3,2 Millionen Fälle 2050: Immer mehr Frauen leiden an Brustkrebs
Brustkrebs ist und bleibt die häufigste bösartige Erkrankung der Frauen und bei ihnen die häufigste Krebs-Todesursache. Weltweit dürfte das Problem bis zum Jahr 2050 noch deutlich größer werden. Die Therapien werden jedoch immer stärker individualisiert. In Österreich werden rund 80 Prozent der Betroffenen geheilt.
Wien – Joanne Kim von der Internationalen Krebsforschungsagentur (IARC) in Lyon und ihre Co-Autoren haben einen neuen Brustkrebs-Report auf der Basis der Daten von 185 Staaten der Erde erstellt und vor kurzem in „Nature Medicine“ publiziert.
„Im Jahr 2022 wurden (...) geschätzte 2,3 Millionen neue Erkrankungsfälle registriert, ebenso kam es zu rund 670.000 Todesfällen durch Brustkrebs. Das entspricht 25 Prozent der neu diagnostizierten Krebserkrankungen bei Frauen und 15,5 Prozent der Krebs-Todesfälle von Frauen, wenn man Hautkrebs (exklusive Melanome; Anm.) ausklammert“, schrieben die Experten.
Immer mehr Patientinnen bis 2050
Bis 2050 dürfte sich demnach die Zahl der jährlichen Brustkrebs-Neuerkrankungen auf 3,2 Millionen Fälle erhöhen, die Zahl der Todesfälle durch die Erkrankung auf 1,1 Millionen Opfer (plus 38 bzw. plus 68 Prozent). Das ist vorwiegend eine Konsequenz der demografischen Entwicklung der Weltbevölkerung.
Während es derzeit keine Möglichkeit gibt, das Wachstum der Zahl der neuen Brustkrebserkrankungen zu verringern, könnte durch bessere Früherkennung und eine Optimierung der Behandlung die Brustkrebssterblichkeit reduziert werden. Die weltweite Brustkrebsinitiative (GBCI) hat als Ziel eine Reduktion der Mammakarzinom-Mortalität um jährlich 2,5 Prozent formuliert.
Fortschritte in den reichsten Ländern
In den Jahren 2008 bis 2017 wurde das GBCI-Ziel nur von einigen der reichsten Länder der Welt erreicht: Malta mit jährlich minus 3,8 Prozent, Dänemark (jährlich minus 3,3 Prozent), Belgien (jährlich minus 3,1 Prozent), die Schweiz (minus drei Prozent), Litauen (minus 2,9 Prozent jährlich), die Niederlande (jährlich minus 2,6 Prozent) und Slowenien (jährlich minus 2,5 Prozent). Österreich lag hier mit einer Mortalitätssenkung von jährlich rund minus zwei Prozent im Positiven, aber nicht im Spitzenfeld.
2022 wurde in Österreich bei 20.683 Frauen (und 24.081 Männern) Krebs festgestellt. Die häufigsten Diagnosen waren bösartige Tumore der Brust bei Frauen (6.096 Fälle) und bösartige Tumore der Prostata bei Männern (7.000 Fälle). Auf das Mammakarzinom entfielen 2022 rund 30 Prozent der Krebs-Neuerkrankungsfälle bei Frauen sowie 16 Prozent aller Krebssterbefälle, wie die Statistik Austria berechnet hat.
Kürzere Strahlenbehandlung erleichtert die Therapie
Fortschritte in Diagnose, Therapie und Nachsorge bei Brustkrebs sind bei der Internationalen St. Gallen Brustkrebskonferenz in Wien (12. bis 15. März)Thema. Wichtigster Trend ist die stärkere Individualisierung der Patientenversorgung: mit möglichst reduzierter Chirurgie, kürzerer Strahlenbehandlung und - so möglich - Vermeidung der Chemotherapie in der medikamentösen Behandlung.
80 Prozent der Patientinnen in Österreich werden geheilt
Der österreichische Organisator des Meetings, der Wiener Chirurg und Brustkrebsspezialist Michael Gnant meint: „In Ländern wie Österreich können wir derzeit rund 80 Prozent der Brustkrebspatientinnen heilen. In China sind es derzeit beispielsweise rund 60 Prozent. Eine Frage ist, wie wir bei uns möglichst auf 90 Prozent kommen. Eine zweite Frage liegt darin, ob wirklich jede Patientin mit den intensivsten Therapien versorgt werden muss.“ Möglichst langes Überleben ohne Rückfall bei möglichst hoher Lebensqualität auch unter Therapie ist das Ziel.
Brusterhaltende Operation häufiger
Ein Beispiel ist das chirurgische Vorgehen bei einem Mammakarzinom. In Österreich werden bereits 80 Prozent der Patientinnen brusterhaltend operiert. Früher hat man immer auch die Lymphknoten in der Achsel entfernt. Dann ging man dazu über, nur noch ein oder zwei „Wächterlymphknoten“ zu entnehmen.
„Jetzt haben wir das Thema, ob man bei einer definierten Gruppe von Betroffenen das überhaupt noch tun muss. Das könnten zum Beispiel Patientinnen über 50 Jahre mit einem Tumor von weniger als zwei Zentimetern Größe und ohne aggressive Charakteristika des Karzinoms sein. Rund zwei Drittel der Patientinnen haben ja keinen Lymphknotenbefall“, sagte der Chirurg. Damit könnte man den Betroffenen Komplikationen, zum Beispiel Bewegungseinschränkungen und Lymphstaus, ersparen.
Ähnliches spielt sich rund um die Strahlentherapie ab. Die Länge der Strahlentherapie konnte im Laufe der Jahre von sechs auf rund zwei Wochen reduziert werden. „Wir gehen in Österreich in Richtung einer Reduktion auf fünf Tage," meint Gnant. Die verabreichte Einzel-Strahlendosis ist dabei höher, die Gesamt-Strahlendosis etwas geringer. Mit Künstlicher Intelligenz etc. lasse sich die Strahlentherapie noch genauer planen.
Chemotherapie vermeiden
Und schließlich versuchen die Spezialisten zunehmend, die belastende und mit Nebenwirkungen und Komplikationen verbundene Chemotherapie möglichst zu vermeiden. Der Chirurg: „In der medikamentösen Behandlung von hormonabhängigem Brustkrebs, das sind rund zwei Drittel der Erkrankungen, gibt es hier jetzt zusätzlich zur antihormonellen Therapie auch noch spezielle Medikamente wie die sogenannten CDK4/CDK6-Inhibitoren.“
Auch hier geht es darum, zu bestimmen, welche Patientinnen damit am besten und am sichersten behandelt werden können, ohne dass auf eine Chemotherapie zurückgegriffen werden muss. Ganz ähnlich sei das auch bei der Dauer einer Immuntherapie (Immuncheckpoint-Inhibitoren), die man eventuell ebenfalls „maßschneidern“ könne. (APA)