Kreml jubelt über Äußerungen

Trump nennt Selenskyj „Diktator ohne Wahlen“: Das ist der Auslöser für den Konflikt

Nicht gut Kirschen essen: Trump und Selenskyj sind sich uneins.
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Weil eine Vereinbarung über seltene Erden nicht zustande kommt, hängt der Haussegen zwischen den USA und dem US-Schützling Ukraine schief. Neuwahlen seien laut Trump in der Ukraine bereits überfällig. Der Kreml wiederum stimmt den jüngsten Äußerungen Trumps „vollständig“ zu.

Washington/Kiew - Die ukrainische Regierung ist trotz der heftigen Anwürfe von US-Präsident Donald Trump bemüht, die Beziehungen nach Washington möglichst intakt zu halten. Der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj hielt sich am Abend in seiner Videoansprache an den Ratschlag von US-Vizepräsident J.D. Vance, Trump nicht zu widersprechen und legte im Streit nicht noch einmal nach. Kiew sei weiter an guten Beziehungen zu Washington interessiert, machte er deutlich. Dafür teilte Trump weiter gegen den ukrainischen Präsidenten aus und monierte den angeblichen Bruch einer Vereinbarung zu Rohstoffen.

„Wir hatten eine Vereinbarung über seltene Erden und andere Dinge, aber sie haben diese Vereinbarung gebrochen. (...) Sie haben sie vor zwei Tagen gebrochen“, sagte Trump bei einer Veranstaltung in Miami. Zuvor hatte er sich zuvor darüber beschwert, dass Europa bei der Unterstützung der - auf westliche Hilfe angewiesenen - Ukraine besser wegkomme als die USA. Trump knüpft die Hilfe der USA an den Zugang zu seltenen Erden aus der Ukraine, deren Ausbeutung wirtschaftlich lukrativ und strategisch bedeutsam ist.

Wir hatten eine Vereinbarung über seltene Erden und andere Dinge, aber sie haben diese Vereinbarung gebrochen. (...) Sie haben sie vor zwei Tagen gebrochen.
Donald Trump, US-Präsident

Über die Reise seines Finanzministers in die Ukraine vergangene Woche sagte Trump, Scott Bessent sei dort „ziemlich unhöflich“ behandelt worden: „Er reiste viele Stunden mit dem Zug, was eine gefährliche Reise ist.“ Letztlich habe sich Bessent dort ein „Nein“ abgeholt und sei mit leeren Händen zurückgekommen. Selenskyj habe keine Zeit für den Finanzminister gehabt, sagte Trump.

Vor einigen Wochen hatte der US-Präsident in einem Interview erzählt: „Ich habe ihnen gesagt, dass ich das Äquivalent von 500 Milliarden Dollar an seltenen Erden haben möchte.“ Selenskyj bezeichnete diese Forderung als „unseriös“ und betonte: „Wir sind bereit für ein ernsthaftes Dokument, aber wir brauchen Sicherheitsgarantien.“ An einem Vertrag, der unter anderem einen Zugriff der USA auf ukrainische Rohstoffe vorsieht, werde weiter gearbeitet.

Selenskyj und Bessent kamen auf keinen grünen Zweig.
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Selenskyj strebt konstruktive Beziehungen zu USA an

Am Donnerstag sei ein Treffen mit dem US-Sondergesandten Keith Kellogg geplant, sagte Selenskyj. „Für uns ist sehr wichtig, dass dieses Treffen und die Arbeit mit Amerika insgesamt konstruktiv ist“, stellte er klar. Nur so könne ein stabiler Frieden für die Ukraine gewährleistet werden.

Es handle sich um einen Krieg, „den wir in der Ukraine seit der ersten Sekunde beenden wollen“, betonte Selenskyj in seiner Videoansprache. Die Äußerung kann als Widerspruch zur Anschuldigung Trumps gewertet werden, der zuletzt der ukrainischen Führung die Verantwortung für den Krieg zuschob. Allerdings nannte Selenskyj den Namen des US-Präsidenten nicht.

