Scholz verliert Vertrauen des deutschen Bundestags und schlägt Auflösung vor
Der SPD-Regierungschef Olaf Scholz hat am Montag die Vertrauensfrage im Bundestag genutzt, um den Wahlkampf zu eröffnen. 394 Abgeordnete - und damit die klare Mehrheit - stimmten gegen den amtierenden Bundeskanzler.
Berlin – Mit der Mehrheit von 394 Stimmen aus allen Parteien außer SPD und Grünen hat der deutsche Bundestag Kanzler Olaf Scholz (SPD) am Montag – wie von Regierung und Opposition geplant – das Vertrauen entzogen und so den Weg für die Neuwahl im Februar freigemacht.
Dass die Grünen sich in der Abstimmung über Scholz enthalten haben, obwohl sie bis zur Wahl mit ihm und der SPD weiter regieren werden, hatte strategische Gründe. Grün und Rot hatten die Sorge, dass die zum Teil rechtsextreme AfD mit ihren Stimmen sonst die Defacto-Abwahl des Kanzlers verhindern hätte können – einfach um die Neuwahl-Pläne zu torpedieren. Indem die Grünen Scholz das Vertrauen verweigerten, war keine Mehrheit mehr möglich.
Scholz Erklärung, warum er die Vertrauensfrage stellte, und die folgende über zweistündige Debatte vor der namentlichen Abstimmung war Wahlkampf pur. Für seine Entscheidung, die Dreier-Koalition zu beenden, sei die Frage ausschlaggebend gewesen, „ob und wie wir in unser Land investieren“, sagte Scholz. Wenn es ein Land auf der Welt gebe, das es sich leisten könne, in die Zukunft zu investieren, dann sei dies Deutschland. Deshalb müsse die Schuldenregel klug modernisiert werden. Politik sei kein Spiel. „In eine Regierung einzutreten, dafür braucht es die nötige sittliche Reife“, sagte er in Richtung FDP, die Protokollen zufolge den Koalitionsbruch in detailreicher Planung durchaus gewollt herbeigeführt hatte.
FDP-Chef Lindner konterte die Attacke des Kanzlers mit einem Gegenangriff auf dessen Wirtschaftspolitik. Er bezeichnete Scholz als „Prinz Karneval“, der Sozial-Zuckerln verteile, um populär zu werden anstatt die Wettbewerbsfähigkeit des Landes zu stärken. CDU/CSU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz warf Scholz vor, das Land in einer der größten Wirtschaftskrisen der Nachkriegsgeschichte zu hinterlassen. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bezeichnete Merz als „Gesicht der Wirtschaftskrise.“
Nach dem Nein des Bundestags zu seiner Vertrauensfrage hat Kanzler Olaf Scholz (SPD) bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue die Auflösung des Parlaments vorgeschlagen. Das erfuhr die dpa aus Regierungskreisen. Steinmeier hat nun 21 Tage Zeit zu entscheiden, ob er zustimmt und eine Neuwahl des Parlaments innerhalb von 60 Tagen ansetzt.