Akademikerball in Wien: Protestzug marschierte, FP-Prominenz in der Hofburg
Unter dem Motto „Feuer und Flamme dem Patriarchat: Kampf dem Sexismus in Hofburg und Staat“ haben sich am Freitagnachmittag hunderte Gegnerinnen und Gegner des FPÖ-Akademikerballs bei der Wiener Hauptuni versammelt. Von dort starteten die Demonstrierenden ihren Protestmarsch um kurz über den Ring zum Stephansplatz. Dort fand um kurz nach 19.30 Uhr die Abschlusskundgebung statt. Die Polizei steht die ganze Nacht mit mehreren hundert Kräften im Großeinsatz.
Dabei kam es kurz zu tumultartigen Szenen, als eine kleine Gruppe vermummter Demonstrantinnen und Demonstranten während der Abschlusskundgebung versuchte, die Innenstadt ohne Konsequenzen für ihre Vermummung zu verlassen. Es folgte ein Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei. Die Beamten kesselten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer letztlich ein, einige von ihnen wurden auf der Flucht niedergerungen. Es kam zu Identitätsfeststellungen aufgrund des Vermummungsverbots. Ein Sprecher der Landespolizeidirektion sprach gegenüber der APA von vier Festnahmen aufgrund des Widerstands gegen die Staatsgewalt. Eine vollständige Bilanz der Polizei war gegen 21.20 Uhr noch ausständig.
Zuvor war der Demozug von der Hauptuni unter „Nazis raus“- und „Ganz Wien hasst die FPÖ“-Chören vom Schottenring über die Wipplingerstraße, den Hohen Markt und die Rotenturmstraße in die Innenstadt marschiert. Die Ringstraße war währenddessen abschnittsweise gesperrt.
Weniger Teilnehmer als in Vorjahren
Insgesamt dürften sich heuer deutlich weniger Menschen an der Demo beteiligt haben als in den Vorjahren. Die Organisatoren der „Offensive gegen Rechts“ sprachen gegenüber der APA nach Demoende gegen 20 Uhr von rund 1000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Die Polizei verzichtete auf eine Bekanntgabe entsprechender Zahlen. „Ich gehe davon aus, dass mehr Menschen gekommen wären, wenn Herbert Kickl Kanzler geworden wäre“, sagte Mitorganisator Axel Magnus der APA mit Verweis auf die gescheiterten Regierungsverhandlungen zwischen ÖVP und FPÖ. Dass heuer auch eine zweite Kundgebung am Michaelerplatz stattfinde, sei ebenfalls eine „neue Situation“, mutmaßte Magnus über den Grund für den geringen Andrang.
Man habe dennoch ein Zeichen gegen den Ball am Vortag des Internationalen Frauentags am 8. März setzen wollen, auch um auf „das rückständige Frauen- und Geschlechterbild der völkischen Burschenschaften hinzuweisen“, so Magnus. Darüber hinaus solle - wie jedes Jahr auf die von Kritikern als Vernetzungstreffen Rechtsextremer bezeichnete Veranstaltung aufmerksam gemacht werden. „Einen solchen Ball wollen wir in den Prunkräumen der Hofburg nicht haben“, sagte Magnus.
Gaza-Konflikt Grund für getrennte Demos
Das „Antifaschistische Bündnis Ballhausplatz“ - ein Zusammenschluss der Jüdischen österreichischen HochschülerInnen (JöH), der „Omas gegen Rechts“, der Grünen Jugend und weiterer Gruppen - hatte im Vorfeld des Balls am Michaelerplatz eine Kundgebung um 19.00 Uhr angesetzt. „In der „Offensive Gegen Rechts“ sind Gruppen involviert mit denen wir als jüdische AktivistInnen insbesondere seit dem 7. Oktober nicht zusammenarbeiten können“, sagte JöH-Präsident Alon Ishay der APA dazu mit Verweis auf unterschiedliche Positionierungen zum Krieg im Gazastreifen in Folge der Hamas-Terrorattacken auf Israel am 7. Oktober 2023 innerhalb der linken Szene.
