Nach Sturz des Assad-Regimes: Furcht vor Rückkehr des IS in Syrien
Derzeit noch in kurdischen Gefängnissen im Nordosten Syriens inhaftierte frühere IS-Kämpfer könnten befreit werden.
Damaskus – Nach dem Sturz des Machthabers Bashar al-Assad in Syrien droht nach Angaben von Islamismusexperten eine unkontrollierte Rückkehr von derzeit noch in syrischen Gefängnissen inhaftierten IS-Kämpfern. „Die Gefahr, dass die Lage nächstes Jahr unsicherer wird und Terroristen aus den Gefängnissen freikommen, ist sehr real“, sagte Guido Steinberg von der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik.
Auch der österreichische Terrorexperte Nicolas Stockhammer sieht diese Gefahr. Die Ereignisse in Syrien hätten „großes Potenzial, eine Welle an Rückkehrern ehemaliger IS-Kämpfer nach Europa zu bringen, auch nach Österreich“, sagte der Terrorismus- und Extremismusforscher der Donau-Uni Krems. In Lagern, die unter der Kontrolle des von den USA unterstützten, kurdisch angeführten SDF-Bündnisses stehen, gebe es „durchaus Personen, die wahrscheinlich für den IS gekämpft haben und auch die Kinder von IS-Kämpfern, die vermutlich Radikalisierung ausgesetzt waren“, ergänzte Stockhammer. Denkbar sei aber auch, dass der IS nun erneut eine Chance wittere, sich in Syrien neu zu positionieren.
Auch der Politologe Thomas Schmidinger schließt Auswirkungen der Ereignisse in Syrien auf die Sicherheitslage in Österreich nicht aus. In einschlägigen Kommunikationskanälen könne man derzeit beobachten: „Auch österreichische Jihadisten beobachten die Lage in Syrien genau“, sagte er den Salzburger Nachrichten. Schmidinger rechnet „mit einer Wiederauferstehung des IS“, erklärte er weiter. „Wenn Söldner die Gefängnisse unter ihre Kontrolle bringen, könnte passieren, was schon einmal im Oktober 2019 der Fall war, nämlich dass sehr viele IS-Kämpfer freikommen“, sagte der Nahost-Experte, der unter anderem an der Universität Wien lehrt. „Dann haben wir Tausende Gefolgsleute des IS, die auch noch immer voll ideologisiert sind, auf freiem Fuß“. Es kursierten schon erste Bilder, auf denen Angehörige der Syrischen Nationalarmee Abzeichen des IS tragen, „also jener Terrororganisation, die einst ein Kalifat in Syrien errichten wollte und dort wie in Europa Anschläge verübt hat“, berichtete Schmidinger.
„In den kurdischen Gefängnissen unter US-Aufsicht sitzen etwa 9000 Kämpfer, davon rund 2000 Ausländer“, sagte Steinberg dem Magazin Stern. US-Präsident Joe Biden habe zwar den Einsatz von US-Truppen gegen den IS zugesagt. Doch schon ab Ende Jänner könnte Donald Trump als neuer Präsident die US-Truppen abziehen. (TT, APA)