Satiriker und Buchautor Markus Köhle leistet sich seinen kritischen Blick auf die Welt
Er kommt aus Nassereith, studierte in Innsbruck und Rom und lebt heute in Wien-Ottakring. Markus Köhle kann es sich leisten, seinen satirischen Blick auf die Welt zu werfen. Es verwundert daher wenig, dass in seinem aktuellen Roman der Hauptprotagonist die Zaunpartei Österreichs, die ZPÖ, gründet.
Nassereith, Wien – Man umgibt sich mit Zäunen, wohl um sich innerhalb ihrer Grenzen vermeintlich sicherer zu fühlen. Gleichzeitig grenzt man sich von anderen ab, schließt sie aus. „Der Zaun ist ein starkes Bild“, bestätigt Markus Köhle. Was eine ehemalige österreichische Innenministerin noch als „bauliche Maßnahme“ bezeichnet, erhebt Köhle nun zur satirischen Metapher.
Land der Zäune-Diorama
Er spannt dabei den Bogen bis zum irrwitzigen Gedankenspiel. In seinem Werk „Land der Zäune“ wird die Kluft, der Spalt quer durch die Gesellschaft nicht überbrückt, sondern von Zäunen bewahrt. Rückschlüsse auf die aktuelle politische Situation sind dabei erwünscht. Bereits 2018 bescheinigte die Auszeichnung Köhles mit dem Otto Grünmandl-Literaturpreis, dass der Tiroler ein Meister der spitzen Feder und der scharfen Zunge ist.
„Ich fühle mich rasch wo daheim“, gibt Köhle zu. Das muss er auch, immerhin ist er das halbe Jahr auf Reisen. Der „Papa der Poetry-Slam-Szene“ ist nach wie vor in diesem Erfolgsformat tätig. Er gibt Workshops, schreibt für Zeitschriften und fungiert als Buchautor. Um von der Sprache leben zu können, müsse man „breit aufgestellt sein und mehrgleisig fahren“, bestätigt der leidenschaftliche Bahnfahrer. Damals, in den 1990er Jahren und später ab 2001, prägte Köhle den Poetry Slam. „Egal ob Hobbyliterat oder akademischer Schreiber jeden Geschlechts und Alters: Beim Slammen kommen alle zusammen“, schildert Köhle den Reiz dieser Veranstaltungen.
Bescheidener Lebensstil
Zum Schreiben ist der Literat erst während des Studiums gekommen. Da hat er auch seine spätere Frau kennengelernt. „Von Studienbeginn an waren wir uns nicht sympathisch. Erst gegen Studienende haben wir uns verliebt“, gesteht Markus Köhle: „Besser so als umgekehrt.“ Mittlerweile ist er seit 13 Jahren mit seiner Doris verheiratet. Beide teilen denselben, bescheidenen Lifestyle, bewohnen eine kleine Wohnung mit geringen Fixkosten und haben keine Kinder, wohl aber ein Klimaticket.
„Den Begriff Heimat will ich nicht den Rechten überlassen“, zeigt Köhle auf. Ob er ein „Gutmensch“ ist? „Als Autor darf ich Wörter erfinden. Ich bin ein Fröhlichmensch“, blitzt der schlagfertige Poetry-Slammer auf. „Gut und Mensch sind zwei schöne Wörter, die man nicht durch ein negatives Weltbild zerstören sollte“, ist Köhle überzeugt.
Kritisches, politisches Denken liegt bei Markus Köhle offenbar in der Familie. „Es existieren Fotos von meinem Vater mit einem Plakat in der Hand, als er für die Umfahrung von Nassereith wirbt“, erinnert sich der Exil-Tiroler: „Heute gibt es die Diskussion um den Fernpass-Scheiteltunnel. Und wenn ich mit dem Bus über den Holzleitensattel hinunterfahre und die Swarovski-Megabaustelle sehe, bin ich schon gespannt, ob mein Heimatdorf all diese Entwicklungen verkraften wird.“
Die besten Geschichten schreibe ohnehin das Leben. „Weil ich nicht mehr dort wohne, gelingt es mir, dem Ganzen eine gewisse Ironie und vielleicht sogar einen positiven Erkenntnisgewinn abzuringen“, zeigt sich Köhle nachdenklich: „Wie wird die Dorfgemeinschaft damit umgehen?“