Kultur Österreich

Kabarettist Sarsam legt Fokus auf das, "was Freude bereitet"

Omar Sarsam setzt auf das, was Freude macht
© APA

Er ist vielleicht der lustigste Kinderarzt Österreichs: Omar Sarsam sorgt seit bald zehn Jahren für Lacher, die nicht selten einen medizinischen Hintergrund haben. Am 25. Februar bringt der "Salzburger Stier"-Preisträger von 2022 im Wiener Stadtsaal sein neuestes Soloprogramm "Stimmt" zur Premiere. Zuvor sprach der Kinderchirurg und Kabarettist mit der APA über Disziplin, Optimismus und Erfolg.

APA: "Stimmt" ist Ihr viertes Soloprogramm. Geht Ihnen das Konzipieren und Schreiben mittlerweile leichter von der Hand als zum Beginn Ihrer Karriere?

Omar Sarsam: Zum Glück, ja! Diese existenzielle Panik, dass es niemals funktionieren wird, es noch niemals funktioniert hat und alles nur auf einem glücklichen Zufall beruht, ist zwar noch da, aber nicht mehr so ausgeprägt. Mit der Erfahrung der letzten Male, bin ich draufgekommen: Die Premiere ist zwar eine Premiere, aber auch der Beginn einer Entwicklung. Das Programm darf sich mit dem Publikum, mit der Zeit und mit mir verändern.

APA: Wie beginnt es üblicherweise, was ist der initiale Funke?

Sarsam: Das klingt jetzt gar nicht romantisch, aber es ist diszipliniertes Mitschreiben lustiger Situationen. Wenn ich das nicht mache, gehen viele Ideen verloren. Die muss ich nach Möglichkeit in der Situation gleich aufschreiben. Was ich nicht kann: Am Schreibtisch sitzen und aus Nichts etwas Lustiges schreiben. Oft ist es so, dass in jenen Situationen, in denen ich gar keine Zeit habe, sich dieser lustige, humorige, verspielte, kindliche Gedanke aufdrängt. Dann muss ich die Buchhaltung leider kurz zur Seite legen. (lacht)

APA: "Stimmt" hat der Beschreibung nach einen positiven Zugang zu unserer Welt und wie sie sich darstellt. Warum ist Ihnen dieser optimistische Blick ein Anliegen?

Sarsam: Ich habe medizinberuflich immer wieder mit Menschen zu tun, die sich mit ihrer Krankheit beschäftigen müssen. Und ich habe, auch an mir selber, beobachtet: Sobald man nicht mehr völlige Gesundheit verspürt, beschäftigt man sich teilweise mit 100 Prozent seiner Ressourcen mit der Krankheit, vergisst dabei aber, dass man einen eigentlich zu 98,5 Prozent fantastisch funktionierenden Körper hat. Es hilft für jeden Heilungsprozess, das, was funktioniert, hervorzuheben. Deswegen sehe ich es als meine Aufgabe, meinen Fokus und den des Publikums darauf zu lenken, was Freude bereitet und was funktioniert. Vielleicht wird so nicht die ganze Welt, aber einer jeden und eines jeden Wirkungsbereich ein kleines bisschen besser.

APA: Ist es aus kabarettistischer Sicht schwieriger, sich dem zu widmen? Über Fehler zu lachen scheint vielleicht einfacher...

Sarsam: Ich lache trotzdem über Fehler. Es heißt ja auch nicht, dass ich auf keinen Fall in meinem Programm etwas beleuchte, was nicht auch deppert ist oder schlecht. Aber der Fokus, die Sichtweise ist eine, die sehr viel verändert. Wir kennen von unseren Großeltern vielleicht diese Aussage: Früher war alles besser. Das sagen wir jetzt auch: Mein Gott, wie schön war Corona. (lacht) Es gibt dann noch einen Wechsel der Betrachtungsweise, auf den ich mich sehr freue im Programm.

APA: Die Musik und Ihre Loopstation werden wohl wieder eine große Rolle spielen. Wie hat sich denn das Musikalische verändert im Laufe der Zeit?

Sarsam: Die Gitarre ist keine Gitarre mehr. Hätte ich wieder eine genommen, hätte ich Lieder geschrieben, die genau gleich klingen, weil mein Gehirn keine neuen Wege gehen muss. Deswegen wollte ich mir eine gewisse Schwierigkeit einbauen. Somit fehlt dieser Gitarre eine Saite. Ich dachte: Fünf Finger, fünf Saiten. Das war teils eine gute Entscheidung, teils ist sie sehr anders zu spielen. Und die Loopstation kommt auch wieder, so wie das Klavier. Neu ist, dass ich teilweise alle Instrumente in ein Lied hineinpacke.

