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ÖRK-Mitarbeiter zu Gaza: "Jegliche Hoffnung jetzt verloren"

Mit dem Auslaufen der ersten Phase der Waffenruhe im Nahen Osten verschärft sich die humanitäre Lage in Gaza dramatisch. Israel hat angekündigt, die Hilfslieferungen vorerst zu stoppen - eine Entscheidung mit potenziell tödlichen Konsequenzen für Millionen von Menschen. "Jegliche Hoffnung ist nun verloren", warnt Jürgen Högl vom Österreichischen Roten Kreuz (ÖRK) im Gespräch mit der APA. Für Millionen von Menschen im Gazastreifen könne der Hilfsstopp tödlich sein.

Högl ist derzeit im Büro der Internationalen Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften (IFRC) in Kairo stationiert und koordiniert von dort die Hilfslieferungen für Gaza. Er berichtet: "Der gesamte Gazastreifen liegt in Trümmern, die Menschen leben zwischen Schutt und Müll in katastrophalen Bedingungen. Kinder schlafen im Freien in der Kälte, mehr als 100 Kleinkinder und Babys sind erfroren. Gleichzeitig gibt es kein sauberes Wasser und kein Essen. Wenn die Hilfe jetzt gestoppt wird, verlieren hunderttausende Familien ihre letzte Hoffnung." Eine anhaltende Blockade würde viele Menschenleben fordern, warnt der erfahrene Katastrophenmanager, der zuvor über ein Jahr lang ÖRK-Einsatzteam in der Ukraine leitete.

Auch wenn die Zusammenarbeit mit der ägyptischen Regierung sehr gut funktioniere brauche es trotzdem mehr, um die Zivilbevölkerung ausreichend zu versorgen. Högl fasst zusammen: "Tausende Lkw-Ladungen liegen in den Lagerhäusern an den Grenzen zu Gaza bereit. Wir fordern, dass alle Grenzübergänge so schnell wie möglich geöffnet werden und wir unsere lebensrettende Hilfe fortsetzen können!" Denn derzeit werde jeder einzelner Lkw und jede einzelne Palette gescannt und kontrolliert. "Das kostet wertvolle Zeit", macht der Österreicher deutlich.

Neben der Blockade der Hilfslieferungen verschärft sich die Lage durch die Einschränkungen für internationale Hilfsorganisationen. "Dadurch, dass die UNRWA nur noch sehr begrenzt tätig sein kann, sind nun dem größten Hilfsakteur die Hände gebunden." Ende Jänner hatte Israel die Zusammenarbeit mit dem Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) eingestellt. Auch die nun von Trump beschlossene Einstellung der US-Entwicklungsbehörde USAID sei dramatisch. "Das wird nicht nur in Gaza, sondern weltweit katastrophale Folgen haben. Viele Regionen, die auf Hilfe angewiesen sind, werden darunter leiden."

Jene humanitäre Helfende, die noch vor Ort sind, sind massiven Risiken ausgesetzt. Seit Beginn des Krieges wurden insgesamt 300 Helfer getötet. Davon beklagt das Rote Kreuz 28 Mitarbeiter - 22 davon starben in Gaza, sechs in Israel. Die Forderungen des Roten Kreuzes sind - neben dem Schutz der humanitären Helfer - sehr deutlich. Högl formuliert: "Es braucht so bald wie möglich einen Friedensbeschluss, die bedingungslose Freilassung aller Geiseln und den ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe."

Seit Mai 2024 betreibt das Rote Kreuz ein Feldspital in Rafah, das täglich bis zu 300 Menschen behandelt. Die Verletzten leiden unter schweren Verbrennungen, Blutungen und benötigen oft Amputationen. Auch 370 Geburten wurden seitdem begleitet und fast 20.000 Menschen psychosozial betreut. Mehr als ein Drittel der Patienten und Patientinnen sind Kinder. Das Österreichische Rote Kreuz stellt eine Wasseraufbereitungsanlage für sauberes Trinkwasser bereit.