Besser spät als nie

Frau Magistra wird Lehrling und startet durch

Caroline hat einen Magisterabschluss in Geschichte und Kunstgeschichte.
© Axel Springer

Caroline hat eigentlich einen adakemischen Abschluss. Nun hat sie sich entschlossen, eine Ausbildung als Metallbearbeiterin zu absolvieren.

Die Atmosphäre in der Werkshalle des Ausbildungszentrums Metall des BFI Tirol in Wattens lässt sich am besten durch die gelassene Betriebsamkeit beschreiben. An die 20 Lehrlinge stehen an den verschiedenen Maschinen. Mitten drin arbeitet Caroline konzentriert an einem Werkstück, das einmal ein Teil einer Prüfarbeit werden soll. Die 54-Jährige hat einen ungewöhnlichen Karriereschritt gewagt. Als studierte Historikerin mit einem Magister der Philosophie in der Tasche und nach einer jahrelangen Berufslaufbahn als Büroleiterin in verschiedenen Branchen hat sie sich vor einem Jahr für eine Ausbildung zur klassichen Metallbearbeiterin entschieden.

„Ich bin sehr spät Mutter geworden. Und nach der Karrenzzeit war der Wiedereinstieg recht schwierig und eigentlich hatte ich die Nase voll, ich wollte etwas anderes“, erzählt sie. Im FiT-Programm des AMS habe sie dann in verschiedene Bereiche „reingeschnuppert“. „Eigentlich wollte ich im Bereich Holz etwas machen, aber als Frau begegnet man dir in dieser Branche mit ziemlicher Skepsis“, meint sie. Also wurde es der Metallbereich. Es sei schlussendlich eine Bauchentscheidung gewesen, aber sie bereue es nicht. „Die Arbeit an der Drehmaschine hat mir sofort unglaublich viel Spaß gemacht“, erzählt Caroline. Die Arbeit mit Metall sei anspruchsvoll und erfordere Präzision und Geschick. Zudem sei sie durchaus körperlich anstrengend, aber Caroline findet es erfüllend, etwas „Greifbares“ zu schaffen. „Man kann viele tolle Sachen aus Metall machen, sowohl Gebrauchsgegenstände als auch dekorative Dinge. Es ist cool, aus diesem harten Material etwas zu schaffen“, betont sie.

Carolines Familie und Freunde haben ihre Entscheidung, eine Lehre zur Metallbearbeiterin zu machen, positiv aufgenommen. „Mein Mann hat gesagt: ‚Gut, wenn du es wirklich willst, dann machst du es.‘ Und meine Tochter hat nur gesagt: ‚Cool!‘“, erzählt sie. Auch von ihren Eltern und ihren Freunden habe sie viel Zuspruch erhalten. Zuletzt hat Caroline ein Praktikum bei einem große Industriebetrieb gemacht. „Das war durchaus herausfordernd, aber ich habe dabei vor allem auch herausgefunden, in welchem Bereich ich als Metallbearbeiterin arbeiten will und in welchem eher nicht“, so ihr Fazit.

Im Mai ist die 13-monatige Ausbildung über das AMS zu Ende. Was sie dann genau machen wird, weiß Caroline noch nicht. Es gebe da zwei Firmen, die sie sehr spannend finde. „Ich bin inzwischen draufgekommen, dass sich viele Unternehmen immer noch etwas schwertun, speziell mit einer älteren Frau. Aber ich werde mich sicher bewerben und hoffe natürlich das Beste“, meint sie. Auf die Frage, was sie persönlich aus den letzten Monaten mitgenommen habe, meint die 54-Jährige, dass sie zwar immer schon sehr organisiert gewesen sei, aber erst lernen musste, aus sich herauszugehen. „Ich bin alles andere als extrovertiert, und es war durchaus herausfordernd zu lernen, sich – wenn notwendig – auch auf die Füße zu stellen. Aber darin bin ich inzwischen schon recht gut“, meint sie lachend.

Caroline ist stolz auf ihren Weg und hofft, dass ihr Beispiel andere Frauen ermutigt, ihre Träume zu verwirklichen. „Ich glaube, es ist wichtig, dass man mutig ist und sich nicht von anderen einschüchtern lässt“, sagt Caroline . Wenn man etwas wirklich wolle, sollte man alles dafür tun, um es zu erreichen.

ABZ Metall

Das ABZ Metall des BFI Tirol steht seit Jahrzehnten für hochwertige technische Fachausbildung und zählt zu den größten und modernsten Ausbildungszentren Tirols. Die Werkstätten bieten auf 2000 Quadratmetern optimale Bedingungen für Bereiche wie Metalltechnik, Maschinenbau, Schweißtechnik, Hydraulik und Pneumatik. Neben Grundkursen gibt es in Kooperation mit dem AMS Tirol Vorbereitungskurse für den Lehrabschluss.