„Ein Grollen und es bebt“

Bebenserie in Santorin zermürbt jene, die geblieben sind

Gemeindebedienstete auf Santorin sperren schmale Gassen ab, damit sich Touristen fernhalten.
© AFP

Santorin bebt weiter. Zwei Drittel der Inselbewohner sind bereits aufs Festland geflohen. Andere bleiben – aus Angst vor Plünderern.

Athen – Es ist ein Grollen, das tief aus der Erde dringt und Ur-Ängste weckt. „Wenn es so dröhnt, dann weißt du, gleich bebt es – aber du weißt nicht, wie stark“, sagt Vangelis Beltzenitis. Als ermüdend und nervtötend beschreibt der 55 Jahre alte Fotograf die Situation. In der Region der Vulkan-Insel Santorini bebt es seit knapp zwei Wochen in kurzen Abständen, manchmal sogar im Minutentakt.

Immerhin ist Beltzenitis selbst ruhiger, seit er seine Frau und seine beiden Kinder zur Familie aufs Festland geschickt hat. „Unser Haus ist erst acht Jahre alt, wir haben es selbst gebaut und sämtliche Erdbebenvorkehrungen getroffen.“ Dennoch: Was, wenn seinem acht Monate alten Baby auch nur ein Stück Putz auf den Kopf fällt? „In so einer Situation riskiert man nichts.“

Tausende Inselbewohner – vor allem Frauen, Kinder und Alte – sind in den vergangenen Tagen aufs Festland geflohen. Aber viele Männer bleiben. Warum? „Es ist nicht so, dass man konstant in Panik lebt“, erklärt Beltzenitis am Telefon auf die Frage nach seinem aktuellen Alltag. Es sei einfach anstrengend: „Du sitzt abends auf dem Sofa und willst entspannen, schon kommt wieder ein Grollen und es bebt.“ Viele Einwohner wollten ihr Hab und Gut nicht alleine lassen. „Wenn wir alle gehen, beginnt es mit den Plünderungen.“ Schon jetzt patrouilliert die Polizei verstärkt in den leeren Gassen der Ortschaften.

Weil niemand die Dauer des Phänomens oder auch die Stärke eines möglichen Hauptbebens vorhersagen kann, ist die psychische Belastung groß. „Am schlimmsten wäre ein Vulkanausbruch – das wäre dann eine ganz andere Hausnummer“, sagt Beltzenitis. Sorgen machen die Menschen sich aber auch um den Tourismus, falls die Beben andauern sollten.

Wie es weitergeht, wissen auch Geologen und Seismologen nicht. Folgende Varianten werden derzeit von ihnen diskutiert:

  • Schweres Beben: Es ereignet sich ein Hauptbeben der Stärke 6 und mehr, wodurch sich die aufgebaute Spannung abbaut und langsam, aber sicher Ruhe einkehrt.
  • Langsames Ausklingen: Die Erdbebenserie dauert wochen- oder sogar monatelang an und klingt irgendwann einfach langsam ab.
  • Katastrophe: Die Erdbebenserie mündet in einen gewaltigen Stoß der Stärke 7 und mehr – die Folge wären Tsunamis, schwere Schäden und höchstwahrscheinlich auch Tote.
  • Vulkanausbrüche: Die ständigen Erdbeben wecken die zwei großen Vulkane der Region und es kommt zu Vulkanausbrüchen. Die Auswirkungen hängen dann davon ab, wie stark solch ein Ausbruch wäre. (TT, dpa)

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