Susan Wolf kehrt ins Treibhaus zurück: „Beim letzten Mal lag ich kraftlos hinter der Bühne“
Am Dienstag lädt Susan Wolf zum Release-Konzert ihres neuen Albums „Gold“ ins Innsbrucker Treibhaus. Noch vor sechs Jahren konnte sie aufgrund von Multipler Sklerose nicht mehr richtig am Leben teilnehmen. Im TT-Gespräch erzählt sie, wie sie vom absoluten Tiefpunkt den Weg zu Selbstliebe und Glück gefunden hat – und welche Botschaft ihrer Musik innewohnt.
Innsbruck – Wenn Susan Wolf voller Enthusiasmus über ihr jetziges Leben und ihre Zukunftspläne spricht, strahlt sie über das ganze Gesicht. Erzählt sie von niederschmetternden Tiefpunkten in der Vergangenheit, ist sie den Tränen nahe. Die 40-jährige Tirolerin und alleinerziehende Mutter eines inzwischen 18-jährigen Buben ist als Musikerin international erfolgreich. Sie litt aber auch jahrelang an Multipler Sklerose und Depressionen, die mit der als unheilbar geltenden Nervenkrankheit einhergingen.
„Mit 23 bekam ich meine erste MS-Diagnose, 2019 war die Erkrankung so fortgeschritten, dass ich nicht mehr richtig gehen konnte. Ich war am absoluten Tiefpunkt, extrem kraft- und hilflos“, erzählt Wolf im TT-Gespräch. Bei Multipler Sklerose bilden sich Entzündungen im Nervensystem, die auch die Motorik angreifen. „Ich hatte kein Gefühl mehr in den Beinen, sie waren oft wie gelähmt.“
Immer wieder habe sie Hilfe in der Schulmedizin gesucht, jedoch vergeblich. „Ich habe dann zu recherchieren begonnen, wie Gesundheit entsteht.“ Besuche bei einem Alternativmediziner und eine Hypnose-Sitzung waren dann die ersten Schlüssel auf dem Weg zur Besserung. Nach und nach habe sie Geist und Körper wieder „in die Energie gebracht“, wie sie es nennt. „Die psychische Heilung ist ein langer Weg. Man begegnet dunklen Flecken auf der Seele, Traumata und toxischen Verhaltensmustern.“
Dass sie letztlich wieder zur „Fülle des Lebens“ gefunden hat, löst bei Susan Wolf große Zuversicht auch für die musikalische Zukunft aus. Mit ihrem neuen Album „Gold“ tourt sie in den nächsten Monaten durch Österreich, Deutschland und die Schweiz, am kommenden Dienstag (18.3.) präsentiert sie das Werk im Innsbrucker Treibhaus. „Es ist ein Konzeptalbum, jeder Song ist einem unterschiedlichen Stadium des Heilungsprozesses gewidmet.“ Selbstliebe allen Widrigkeiten zum Trotz, das ist ihre zentrale Botschaft.
Musikalisch hat sich Susan Wolf auf „Gold“ quasi im Gleichklang zu ihrem Leben weiterentwickelt. Während bei ihrem letzten Album „I Have Visions“ (2019) die Melancholie eine starke Rolle spielte, ist das neue Werk von größerer Fröhlichkeit geprägt. „Es gibt mehrere schnelle Nummern, da geht es auf den Konzerten schon ordentlich zur Sache“, so Wolf. Insgesamt sei sie aber nach wie vor „eine sanfte Frauenstimme“.
📽️ Video | Susan Wolf – Into Your Arms
Ihre aktuelle Band hat die Sängerin – die in der Vergangenheit bereits mit Katie Melua oder Mick Hucknall (Simply Red) auf Tour war – in Dänemark gefunden. Das Land wurde in den vergangenen zehn Jahren zu ihrer zweiten Heimat. „Die Art nordischer Americana-Stil dort passt genau zu mir.“ Für das Grundgerüst ihrer Songs sorgen alte Gitarren und andere Folk-Instrumente, Wolfs ausdrucksstarke Stimme mit feinen Nuancen geht unter die Haut. Die beiden bereits veröffentlichten Singles „Into Your Arms“ und „Call it Magic“ geben einen guten Vorgeschmack auf das neue Album. Dieses wird offiziell im Mai veröffentlicht, aber bereits im Treibhaus erhältlich sein.
Auf das Konzert am Dienstag in Innsbruck freut Susan Wolf sich ganz besonders: „Vor sechs Jahren lag ich im Treibhaus noch kurz vor dem Auftritt kraftlos hinter der Bühne und wusste nicht, ob ich überhaupt spielen kann.“ Letztlich brachte sie ihren Körper zum Funktionieren, doch gleich darauf musste sie sich völlig erschöpft wieder hinlegen.
Jetzt will sie die Menschen mit ihrer Musik davon überzeugen, dass „jeder das Potenzial hat, in seine Stärke und Leuchtkraft zu kommen.“ In Zeiten der Krankheit und des Leids sei es schwierig, noch an das Positive im Leben zu glauben. Doch Susan Wolf will durch ihren eigenen Heilungsweg auch anderen Hoffnung machen. Ob sie die Multiple Sklerose überwunden hat, kann sie nicht sicher sagen. „Aber im Moment fühlt es sich einfach nur gut an.“
📽️ Video | Susan Wolf – Call It Magic
Was ist Multiple Sklerose?
Multiple Sklerose (MS) ist eine entzündliche Erkrankung des Zentralen Nervensystems, die das Gehirn und das Rückenmark umfasst und meist im frühen Erwachsenenalter beginnt. Die Krankheit lässt noch viele Fragen unbeantwortet und ist in Verlauf, Beschwerdebild und Therapieerfolg von Patient zu Patient so unterschiedlich, dass sich allgemeingültige Aussagen nur bedingt machen lassen. Aus diesem Grund ist MS auch als "Krankheit mit den 1000 Gesichtern" bekannt.
Bei MS-Patienten werden durch das eigene Immunsystem Teile der Nervenfasern zerstört, die maßgeblich an der Weiterleitung von Impulsen beteiligt sind, aber auch Nervenfasern und -zellen selbst. Dadurch kommt es u. a. zu Lähmungserscheinungen, können Muskeln nicht mehr richtig koordiniert oder Sinnessignale nicht korrekt weitergegeben werden.
Quelle: Neurologen und Psychiater im Netz
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