Kritik und Appelle: Das sind die Reaktionen der NGOs auf das Regierungsprogramm
Gleichzeitig Lob und Kritik gibt es von verschiedenen Organisationen zum Regierungsprogramm. Die Caritas etwa sieht „wichtige Signale“, die Volkshilfe begrüßt die Kindergrundsicherung, der Samariterbund forderte, Österreich zukunftsfit zu machen.
Wien – Nach der Vorstellung des Regierungsprogramms von ÖVP, SPÖ und NEOS haben sich verschiedene Organisationen mit Kritik und Appellen an die künftige Bundesregierung gewandt. Vor allem im Bereich der Pflege und Betreuung fordern etwa die Volkshilfe und der Samariterbund Klarheit und Zukunftstauglichkeit. Die Caritas ortet Unklarheiten bei der Finanzierung der Koalitionsvorhaben.
Caritas „erleichtert“, aber auch Kritik
Caritas-Generalsekretärin Anna Parr zeigte sich über das Zusammenkommen der Bundesregierung in einer Aussendung „erleichtert“. Bei der Pflege und Betreuung zeige sich ein grundlegendes Verständnis für die Herausforderungen; auch in den Bereichen der Armutsbekämpfung, der Migration und Integration und der internationalen Zusammenarbeit gebe es positive Signale.
„Aktuell bleibt offen, wie die langfristige Finanzierung all dieser Maßnahmen sichergestellt werden soll“, so Parr. Das Aussetzen des Familiennachzugs kritisierte der Wiener Caritasdirektor Klaus Schwertner. „Familienzusammenführungen haben nachweislich integrationsfördernde Wirkung“, erklärte Schwertner. Aus seiner Sicht sei dieses Vorhaben gesetzlich kaum umsetzbar.
Volkshilfe erfreut über Kindergrundsicherung
Auch Erich Fenninger, Direktor der Volkshilfe, zeigte sich in einer Aussendung erfreut über das Zustandekommen der Regierung und über die Einigung auf eine Kindergrundsicherung. Im Bereich der Pflege und Betreuung brauche es mehr Details und die Einbeziehung aller relevanten Stakeholder, forderte Fenninger.
Auch bei Änderungen zur Sozialhilfe sei abzuwarten, ob es Verbesserungen gebe, vulnerable Gruppen dürften „nicht unter die Räder kommen“, erklärte Fenninger.
Samariterbund fordert, Österreich zukunftsfit zu machen
Mit einem „eindringlichen Appell“ wendete sich der Samariterbund-Bundesgeschäftsführer Reinhard Hundsmüller in einer Aussendung an die künftige Regierung. „Österreich kann sich keinen Stillstand mehr leisten“, sagt er. Es brauche eine Regierung, die drängende Fragen in Angriff nehme. Österreich müsse etwa durch Aufbau von Pflege, Stärkung der Katastrophenhilfe und einer Befugniserweiterung im Rettungswesen zukunftsfit gemacht werden.
Der Österreichische Gesundheits- und Krankenpflegeverband (ÖGKV) appellierte in einer Aussendung, die formulierten Maßnahmen rasch umzusetzen. „Die Pflege und das gesamte Gesundheitssystem stehen vor großen Herausforderungen“, sagt ÖGKV-Präsidentin Elisabeth Potzmann.
Den temporären Stopp des Familiennachzugs sieht Christoph Pinter, Leiter des UN-Flüchtlingshilfswerks kritisch: „Die ständige Sorge um Kinder, Mutter oder Vater macht es ungleich schwerer, sich darauf zu konzentrieren, Deutsch zu lernen oder einen Job zu finden.“ Die Stärkung der Integrationsmaßnahmen für Geflüchtete dürfen nicht durch Restriktionen in anderen Bereichen verwässert werden, so Pinter."Menschenrechte ins Zentrum der Politik stellen“ forderte Shoura Hashemi, Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich in einer Aussendung. Die Aussetzung des Familiennachzugs sehe man äußerst kritisch, da dies gegen Menschenrechte verstoße.
Seniorenrat: KV-Beitragserhöhung „unsozial“
Als „unsozial“ bezeichneten die Präsidenten des Seniorenrats Peter Kostelka und Ingrid Korosec die geplanten KV-Beitragserhöhungen für Pensionistinnen und Pensionisten in einer Aussendung. Die Verteuerung von nahezu 20 Prozent bedeute ein „starkes Stück“.
Positiv wertete SOS-Kinderdorf-Geschäftsführer, Christian Moser, die „umfangreichen Maßnahmen“ der Regierung zur Eindämmung von Kinderarmut. Weniger erfreut zeigte er sich in einer Aussendung zum Bereich Bildung: „Gerade ein progressiver kinderrechtlicher Ansatz fehlt hier weitgehend“, so Moser.
Der Rat der Kärntner Slowenen begrüßte in einer Aussendung die Erwähnung der autochthonen Minderheiten in Österreich. Diese sei zwar kurz, wichtig sei jedoch vor allem die Umsetzung der Versprechen, besonders im Bildungsbereich, in dem die Minderheit in der Vergangenheit den größten Schaden genommen habe.
Gemeindebund will eingebunden werden
Gemeindebund-Präsident Johannes Pressl begrüßte das Zustandekommen der Koalition. „Seitens der Gemeinden stehen wir für dringend notwendige Reformvorhaben in unserem Land bereit“, erklärte Pressl. Sobald die Ministerien besetzt sind, werde der Gemeindebund das Gespräch mit den Mitgliedern der Bundesregierung suchen. Viele Gemeinden stünden finanziell mit dem Rücken zur Wand, erinnerte Pressl. (APA)