Bald Referendum?

Grönlands Regierungschef will die Unabhängigkeit von Dänemark

Der alte Kolonialhafen in Nuuk. Grönland war von 1721 bis 1953 dänische Kolonie.
© AFP/Brooks

Ein Referendum über die Abspaltung der Insel kann jederzeit stattfinden. Indessen forderte Trump erneut eine US-Kontrolle über Grönland.

Nuuk – In Grönland werden die Rufe nach Unabhängigkeit vom Königreich Dänemark lauter. „Es ist an der Zeit, dass wir selbst einen Schritt unternehmen und unsere Zukunft gestalten“, sagte Grönlands Regierungschef Mute Egede in seiner Neujahrsansprache. Dies gelte auch im Hinblick darauf, mit wem Grönland eng zusammenarbeite und wer seine Handelspartner sein werden.

Die frühere dänische Kolonie mit 57.000 Einwohnern verwaltet sich seit 1953 weitgehend selbst, ist aber formal weiterhin Teil des Königreichs. Trotz großer Bodenschätze wie Öl und Gas gilt die Wirtschaft als fragil. Grönland ist stark von Zuwendungen aus Kopenhagen und dem Fischfang abhängig.

Mehrheit für Abspaltung

Seit 2009 verfügt Grönland über das Recht, sich per Referendum abzuspalten. Dem Vernehmen nach tritt eine Mehrheit der Bewohner prinzipiell für die Unabhängigkeit ein, es gibt aber Meinungsverschiedenheiten über Details.

„Die Geschichte und die gegenwärtigen Bedingungen haben gezeigt, dass es in unserer Zusammenarbeit mit dem Königreich Dänemark nicht gelungen ist, völlige Gleichberechtigung herzustellen“, sagte Egede jetzt. „Wie andere Länder der Welt müssen wir daran arbeiten, die Hindernisse für eine Zusammenarbeit – die wir als Fesseln des Kolonialismus bezeichnen können – zu beseitigen und voranzukommen.“

Das Thema könnte nun im Wahlkampf eine Rolle spielen. Bis zum 6. April müssen in Grönland Parlamentswahlen abgehalten werden.

Frauen verklagten Dänemark

In die Debatte hinein spielen auch Enthüllungen über Fehlverhalten dänischer Behörden in Grönland, darunter eine Kampagne zur erzwungenen Geburtenkontrolle in den 1960er-Jahren.

140 Inuit-Frauen haben Dänemark verklagt, weil sie gezwungen worden seien, sich zur Verhütung eine Spirale einsetzen zu lassen. Viele von ihnen verstanden damals nicht, was bei dem Eingriff passierte. Gynäkologen in Grönland entdeckten immer wieder Spiralen, ohne dass die Frauen von deren Existenz wussten.

Strategische Bedeutung

Öl in die Debatte über die Zukunft Grönlands goss auch der kommende US-Präsident Donald Trump. Zu Weihnachten erneuerte er seine Forderung nach „Besitz und Kontrolle“ von Grönland. Schon während seiner ersten Präsidentschaft hatte er vorgeschlagen, die Insel zu kaufen.

Die Insel hat strategische Bedeutung für die USA, die dort auch einen Luftwaffenstützpunkt mit Frühwarnsystem für ballistische Raketen unterhalten. Die Inselhauptstadt Nuuk liegt näher an New York als an Kopenhagen.

Regierungschef Egede erteilte Trump eine Abfuhr. Es gibt aber auch Stimmen in Grönland für eine engere Kooperation mit den USA. (TT, APA, dpa, Reuters)