturminger, dessen für 2024 fixiert gewesene „Jedermann“-Inszenierung kurzfristig und überraschend von Hinterhäuser abgesagt worden war, äußerte sich gegenüber dem ORF so: Er habe nach dem Abgang der ehemaligen Schauspielchefin Bettina Hering das Gefühl gehabt, „dass man sagen muss: Kevin allein zu Hause. Es gibt kein Regulativ mehr, plötzlich ist da jemand drauf gekommen: 'Mir sagt jetzt keiner mehr Halt'.“
Und der Autor und ehemalige Leiter des Stefan-Zweig-Zentrums Salzburg, Klemens Renoldner, sprach von „Kommunikationsproblemen“ und „Missmanagement“.
Laut Salzburger Nachrichten gab es Donnerstagnachmittag eine „Krisensitzung“ bei Landeshauptmann Wilfried Haslauer, der im Kuratorium des Festivals sitzt, an der das Direktorium und Kuratoriumsvorsitzender Hans Scharfetter teilgenommen haben. Über die besprochenen Inhalte ist nichts bekannt. (APA, TT)
Die Salzburger Festspiele auf TT.com
Stehende Ovationen am Domplatz
Der Tod stiehlt ihm die Show: So ist Salzburgs neuer „Jedermann“
Festspielsommer in Salzburg
Zum Start der Salzburger Festspiele: Nicht für jedermann
Kultur Österreich
Festspielintendant Hinterhäuser: "Kunst ist politisch"
Alte Literatur mit neuem Blick