Prozess in Wien

IS-Rückkehrerin plädiert auf schuldig und will wieder mit ihrem Sohn zusammen sein

Einer 26-jährigen, die erst vor kurzem aus Syrien zurückgekehrt ist, drohen bis zu fünf Jahre Haft. Die Frau ist geständig und möchte sich wieder selbst um ihren Sohn kümmern.

Wien – Am 1. März kam die ehemalige IS-Anhängerin Evelyn T. gemeinsam mit ihrem siebenjährigen Sohn aus Syrien zurück. Kommenden Mittwoch muss sich die junge Frau wegen terroristischer Vereinigung und krimineller Organisation am Wiener Landesgericht verantworten. Wie ihre Verteidigerin Anna Mair vorab erklärte, wird sich die 26-Jährige in der auf drei Stunden anberaumten Verhandlung schuldig bekennen. Der Angeklagten drohen bis zu fünf Jahre Haft.

Konsularischer Schutz

"Sie hat sich im November 2017 mit ihrem Mann freiwillig kurdischen Kräften der Freien Syrischen Armee ergeben und war bis vor kurzem mit ihrem Sohn im Gefangenenlager Al Roj in Syrien interniert. Sie hat acht Jahre unter schwierigen Bedingungen in Gefangenschaft hinter sich", sagte Mair.

Anders als die Salzburger IS-Rückkehrerin Maria G. sei ihre Mandantin durchgehend in jenem Teil des Lagers untergebracht gewesen, "wo keine radikalen Frauen leben", versicherte die Verteidigerin. Evelyn T. sei die ganze Zeit bestrebt gewesen, mit ihrem Kind nach Österreich zurückzukehren. Daher sei beim Außenministerium konsularischer Schutz beantragt worden, der sich auf die Rückholung von Mutter und Sohn aus dem Lager bezog.

Als 16-Jährige dem IS zugewandt

Anfang 2015 – sie war damals 16 Jahre alt – hatte Evelyn T. in Wien über gemeinsame Bekannte den gebürtigen Afghanen Qais Z. kennengelernt. Wie es in der Anklageschrift heißt, hegte sie schon damals Sympathien für die radikalislamische Terror-Miliz IS. Qais Z. teilte dieses Gedankengut: Nachdem das Paar eine Trauung nach islamischem Recht eingegangen war, reiste der Mann im April 2015 nach Syrien, um sich dem IS anzuschließen.

Frauen und Kinder im Camp Al Roj in der syrischen Provinz Hasakah. Auch Evelyn T. hat mit ihrem Sohn in diesem Lager gelebt.
© AFP/Souleiman

Mehrere Versuche, ihm nachzureisen, schlugen fehl. Im Juni 2016 schließlich gelang Evelyn T. die Reise nach Raqqa. Sie fuhr mit dem Zug nach Athen, weiter per Bus an die türkische Grenze und ließ sich von Schleppern mit rund 40 weiteren Personen, die zum IS wollten, nach Syrien bringen. Dort pflegte sie ihren Mann, der sich von einer Schussverletzung erholte. Im Mai 2017 kam der gemeinsame Sohn auf die Welt, im November 2017 ergab sich das Paar den alliierten Kräften der Freien Syrischen Armee (FSA), nachdem diese dem IS eine herbe Niederlage zugefügt hatten.

Plan für ein Leben nach der Haft

Ihre Mandantin werde vor dem Schöffensenat für ihre Tätigkeit in Syrien Verantwortung übernehmen, kündigt ihre Verteidigerin an, die auf ein faires Verfahren hoffte. Es fänden sich im Akt keine Hinweise auf eine noch gegebene Radikalisierung der Angeklagten, betont Mair. Evelyn T. habe bereits an die Beratungsstelle Extremismus "angedockt" und erste Termine absolviert. Für den Fall einer Haftentlassung gebe es eine Wohnmöglichkeit, eine Betreuung durch den Bewährungshilfeverein Neustart sei gewährleistet.

Überblick über das Camp Al Roj, wo Familien von IS-Angehörigen untergebracht sind.
© AFP/Souleiman

Vor allem aber wolle Evelyn T. wieder mit ihrem Sohn zusammen sein, bekräftigt ihre Rechtsvertreterin. Dieser ist seit 1. März in der Obsorge der Wiener Kinder- und Jugendhilfe.

Mann zum Tod verurteilt

Kontakt zu ihrem Mann hat Evelyn T. übrigens keinen mehr. Dieser wurde nach seiner Gefangennahme in den Irak überstellt und soll dort als ehemaliger IS-Kämpfer inzwischen gerichtlich zum Tod verurteilt worden sein. (TT, APA)