„Das sind leider derzeit Sachen, die uns trennen“, sagte Magnus dazu. „Das Thema Gaza hat aber nichts mit dieser Demonstration zu tun“, so der Mitorganisator. Er stamme selbst aus einer jüdischen Familie, deren männliche Urgroßelterngroßgeneration während der Shoah ermordet worden sei und fände es „berechtigt, jeden Staat auf der Welt zu kritisieren“, antwortete Magnus auf Antisemitismusvorwürfe von Kritikern.
Friedliche zweite Kundgebung
Der zweite Protest neben der etablierten Demo durch die Innenstadt fand schließlich um 19.00 Uhr am Michaelerplatz statt. Dort versuchten lediglich einige in Faschingskostümen verkleidete Ball-Gegnerinnen Gäste des Balles abzupassen und mit Gästen in Gespräche zum „Kakademikerball“, wie eine verkleidete Demonstrantin nannte, zu kommen. Ansonsten verlief die Kundgebung am Michaelerplatz friedlich.
Die Polizei stand den ganzen Freitag sowie in der Nacht auf Samstag mit mehreren hunderten Beamtinnen und Beamten - auch von Einsatzeinheiten aus Niederösterreich und Oberösterreich im Einsatz. Weiters vor Ort waren zivile und uniformierte Kräfte, Bedienstete des Wiener Landesamts Staatsschutz und Extremismusbekämpfung (LSE), der Polizeidiensthundeeinheit sowie der Bereitschaftseinheit.
Kritik von Grünen und weiteren Organisationen
Niki Kunrath, Menschenrechtssprecher der Wiener Grünen, sprach am Freitag in Bezug auf den Veranstaltungsort in der Hofburg von einem „fatalen Zeichen“, das hier ausgesendet werde. „Für die Menschenrechtsstadt Wien ist es beschämend, dass der sogenannte 'Akademikerball' der Wiener FPÖ nach wie vor im Herzen Wiens stattfindet“, sagte Kunrath in einer Aussendung.
Auch die JöH forderte am Freitag erneut die Absage des Balls seitens der Hofburg-Betreiber. Es sei „schockierend, dass deutschnationale Burschenschaften in den prestigeträchtigsten Räumen der Republik tanzen“, sagte JöH-Präsident Alon Ishay.
Die JöH hatte im Vorfeld mit einem videoprojizierten „il heftigen Protesten begle“tet. Insbesondere im Jahr 2014 kam es zu zahlreichen Sachbeschädigungen und auch zu einer erheblichen Anzahl an verletzten Demonstranten und Polizisten. In den Jahren danach beruhigte sich die Situation aber deutlich.
Der Unmut der Demonstranten richtete sich stets vorwiegend gegen deutsch-nationale Burschenschafter, die bereits seit 1952 die Veranstaltung ausrichteten und prägten. Bis 2012 wurde die Veranstaltung vom Wiener Korporationsring (WKR) organisiert. Nach Differenzen mit der Wiener Hofburg übernahm die FPÖ Wien die Organisation, die ihn dann in "Akademikerball" umtaufte.
Rosenkranz und Nepp auf Gästeliste
Auch heuer werden wieder zahlreiche hochrangige Gäste aus der Freiheitlichen Partei erwartet, unter anderem der blaue Nationalratspräsident Walter Rosenkranz sowie der Wiener FP-Chef Dominik Nepp.
Die weitere Gästeliste hatte in der Vergangenheit stets für Aufsehen gesorgt. Zuletzt schwang Martin Sellner, ehemaliger Kopf der vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften „Identitären Bewegung“ das Tanzbein in der Hofburg, 2012 besuchte die französische Rechtsnationalistin Marine Le Pen den Ball. (APA)
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