Proteste vor Amtssitz

Festnahme von Präsident Yoon in Südkorea gescheitert

Anhänger des Präsidenten haben sich vor dem Amtssitz versammelt.
© APA/AFP/YONHAP

Eine Militäreinheit hinderte die Ermittler am Betreten des Präsidentenamtssitzes. Der Sicherheitsdienst sprach von „Beschränkungen in abgesicherten Bereichen“.

Seoul – Südkoreas Strafverfolgung ist beim Versuch, den suspendierten Präsidenten Yoon Suk-yeol festzunehmen, gescheitert. Zunächst hatte eine Militäreinheit die Ermittler auf dem Gelände des Präsidentenamtssitzes am Vordringen gehindert, wie die Nachrichtenagentur Yonhap unter Berufung auf die Korruptionsermittlungsbehörde berichtete. Später ließ auch der Sicherheitsdienst des Präsidenten die Beamten unter Verweis auf „Beschränkungen in abgesicherten Bereichen“ nicht weiter vor.

Bis zu 200 Gardisten und Soldaten bildeten Menschenketten, wie die ermittelnde Anti-Korruptionsbehörde CIO mitteilte. CIO- und Polizeibeamte seien zahlenmäßig unterlegen und die Lage angespannt gewesen. Der Festnahmeversuch sei nach sechs Stunden abgebrochen worden.

Yoons Unterstützer protestieren gegen Haftbefehl

Die Behörde bedaure das Verhalten Yoons und wolle nun weitere Schritte prüfen, berichtete Yonhap. Die von einem Gericht gebilligte Anordnung zur Festnahme ist noch bis Montag gültig. Der Festnahmebefehl war erlassen worden, weil Yoon dreimal eine Befragung zu seiner kurzzeitigen Ausrufung des Kriegsrechts verweigert hatte. Gegen Yoon ermitteln die Staatsanwaltschaft sowie ein gemeinsames Team aus Polizei, Verteidigungsministerium und Antikorruptionsbehörde. Yoons Verteidiger nannten die Festnahmeanordnung laut Yonhap „illegal“.

Vor der Residenz Yoons hatten bereits Hunderte seiner Anhänger versucht, Polizisten und Ermittlern den Zugang zu verwehren. Die Demonstranten riefen, sie wollten Yoon unter Einsatz ihres Lebens schützen. Yoon hatte am 3. Dezember das Kriegsrecht ausgerufen, um gegen die Opposition vorzugehen. Er begründete sein Vorgehen mit dem Vorwurf, sie sei Handlanger des kommunistischen Nordkoreas und habe den parlamentarischen Prozess gelähmt. Nach massiven Protesten auch aus seiner eigenen Partei hob er das Kriegsrecht sechs Stunden später wieder auf. Der Sicherheitsdienst hatte den Ermittlern jüngst schon einmal den Zutritt zum Präsidentenpalast verweigert.

Amtsenthebungsverfahren läuft

Parallel zu den strafrechtlichen Ermittlungen läuft das Amtsenthebungsverfahren gegen Yoon, für das das Parlament am 14. Dezember gestimmt hatte. Mit dem Votum der Abgeordneten wurden dem konservativen Staatschef die Befugnisse entzogen. Er bleibt aber suspendiert im Amt, bis das Verfassungsgericht eine endgültige Entscheidung getroffen hat. Solange führt Finanzminister Choi Sang-mok als Interimspräsident die Staatsgeschäfte. In dem Amtsenthebungsverfahren soll es am 14. Jänner eine erste mündliche Verhandlung geben.

Yoon ist der erste Präsident Südkoreas, dem in einer Amtszeit eine Festnahme droht. Nach einer Festnahme hätten die Ermittler 48 Stunden Zeit, Yoon zu befragen und zu entscheiden, ob sie einen Haftbefehl beantragen oder den 64-Jährigen wieder freilassen. (APA, Reuters, dpa)