Die Spargelernte im Tiroler Oberland steht kurz bevor

Kein Gemüse von der Stange

© Praxmarer

Spargel – dieses kurzweilige kulinarische Vergnügen – wird in Tirol sehr selten angebaut. Einer der Frühlingsgemüse-Pioniere ist Walter Praxmarer. Der Milser zählt schon die Tage bis zum Erntebeginn.

Normalerweise hat man nach einer spontanen, ungeschickten Bewegung Rückenschmerzen. Walter Praxmarer hingegen kann exakt sagen, wann er Rückenprobleme haben wird. Sein Countdown läuft. Noch zwei Wochen. Maximal.

„Dann beginnt die jährliche Spargelernte“, erklärt der Milser. Anfangs stechen der Landwirt und seine Familie nur ein paar Kilo täglich: „Dann explodiert die Ernte regelrecht und wir erzielen bis zu 150 Kilo täglich. Stechstress! Mit meinen 60 Jahren spüre ich die gebückte Arbeit ein wenig.“ Bis zu Fronleichnam, dem traditionellen Spargel-Erntestopp, erzielt Praxmarer vier bis fünf Tonnen der gefragten Stangen. Danach gönnt er der mehrjährigen Pflanze Regenerationszeit: „Sie braucht 100 Tage, um sich zu erholen.“

Vier bis fünf Tonnen der gefragten Stangen werden in den nächsten Wochen in Mils bei Imst geerntet.
© Praxmarer

Praxmarer, der sich guten Gewissens als einer der Tiroler Spargelpioniere bezeichnen könnte, entschied sich nicht ganz freiwillig für dieses hierzulande selten angebaute Gemüse: „Der Talboden meines Grundstücks nahe Mils bei Imst besteht aus sandigem, von Schwarz­erde durchzogenem Schwemmland. Also fragte ich mich, was ich mit diesem Boden anstellen soll.“

So kam es, dass der Landwirt 2014 erstmals Erddämme über seinen Setzlingen errichtete: „Ich entschied mich allerdings, meinen Spargel ohne Folie anzubauen.“ Wird die Stange damit bedeckt und vom Sonnenlicht abgeschirmt, bleibt sie weiß. Diese Farbe gilt weithin als Qualitätsmerkmal.

Ein Trugschluss. „Anfangs waren die umliegenden Gastronomen skeptisch, als ich ihnen meinen Spargel präsentierte. Der hatte sich nämlich ein wenig violett verfärbt“, erinnert sich Praxmarer. Dabei sei das ein natürlicher Prozess, wenn die Stangen Sonne erhaschen. Unter Folie seien sie zwar unabhängig von den Allüren des Wetters, aber auch auf unnatürliche Weise zum ständigen Wachsen angetrieben.

Walter Praxmarer baut seit 2014 Feldspargel an.
© Praxmarer

Vom violetten Spargel überzeugt

Nach Geschmackstests, bei denen Folien- und Freiluftstangen verglichen wurden, sind inzwischen alle Gastro-Abnehmer des Milser Feldspargels von dem dezent violetten Produkt überzeugt. Es schmecke natürlicher und intensiver.

Bei derart positiver Rückmeldung lohnt es sich, die rückenstrapazierende Arbeit, die bald täglich um sechs Uhr morgens beginnt, auszuführen: „Erst wird ein wenig Erde von den Hügeln abgetragen, um sagen zu können, in welche Richtung die Stange wächst. Dann drückt man das Stecheisen am Spargel entlang in den Boden, bricht ihn möglichst nahe der Wurzel ab, wäscht die frischen Stangen und liefert sie an Restaurants und Hofläden. Ab Hof gibt es sie bei uns natürlich auch.“ Das Gemüse ist übrigens mehrjährig: Zehn bis 15 Jahre lang kann jedes Jahr Spargel gestochen werden.

Ist der Spargel frisch geerntet, sei es nicht notwendig, dessen Stumpf abzuschneiden oder viel zu schälen. „Ich lege den Spargel in drei Grad kaltes Eiswasser, um ihn länger haltbar zu machen. Wird er offen liegen gelassen, verliert er zu viel Flüssigkeit“, schildert Praxmarer.

Risotto für das ganze Jahr

Einige Kilo des Frühlingsgemüses landen auch in Praxmarers Tiefkühlfach: „Dort deponiere ich Spargelstücke kochgerecht zugeschnitten und geschält, um meinen fleißigen Erntehelfern das ganze Jahr über Risotto zu garantieren.“ Den Spargel dünsten, zwei, drei Minuten in Butter rösten, mit Kräutern abschmecken, Reis ergänzen – fertig ist Praxmarers gesundes Leibgericht.

Das gefragte Frühlingsgemüse aus Mils nimmt teilweise eine leicht violette Farbe an, weil der Spargelpionier beim Anbau darauf verzichtet, die Stangen mit Folie abzudecken.
© Praxmarer