Zuletzt waren massive Spannungen im Verhältnis zwischen Kiew und Washington offen zutage getreten. Die ukrainische Führung zeigte sich verärgert darüber, dass sie von den Verhandlungen zwischen Washington und Moskau über die Zukunft der Ukraine ausgeschlossen wurde. Trump wiederum reagierte mit schweren Anschuldigungen auf die Kritik, nannte Selenskyj einen Diktator und bezeichnete Neuwahlen in der Ukraine als überfällig. Selenskyj warf Trump daraufhin sinngemäß vor, ein Opfer russischer Desinformation zu sein.

Trump: Russen haben „die Karten in der Hand“

Auf Kritik der Ukraine, nicht eingeladen worden zu sein zum jüngsten Treffen zwischen Unterhändlern der USA und Russlands in Saudi-Arabien, entgegnete Trump mit Blick auf Selenskyj: „Er hätte kommen können, wenn er gewollt hätte.“ Gleichzeitig verhandelten die USA mit Russland „erfolgreich“ über ein Ende des Krieges.

Angesichts der Lage auf dem Schlachtfeld habe Russland den Ukrainern gegenüber einen Vorteil, sagte Trump. „Sie haben ein bisschen die Karten in der Hand, weil sie viel Gebiet eingenommen haben.“ Kremlchef Wladimir Putin hatte zuletzt vor dem Hintergrund möglicher Gespräche über ein Ende des Ukraine-Kriegs angebliche neue militärische Erfolge verkündet und gesagt, die russische Armee sei an der gesamten Front auf dem Vormarsch.

In Moskau stieß der Konflikt zwischen den einstigen Partnern auf große Freude und wurde genutzt, um weiteres Öl ins Feuer zu gießen. Ex-Präsident Dmitri Medwedew gab Trump in einem auf Englisch gehalten Blogeintrag auf der Plattform X „zu 200 Prozent recht“ mit der Einstufung Selenskyjs als Diktator. Putin sagte bei einem Auftritt in St. Petersburg, die europäischen Partner hätten sich im US-Wahlkampf eindeutig gegen Trump positioniert und ihn sogar beleidigt. Russland habe sich hingegen nie zu einer Einmischung in den Wahlkampf hinreißen lassen, behauptete er.

Nach der Kehrtwende der USA in ihrer Ukraine-Politik haben zahlreiche westliche Verbündete dem angegriffenen Land weitere Unterstützung zugesagt. „Wir stehen an der Seite der Ukraine und werden alle unsere Verantwortlichkeiten wahrnehmen, um Frieden und Sicherheit in Europa zu gewährleisten“, sagte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron nach einer informellen Videoschalte, bei der neben Frankreich 19 europäische Länder und Kanada vertreten waren. Zuvor hatte er mit Selenskyj telefoniert.

Kreml stimmt mit US-Position überein

Am Donnerstagvormittag meldet sich auch der Kreml zu Wort. „Wir stimmen vollständig mit der amerikanischen Regierung überein“, erklärte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Donnerstag. Die Position der amtierenden Regierung in Washington sei „für uns günstiger als die der vorherigen“, sagte Peskow. Trump sieht Russland bei Verhandlungen zum Kriegsende in der Ukraine im Vorteil. „Ich denke, die Russen wollen, dass der Krieg endet“, sagte Trump am Mittwoch vor Reportern im Präsidentenflugzeug Air Force One. „Aber ich denke, sie haben ein bisschen die Karten in der Hand, weil sie viele Gebiete eingenommen haben, also haben sie die Karten in der Hand“, sagte er. Russland rückt nach eigenen Angaben an allen Fronten voran.

Trump will baldiges Treffen mit Putin

Trump stellte am Dienstag zudem ein baldiges Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in Aussicht. Er werde sich „wahrscheinlich“ noch vor Ende des Monats mit dem Kreml-Chef treffen. Nach den Gesprächen in Riad sei er „sehr zuversichtlich“, sagte der Rechtspopulist. (APA)

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