Bundesregierung angelobt: Christian Stocker ist Österreichs neuer Kanzler
Nach 155 Tagen war es heute so weit: Christian Stocker wurde am Montagvormittag von Bundespräsident Alexander Van der Bellen angelobt. Der ÖVP-Obmann leitet die erste aus Volkspartei, SPÖ und Neos gebildete Bundesregierung. Sie umfasst 14 Mitglieder.
Wien – An Tag 155 nach der Nationalratswahl war es am Montag so weit: Um 11 Uhr gelobte Bundespräsident Alexander Van der Bellen die Mitglieder der künftigen türkis-rot-pinken Bundesregierung an.
14 MinisterInnen, sieben Staatssekretariate
Christian Stocker (ÖVP) ist in der Wiener Hofburg von Bundespräsident Alexander Van der Bellen als Bundeskanzler angelobt worden. Der ÖVP-Obmann leitet die erste aus Volkspartei, SPÖ und NEOS gebildete Bundesregierung. Sie hat 14 Mitglieder, dazu gibt es sieben Staatssekretariate.
Kein Neuland war die Angelobung für Innenminister Gerhard Karner, Verteidigungsministerin Klaudia Tanner und Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (alle ÖVP), die in derselben Funktion schon in der schwarz-grünen Koalition vertreten waren. Die bisherige Staatssekretärin Claudia Plakolm (ÖVP) rückt in ein Ministeramt auf. Den umgekehrten Weg geht der frühere Verkehrsminister Jörg Leichtfried (SPÖ), der nun Staatssekretär (im Innenministerium) wird.
Alle drei Parteivorsitzenden – neben Stocker auch der neue Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ) und Neo-Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (NEOS) – gehören erstmals einer Bundesregierung an.
Anregungen des Bundespräsidenten
Bundespräsident Van der Bellen zeigte sich „sehr froh“, dass in den Verhandlungen alle über ihren Schatten gesprungen seien. Stur zu bleiben sei sicher manchmal verlockend gewesen: „Aber stur sein macht noch keine Regierung.“
Der Regierung gab er mit, dass diese Wirtschaft, aber auch Sozialstaat unterstützen müsse. Zudem müsse der Friede in Österreich und Europa strategisch abgesichert werden. Als eine der größten Bedrohungen der Zeit nannte er den „Klimawandel“, dessen Bekämpfung keinen Aufschub dulde. „Vernünftige“ Regelungen will der Präsident in Sachen Migration und Integration. Ferner brauche es eine Stärkung der liberalen Demokratie, die von Populismus und Fake News bedroht sei. Der Regierung wünschte er bei diesen Aufgaben eine „glückliche Hand“.
📽️ Video | Angelobung der neuen Bundesregierung
Übergangsregierung ihrer Aufgaben enthoben
Vor der Angelobung waren noch (in Abwesenheit) die bisherigen Regierungsmitglieder ihrer Aufgaben enthoben worden. Van der Bellen hatte sich über das Wochenende in persönlichen Gesprächen ein Bild von den neuen Regierungsmitgliedern gemacht und diese offenkundig für amtstauglich befunden.
Die Regierung schritt dann am Montag etwa 20 Minuten vor 11 Uhr gemeinsam über den Ballhausplatz zur Angelobung. Dort wurden Minister und Staatssekretäre in der Präsidentschaftskanzlei – wie bei diesem Anlass üblich – bereits von Familienmitgliedern erwartet, die der Zeremonie beiwohnten.
Stocker als Erster an der Reihe
Protokollgemäß als Erster angelobt wurde der Bundeskanzler. Im Amt war Stocker mit der Unterzeichnung der so genannten Bestallungsurkunde, also des Ernennungsdekrets, und der Angelobungsurkunde durch Van der Bellen und den VP-Chef selbst. Im Anschluss wurde das Prozedere bei den übrigen Regierungsmitgliedern durchgeführt. Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) versah als einzige das Gelöbnis mit dem Zusatz: „so wahr mir Gott helfe“.
Im Anschluss wurde noch rund eine Stunde bei einem kleinen Empfang mit den Angehörigen gefeiert. Beim gemeinsamen Gang zurück ins Bundeskanzleramt wurden die Regierungsmitglieder von Parolen gegen den Lobau-Tunnel und eine restriktive Flüchtlingspolitik empfangen. Einige Dutzende Gegner der Regierungspläne hatten sich beim Ballhausplatz zu einer kleinen Protestaktion eingefunden.
Für den Bundespräsidenten selbst war es ein Routine-Akt. Seit Van der Bellen Bundespräsident ist, hat er mit dem heutigen Tag 155 Mal Ministerinnen oder Minister sowie 21 Mal Staatssekretärinnen bzw. Staatssekretäre angelobt.
Nächste Angelobungen stehen bevor
Diese Zahl wird sich schon bald erhöhen. Denn nach einer Änderung des Bundesministeriengesetzes, die schon bald erfolgen wird, müssen jene Regierungsmitglieder, deren Zuständigkeiten sich noch ändern, auf ihre neuen Aufgaben angelobt werden.
Aktuell übernehmen sie nur die Agenden ihrer Vorgänger und da ÖVP, SPÖ und NEOS diverse Zuständigkeiten anderen Ressorts als bisher zugeordnet haben, muss es zu einem entsprechenden Gesetzesbeschluss kommen. So werden etwa noch die Arbeitsagenden aus dem Wirtschaftsressort herausgelöst und dem Sozialministerium überantwortet. Die künftige Frauenministerin Eva Maria Holzleitner (SPÖ) sowie die u.a. für Familien zuständige Kanzleramtsministerin Plakolm wurden am Montag überhaupt erst als Ministerinnen ohne Portefeuille angelobt. (APA, TT.com)
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