Rechtsextreme Straftaten um 23 Prozent gestiegen
Die Zahl der rechtsextremen Tathandlungen ist um fast ein Viertel gestiegen. Das zeigt eine Anfrage der SPÖ an das Innenministerium. Demnach wurden im Jahr 2023 1.208, 2024 1.486 Taten registriert. 404 davon fanden im Internet statt, 91 Prozent der Täter waren männlich. Für die SPÖ-Abgeordnete Sabine Schatz sind die Zahlen Grund zur Sorge: "Dieser Rekord-Wert muss alle demokratischen Kräfte auf den Plan rufen, jetzt auf jeder Ebene für unsere Demokratie einzustehen".
Von den unter dem Begriff rechtsextrem subsumierten Tathandlungen waren laut der Anfragebeantwortung 1.296 explizit rechtsextrem motiviert, 97 rassistisch, 59 antisemitisch und 9 islamophob. Das zeigen die Zahlen des Verfassungsschutzberichts. Statistiken dazu, wie viele Handlungen sich explizit gegen Roma und Romnja bzw. Sinti und Sintizze richteten, werden nicht geführt.
Einen deutlichen Anstieg gab es auch bei den Anzeigen nach dem Verbotsgesetz. Diese sind 2024 von 1.203 auf 1.450 gestiegen. Die Anzeigen wegen Verhetzung sind zwar von 177 im Jahr 2023 auf 156 im Vorjahr gesunken - allerdings hat es in diesem Bereich einen deutlichen Zuwachs bei den gerichtlichen Verurteilungen gegeben. Wie das Justizministerium auf APA-Anfrage bekannt gab, wurden 2024 37 Verurteilungen wegen Verhetzung erfasst. Im Jahr davor waren es 22.
Hinsichtlich nationalsozialistischer Wiederbetätigung nach § 3g Verbotsgesetz sind die Verurteilungen von 198 im Jahr 2023 auf 164 im Vorjahr gesunken, wobei es diesbezüglich noch zu Nachschärfungen kommen kann. Statistisch erfasst werden rechtskräftige Urteile, mit Jahresende dürften aber noch nicht sämtliche Verurteilungen wegen Wiederbetätigung in Rechtskraft erwachsen gewesen sein, vermutete eine Ministeriumssprecherin. Annähernd gleich geblieben sind die Verurteilungen wegen Leugnung des nationalsozialistischen Völkermords und der nationalsozialistischen Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 3h Verbotsgesetz): 2023 wurden zwölf Verurteilungen erfasst, im Jahr darauf 13.
Aus dem Innenministerium hieß es am Mittwoch gegenüber der APA, die Zuname der angezeigten Tathandlungen sei "nicht zuletzt auf die umfangreichen Ermittlungsmaßnahmen der Direktion Staatsschutz Nachrichtendienst in den letzten Jahren zurückzuführen". Mehr Ermittlungsdruck bedeute grundsätzlich eine Zunahme von angezeigten Tathandlungen, da das Dunkelfeld verringert werde. Auch die neu aufgestellten Landesämter Staatsschutz und Extremismusbekämpfung hätten dazu beigetragen, das Dunkelfeld weiter zu verringern. "Die Direktion Staatsschutz Nachrichtendienst und die Landesämter werden weiterhin mit aller Konsequenz gegen Rechtsextremismus vorgehen", betonte man im Ministerium.
Die neue Regierung aus ÖVP, SPÖ und NEOS plant die Erarbeitung eines Nationalen Aktionsplans gegen Rechtsextremismus. Auch wird im Regierungsprogramm das Bekenntnis festgehalten, jedes Jahr einen Rechtsextremismusbericht zu veröffentlichen. Erst vor wenigen Wochen wurde der Bericht von Innen- und Justizministerium sowie dem Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands (DÖW) veröffentlicht. Darin kam die FPÖ prominent vor, die daraufhin das DÖW attackierte. Auch die Überwachung von Messengerdiensten soll kommen.
"Neben dem dramatischen Anstieg an rechtsextremen Straftaten, zeigt auch die Häufung an Waffenfunden in der Szene, wie wichtig entschlossenes Handeln ist", betonte Schatz, die seit 2017 halbjährlich die Zahl rechtsextremer Straftaten abfragt. "Die Bekämpfung des Rechtsextremismus bleibt eine der größten Herausforderungen unserer Zeit."
Einen solchen Aktionsplan fordert das Mauthausen Komitee Österreich (MKÖ) seit 2013. "Dass er jetzt endlich im Regierungsprogramm steht, ist ein wichtiger Fortschritt. Aber auch ein höchst notwendiger: Unsere Befürchtung, dass der Rekord an rechtsextremen Straftaten von 2023 noch einmal übertroffen wird, hat sich leider bestätigt", so MKÖ-Vorsitzender Willi Mernyi. Entsetzt zeigte sich auch das OÖ. Netzwerk gegen Rassismus und Rechtsextremismus (Antifa-Netzwerk): "Da darf die Regierung nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Im Sinne des klaren antifaschistischen Auftrags der Bundesverfassung muss der Aktionsplan unter Einbeziehung der Zivilgesellschaft sofort ausgearbeitet und umgesetzt werden!", betonte deren Sprecher Robert Eiter.
Das DÖW reagierte am Mittwoch ebenfalls besorgt ob des "enormen Anstiegs". Mit den Plänen der neuen Regierung zur Bekämpfung des Rechtsextremismus zeigte sich Leiter Andreas Kranebitter generell zufrieden: "Es freut mich, dass die neue Regierung das Problem sehr ernst nimmt - und sich in ihrem Programm deutlich zur Fortführung des Rechtsextremismusberichts bekannt hat." Dieser könne aber nur Teil eines Maßnahmenbündels sein. Man begrüße das Vorhaben, einen Aktionsplan einzuleiten, und werde jeden Schritt unterstützen, so Kranebitter, seien es Bildungsprogramme zur Stärkung der Demokratie, detaillierteres Monitoring des Rechtsextremismus, neue Angebote für Aussteigerinnen und Aussteiger und die Unterstützung von Opfern des Rechtsextremismus bis zu Kampagnen gegen Hetze im Internet.