Ab Freitag im Kino

Berlinale-Aufreger „No Other Land“: Das Leben hinter den Horrormeldungen

Ratlose Filmemacher: Basel Adra und Yuval Abraham drehten „No Other Land“ gemeinsam.
© Polyfilm

Im mehrfach ausgezeichneten Dokumentarfilm „No Other Land“ geht es um einen Ort im Westjordanland, der von der israelischen Armee zum Militärübungsplatz erklärt wurde.

Innsbruck – Die Region Masafer Jatta südlich von Hebron im Westjordanland wurde in den 1980er-Jahren von der israelischen Armee zum Militärübungsplatz erklärt. „No Other Land“ ist die Geschichte des Orts, der seit Jahrzehnten die israelische Politik, aber auch Gerichte und internationale Diplomatie beschäftigt. Am Freitag startet er in den österreichischen Kinos.

Trailer: „No Other Land“

2022 bestätigte das Oberste Gericht Israels den Abriss palästinensischer Dörfer mit etwa 1000 Bewohnern. Das sind die dürren Fakten. „No Other Land“ wurde von einem palästinensisch-israelischen Team gedreht. Der Film zeigt die Geschichte sehr emotional aus dem Blickwinkel der palästinensischen Bewohner.

Die ersten Bilder stammen von 2019. Basel Adra hat sie gefilmt, ein junger Mann aus Masafer Jatta: Verzweifelte Frauen retten hektisch ihr Hab und Gut aus einem flachen Bungalow, bevor ein Bulldozer den Bau zermalmt. Soldaten bewachen die Baustelle. Palästinensische Familien suchen Unterschlupf in einer Höhle. „Wenn ich sehe, was passiert, werde ich so wütend, dass ich Steine werfen möchte“, sagt Adras Vater. „Aber ich halte mich zurück.“

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Der israelische Journalist Yuval Abraham kommt nach Masafer Yatta. Er will über das Vorgehen der Armee berichten. Er spricht von einem „Verbrechen“. Was ihn das alles angehe, fragt ihn ein Soldat. „Weil das alles in meinem Namen passiert“, antwortet er.

Das Grauen wiederholt sich

Adra und Abraham freunden sich an. Gemeinsam wollen sie einen Film über Masafer Jatta drehen. Die immergleichen Szenen wiederholen sich: Bulldozer, Zerstörung, Soldaten, heimlicher Wiederaufbau der Häuser, Proteste, Verhaftungen. Immer wieder sieht man die Filmemacher im leisen Gespräch, rauchend, ratlos.

Ende 2024 wurde „No Other Land“ mit dem Europäischen Filmpreis ausgezeichnet. Davor wurde der Film bereits bei der Berlinale prämiert. Aber das ging fast in der Aufregung nach der Preisverleihung unter. Auf der Bühne äußerten mehrere Filmemacher Kritik an Israel, die als einseitig und antisemitisch kritisiert wurde. Der Zentralrat der Juden sprach von „ideologischer Hetze“. Die Gewalt gegen Israelis, insbesondere der Terror der Hamas wurde bei der Veranstaltung kaum erwähnt.

Klar verteilte Rollen

Der Vorwurf des Antisemitismus traf auch Yuval Abraham, der bei der Verleihung von einer „Situation der Apartheid“ zwischen Israelis und Palästinensern gesprochen hatte. Er wies die Vorhaltungen zurück, zumal Mitglieder der Familie seines Großvaters im Holocaust ermordet worden seien.

Ob sich der Streit zum Kinostart wiederholt? „No Other Land“ beleuchtet den Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern nur aus einer Perspektive. Die Rollen sind klar verteilt. Einblick in eine Welt, die in journalistischer Darstellung oft abstrakt bliebt, ermöglicht der Film allerdings. (APA)

No Other Land. Palästinensische Autonomie­­gebiete/Norwegen 2024. 92 Minuten. Regie und Buch: Yuval Abraham, Basel Adra; Kamera: Rachel Szor; Mitwirkende: Yuval Abraham, Basel Adra, Hamdan Ballal