Historische Wende

Lieferstopp mit Jahreswechsel: Kein russisches Gas mehr für Österreich

Auch am heimischen Übergabepunkt Baumgarten wurde der Gaslieferstopp am Neujahrstag verzeichnet.
© HARALD SCHNEIDER

Wien – Der Gastransit-Vertrag zwischen der russischen Gazprom Export und der ukrainischen Naftogaz ist zum Jahreswechsel ausgelaufen. Seit 6.00 Uhr früh am ersten Tag des neuen Jahres kommt daher kein russisches Gas mehr über die Ukraine nach Österreich. Allerdings habe sich die österreichische Energiebranche auf den Wegfall des Ukraine-Transits eingestellt, teilte der Systembetreiber AGGM bereits Dienstagabend mit. Damit ist die heimische Gasversorgung auch weiterhin gesichert.

Sowohl an den Knotenpunkten von der Ukraine in die Slowakei als auch beim Übergabepunkt Baumgarten von der Slowakei nach Österreich verzeichnete die AGGM einen Einbruch der Liefermengen – der bereits am Vortag absehbar war. Schließlich wurden praktisch keine Gas-Kapazitäten angemeldet. Am Montag lieferte Gazprom noch rund 42,4 Mio. Kubikmeter Gas über die Ukraine nach Zentraleuropa.

Die Einstellung des Gastransits durch die Ukraine ist eine historische Wende in der europäischen Erdgasversorgung. Länder wie die Slowakei, Tschechien und Ungarn bezogen noch Pipeline-Gas aus Russland, für sie birgt ein Ende der Lieferungen Probleme. Auch Österreich erhielt nach wie vor einen erheblichen Teil seines Erdgases aus Russland.

Österreich hat vorgesorgt

Dieser Schritt kam jedoch nicht überraschend und war mehrfach angekündigt worden. "Die Ukraine hat lange im Voraus klargestellt, dass sie den Transitvertrag mit dem Aggressor Russland nicht verlängern wird", merkte Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) in einer Aussendung an. "Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht und waren auf dieses Szenario gut vorbereitet."

So kaufte Österreich 2022 nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine und der darauf folgenden Energiekrise knapp 20 Terawattstunden (TWh) Gas als strategische Reserve an und speicherte diese. Im Vorjahr wurden in Österreich rund 76 TWh Gas verbraucht, und die österreichischen Speicher sind mit rund 80 TWh zu 79 Prozent gefüllt. Zusätzlich könne Österreich über Deutschland und Italien bis zu 185 TWh pro Jahr importieren, teilte das Energieministerium weiters mit. Marktteilnehmer wechselten daher zu alternativen Gasquellen. Damit konnte die Liefereinschränkung kompensiert werden.

Slowakei drohte Ukraine mit Konsequenzen

Die Slowakei bemühte sich bis zuletzt vergeblich darum, weiterhin Gas über die Ukraine zu erhalten. Der linkspopulistische slowakische Ministerpräsident Robert Fico, dem Kritiker eine prorussische Haltung vorwerfen, drohte mit Konsequenzen für die Ukraine – etwa die Stromlieferungen aus der Slowakei an die Ukraine zu stoppen.

Mit der Balkan Stream-Pipeline, die von der Türkei nach Ungarn führt, gibt es nur mehr einen Weg für russisches Gas nach Europa. Diese Pipeline transportiert jährlich etwa 14 bis 15 Mrd. Kubikmeter Gas in Länder wie Rumänien, Griechenland, Nordmazedonien, Serbien, Bosnien und Herzegowina sowie Ungarn.

Geringere Bedeutung für die Versorgung

Mit erheblichen Gaspreis-Anstiegen in der EU wie 2022 ist nicht zu rechnen, sagte Leo Lehr, stellvertretender Leiter der Abteilung Volkswirtschaft bei der e-Control. Das Ende des Gastransits sei bereits antizipiert worden. Die letzten Handelsdaten im alten Jahr wiesen nicht auf einen Preisanstieg hin. "Es kann aber sein, dass die Preise anfangs volatiler sind", sagte Lehr.

Russland verkaufte zuletzt bei weitem nicht mehr so viel Gas wie früher. So lieferte Russland 2023 etwa 15 Mrd. Kubikmeter Gas über die Ukraine – das waren nur 8 Prozent der Menge, die in den Jahren 2018 und 2019 über verschiedene Routen aus Russland nach Europa gelangten. (APA/dpa/Reuters)