2300 Jobs betroffen

Rüstet VW jetzt um? Gerüchte um militärische Produktion nach Besuch von Rheinmetall-Chef

Die Zukunft des Werks in Osnabrück in Deutschland nach 2027 ist offen. Derzeit kursieren Gerüchte, dass der VW-Standort von Rheinmetall übernommen werden könnte.

Osnabrück – In Deutschland hat Rheinmetall-Chef Armin Papperger das VW-Werk Osnabrück im Bundesland Niedersachsen besucht, das im Mittelpunkt von Spekulationen um eine Umrüstung von ziviler auf militärische Produktion steht. Eine Delegation des Rüstungskonzerns habe dazu heute das VW-Werk in Osnabrück besucht, bestätigte eine VW-Sprecherin. Papperger nahm das Werk in Begleitung von Vorständen von Volkswagen und der Tochter MAN in Augenschein, schrieb die Neue Osnabrücker Zeitung.

Rheinmetall wollte sich nicht äußern. Die VW-Sprecherin sagte, dass beim Besuch „mögliche Potenziale einer weiteren Zusammenarbeit des Joint Ventures Rheinmetall MAN Military Vehicles ergebnisoffen diskutiert“ worden sei. „Konkrete Ableitungen für den Standort ergeben sich daraus nicht.“

Der deutsche Autobauer hat Ende Dezember die Fertigung des T-Roc-Cabrio in Osnabrück bis 2027 verlängert. Doch danach ist die Zukunft der Anlage offen.

2300 Mitarbeitende

Die IG Metall bewertete „das Interesse von Rheinmetall am Standort Osnabrück als Bestätigung der hohen Fachkompetenz und Leistungsfähigkeit der Belegschaft“. Der Erste Bevollmächtigte der IG Metall Osnabrück, Stephan Soldanski, sagte, die Gewerkschaft sehe „zahlreiche Möglichkeiten, unter dem Dach von Volkswagen neue Auftragsfertigungen für verschiedene Branchen zu etablieren“.

Aus seiner Sicht wäre es „kurzsichtig, sich einseitig auf die Rüstungsindustrie zu konzentrieren, anstatt alternative Wirtschaftszweige und zukunftsweisende Konzepte aktiv voranzutreiben“. Ziel der IG Metall sei es, „Osnabrück als nachhaltigen, zivilen Industriestandort zu erhalten und die rund 2300 Arbeitsplätze langfristig zu sichern“.

Rheinmetall erwägt derzeit, Teile seiner zivilen Produktion für die Autoindustrie auf die boomende Fertigung für das Militär umzustellen. Zwei Werke des Konzerns in Neuss und Berlin sind voraussichtlich davon betroffen, hatte Rheinmetall erklärt. „Es kann aber durchaus sein, dass wir noch mehr Werke umwandeln“, hatte Rheinmetall-Chef Papperger erst Mitte März gesagt.

Der Konzern könne aber auch Werke etwa von Autoherstellern wie Volkswagen übernehmen – wenn die Voraussetzungen stimmten. Das Werk in Osnabrück wäre dafür etwa geeignet – aber zuerst brauche es entsprechende Aufträge durch die Bundesregierung, hatte Papperger betont. Rheinmetall produziert zusammen mit der VW-Tochter MAN Militärfahrzeuge.

Volkswagen wies auf diese Kooperation hin: „MAN Truck and Bus und Rheinmetall arbeiten im Rahmen des Joint Ventures Rheinmetall MAN Military Vehicles (RMMV) seit 2010 insbesondere im Bereich militärischer Nutzfahrzeuge zusammen“, erklärte der Konzern. Im Kontext dieser Zusammenarbeit sei es zu einem Treffen von Vertretern von Rheinmetall und MAN Truck and Bus am Volkswagen-Standort in Osnabrück gekommen.

Dabei seien „mögliche Potenziale einer weiteren Zusammenarbeit des Joint Ventures Rheinmetall MAN Military Vehicles ergebnisoffen diskutiert“ worden. „Konkrete Ableitungen für den Standort ergeben sich daraus nicht“, betonte das Unternehmen.

Milliardenaufträge für Rüstungsindustrie

Der Rüstungsindustrie winken nach dem russischen Überfall auf die Ukraine und der Abkehr der neuen US-Regierung von Europa milliardenschwere Aufträge. Rheinmetall erwartet etwa, 2025 den Umsatz im militärischen Geschäft um 35 bis 40 Prozent zu steigern – die jüngsten Beschlüsse von Bundestag und Bundesrat zur Lockerung der Schuldenbremse zugunsten höherer Verteidigungsausgaben beinhaltet die Prognose nicht.

Der deutschen Autoindustrie bereitet dagegen der Übergang zur Elektromobilität Probleme, zudem lahmen die Verkäufe in China. Aber auch in anderen schwächelnden Branchen werden Werke auf Rüstungsproduktion umgestellt.

Der deutsch-französische Panzerbauer KNDS hatte jüngst das vor dem Aus stehende Werk des Bahntechnik-Konzerns Alstom in Görlitz übernommen und will gut die Hälfte der 700 Mitarbeiter weiterbeschäftigen. Rheinmetall hatte bereits Beschäftigten des defizitären Bremsenwerks von Continental in Gifhorn den Wechsel in eine Munitionsfabrik angeboten. Auch der Rüstungselektronik-Hersteller Hensoldt will Mitarbeiter von Continental und Bosch übernehmen, denen der Verlust des Jobs droht. (APA, dpa-AFX, Reuters)