Frühlingsmüdigkeit

Natur wacht auf, Mensch ist müde

Müde im Frühling? Aktiv sein hilft.
© iStock

Dem Jahreszeitenwechsel werden allerlei physische wie psychische Befindlichkeiten zugeschrieben. Doch was sagen Medizin und Wissenschaft dazu?

Müdigkeit, auch und vor allem untertags, weniger erholsamer Schlaf, innere Unruhe, Antriebslosigkeit, veränderter Appetit – so geht es vielen im Frühling. Speziell in Kombination mit der Umstellung auf die Sommerzeit hat man das Gefühl, man sei irgendwie aus dem Gleichgewicht. Doch wie objektiv bzw. medizinisch nachweisbar ist dieses weit verbreitete subjektive Empfinden? „Medizinisch betrachtet ist die Suppe relativ dünn“, schickt David Vill, Endokrinologe und Belegarzt im Privatklinikum Hochrum, voraus. Müdigkeit und Antriebslosigkeit in Verbindung mit dem Jahreszeitenwechsel seien im Labor schwer bzw. nicht zu messen. Zudem seien psychische Symptome eher individuell und komplex. Eine harte medizinische Diagnose ist „Frühjahrsmüdigkeit“ also nicht. Das heißt aber nicht, dass es keine empirische Grundlage gibt. Denn, betont der Mediziner, breit erforscht und anerkannt ist das Zusammenspiel von natürlichem Licht und den beiden Hormonen bzw. Botenstoffen Melatonin und Serotonin.

Müde und antriebslos? Das hilft:

Frischluft und Sonne: Wer zu Frühlingsbeginn nicht ganz auf der Höhe ist, tritt diesem Gemütszustand am besten draußen entgegen – ein ausgiebiger Spaziergang oder Sport im Freien heben die Stimmung (und den Serotoninspiegel – siehe Artikel oben). An Sonnenschutz denken!

Gut essen, genug trinken: frisches Gemüse und Obst, Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte wie Linsen, Nüsse, gute Proteine und genug trinken – mindestens eineinhalb Liter.

Heiß und kalt: Wechselduschen bringen den Kreislauf bei Abgeschlagenheit in Schwung – sie fördern die Durchblutung und verhindern, dass der Blutdruck zu stark sinkt.

Botenstoffe und Biorhythmus

Melatonin, das „Schlafhormon“, wird vorwiegend während der Nacht produziert und steuert unseren Tag-Nacht-Rhythmus. Serotonin hingegen macht uns aktiver. Und die Produktion beider Stoffe hängt direkt mit der Länge der Tage zusammen: „Licht hemmt die Produktion von Melatonin und fördert die Produktion von Serotonin“, erklärt David Vill. Aber müsste man sich dann jetzt nicht fitter fühlen – anstatt müde? Dies, erklärt der Mediziner und legen auch die dazugehörigen Hypothesen nahe, liege wahrscheinlich an dem Übergang. „Am intensivsten werden Beschwerden von Mitte März bis Mitte April verspürt. Das macht vor allem in Kombination mit der Umstellung auf die Sommerzeit Sinn. Wenn uns von einer Nacht auf die andere eine Stunde ‚genommen‘ wird, das bringt den Biorhythmus durcheinander, das ist auch medizinisch erwiesen.“

Müde? Nicht nachgeben!

Gerade in diesem Zeitraum, während der Körper unter anderem weniger Melatonin und mehr Serotonin produziert und unser natürlicher Biorhythmus mit der Zeitumstellung ringt, ist es also normal, wenn man sich müde oder erschöpft fühlt. Unterstützen kann man Körper und Gemüt in dieser Phase durch einen ausgewogenen Lebensstil. In Bezug auf die Müdigkeit rät der Experte: „Nicht nachgeben! Stattdessen raus an die frische Luft, Sonne tanken und aktiv sein. Wenn wir untertags schlafen, schlafen wir in der Nacht schlechter.“ Wovon David Vill abrät, zumindest ohne vorherige medizinische Abklärung, sind Supplemente wie Vitamin D: „Ein gesunder Mensch in unseren Breitengraden hat keine Mängel. Auch nicht im oder nach dem Winter.“ Prinzipiell gelte aber: im Zweifel zum Arzt. „Wenn sich die Müdigkeit hält, speziell wenn man eine ‚bleierne‘, also sehr intensive Müdigkeit über Wochen verspürt, sollte man sich mit seinem Hausarzt besprechen“, empfiehlt er.