SS-Lied bei Begräbnis gesungen: FPÖ gewinnt vor Gericht
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, aber die Entscheidung stellt einen Etappensieg für die Freiheitlichen gegen eine Wiener Tageszeitung dar.
Wien - Die Tageszeitung Der Standard ist am Donnerstag am Wiener Landesgericht im Zusammenhang mit der Berichterstattung über drei FPÖ-Politiker nach dem Mediengesetz verurteilt worden. Den Politikern war die Teilnahme an einem Begräbnis vorgeworfen worden, sie sollen ein SS-Lied gesungen haben. Nach Ansicht des Richters wurde mit mehreren Artikeln der Tatbestand der üblen Nachrede erfüllt. Die Kläger bekamen eine Entschädigung von insgesamt 20.250 Euro zugesprochen.
Die FPÖ-Nationalratsabgeordneten Harald Stefan und Martin Graf sowie der freiheitliche Klubdirektor Norbert Nemeth hatten sich gegen die mediale Berichterstattung zur Wehr gesetzt, die ihr Rechtsvertreter, der aus Landeck stammende Rechtsanwalt Christoph Völk, als "infam und rufmörderisch" bezeichnete. Für den Standard-Anwalt Michael Pilz wurde hingegen „ein wahrer Sachverhalt berichtet“. Er meldete gegen das Urteil volle Berufung an. Völk gab vorerst keine Erklärung ab. Das Urteil ist damit nicht rechtskräftig.
Lied in verschiedenen Versionen
Ausgangspunkt war ein Begräbnis eines langjährigen Burschenschafters der "Olympia", der im September 2024 auf einem Wiener Friedhof zu Grabe getragen wurde. Dabei wurde auf dessen Wunsch hin das Lied "Wenn alle untreu werden" intoniert. Ein Video davon wurde dem Standard zugespielt, der in weiterer Folge berichtete, die bei der Trauerfeier anwesenden FPÖ-Politiker Graf, Stefan und Nemeth hätten sich nicht entfernt, obwohl am offenen Grab das sogenannte SS-Treuelied gesungen worden sei.
Stefan und Nemeth (Martin Graf war bei der Verhandlung krankheitsbedingt) betonten in ihren Zeugenbefragungen, bei dem von Max Schenkendorf ursprünglich als Gedicht verfassten Lied handle es sich um ein über 200 Jahre altes Volks- und Studentenlied. Dieses sei nach dem Untergang des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation verfasst worden. Man habe seinerzeit damit der Niederlage gegen Napoleon und dem Untergang des Kaiserreichs 1805/1806 "nachgetrauert". Für sie habe das Lied keinen Bezug zum Nationalsozialismus und zur SS, die das Lied für sich reklamiert und „missbräuchlich" abgeändert hätte.
Ziemlich beste Feinde
Das Verhältnis zwischen FPÖ und dem Standard kann als schwierig bezeichnet werden. Erst kürzlich bezeichnete der Wiener Freiheitlichen-Chef Dominik Nepp auf „X“ die lachsrosa Zeitung als „Scheißblatt“, mit der es in fünf guten Jahren unter FPÖ-Führung wohl vorbei sei. (TT, APA)