APA: Bleibt es dadurch frisch?

Sarsam: Mach es dir nicht zu leicht. Die Komfortzone ist schon ein Thema. Wenn man die Komfortzone nicht verlässt, hat man ein bequemeres Instrument. Ich könnte auch ein Programm schreiben, das dem letzten sehr ähnlich ist. Aber ich wollte mich schon auch trauen, neue Wege zu gehen, die mir jetzt schon Freude bereiten.

APA: Wie eng ist Ihre medizinische Tätigkeit nach wie vor mit der humoristischen verbunden? Stört Sie das Label "Lustiger Arzt"?

Sarsam: Der lustige Arzt bin ich gar nicht. Ich versuche auf der Bühne ja wirklich, ich selbst zu sein. Ich habe das große Glück, dass es mir riesengroße Freude bereitet, wenn Menschen über etwas lachen können, was ich sag', über das, was ich tue, über das, was ich bin. In der Medizin ist es gar nicht so anders. Das Label habe ich außer jetzt gerade nie so gespürt und finde, es ist eigentlich ein sehr nettes Label. Es ist viel besser als der Trottelarzt. (lacht)

APA: Das Publikum ist essenzieller Bestandteil eines gelungenen Kabarettabends. Gab es für Sie auch Auftritte, bei denen Sie Menschen gar nicht erreicht haben?

Sarsam: Ja, ich erinnere mich ganz genau: Es war in der Stadthalle, Halle F, mit einer Kapazität von knapp 2.000 Leuten. Ich spiele die Nummer, und es kommt nichts zurück. Nichts! Das lag daran, dass es eine Aufzeichnung war während Covid, und es war niemand im Publikum. Das war für mich ein Schlüsselmoment. Humor, der auf der Bühne passiert, ist in Wirklichkeit kein Monolog, sondern ein Dialog. Es ist Kommunikation mit dem Publikum. Deswegen können wir auch Abende spielen, die inhaltlich das gleiche Programm sind, ohne dass uns nach drei Jahren langweilig wird.

Und nein, da bin ich wahrscheinlich zu selbstkritisch, es ist nicht das Publikum schuld. Das Publikum erlebt unterschiedliche Dinge: Nachrichten, Schlagzeilen, die vielleicht alle kurz davor gelesen haben. Dann ist es meine Aufgabe, die mir manchmal besser, manchmal schlechter gelingt, diese Stimmung zu nehmen und zu schauen, was heute dran ist. Wie kann ich mein Instrument, mein Programm für den heutigen Abend nützen? Laufen die Wege ein Stückchen weiter, oder gehe ich heute das Waldwegerl statt der Hauptstraße? Je weniger ich versuche, meinen Monolog durchzupeitschen und je mehr ich der Stimmung des Publikums zuhöre, desto leichter ist es.

APA: Sie sind etwa mit dem "Salzburger Stier" ausgezeichnet worden, sind an verschiedenen TV-Formaten beteiligt, geben ausverkaufte Auftritte. Wie bemessen Sie für sich selbst Erfolg?

Sarsam: Das ist eine gute Frage. Ich habe mich über den "Salzburger Stier" wirklich gefreut, weil es das erste Mal war, dass mir mit diesem Preis kommuniziert wurde: Hey, das ist okay, was du machst. Aber den Erfolg des Kabaretts bemesse ich an: Schaffe ich es, an einem Abend selber glücklich nach Hause zu gehen, und schaffe ich es, dass das Publikum glücklich nach Hause geht? Und schaffe ich es, etwas Gutes zu tun, indem ich ein paar Minuten des Programms einem wichtigen Zweck widme wie zum Beispiel der St. Anna Kinderkrebs-Forschung. Also dem Publikum kommuniziere: Wir haben für uns was Gutes getan, wenn Sie Lust haben, können Sie auch für andere was Gutes tun und die meiner Meinung nach wichtigste Forschung der Welt unterstützen. Das ist eigentlich der mit Abstand größte Erfolg, wenn nebenbei noch richtig gute Forschung passiert. War das gut beantwortet?

APA: Ich finde schon.

Sarsam: Okay!

(Das Gespräch führte Christoph Griessner/APA)