Keine humanitäre Hilfe

Israel will einen großen Teil des Gazastreifens dauerhaft besetzen

Palästinensisches Mädchen inmitten der Kriegstrümmer im Norden des Gazastreifens.
© AFP/Taleb

Auch nach dem Krieg plant Israel keinen Rückzug aus dem Gazastreifen. Die palästinensische Bevölkerung wird derzeit ohne humanitäre Hilfe auf engem Raum zusammengedrängt.

Tel Aviv – Israel will die besetzten Gebiete im Gazastreifen dauerhaft kontrollieren. Das sagte Verteidigungsminister Israel Katz. Offiziell kämpft die israelische Armee dort gegen die Terrororganisation Hamas und für die Freilassung der israelischen Geiseln. Katz stellte jedoch klar, dass Israel auch nach dem Ende des Kriegs in dem Küstenstreifen bleiben wird.

Puffer rund um Israel

Die Armee werde keine Gebiete mehr räumen, sagte er. Sie werde in den „Sicherheitszonen“ bleiben und einen Puffer zwischen feindlichen Kämpfern und Israel bilden. Dies gelte „in jeder vorübergehenden oder dauerhaften Realität“ im Ga­za­strei­fen sowie im Libanon und in Syrien, wo Israel ebenfalls strategische Positionen hält.

Laut UNO und Medien hat Israel etwa ein Drittel des Gazastreifens erobert und zur Sperrzone erklärt. Dabei geht es nicht allein um Pufferzonen entlang der Grenze, sondern auch um Korridore, die das Palästinensergebiet in mehrere Teile zerschneiden. Für ein weiteres Drittel des Küstenstreifens gilt eine Evakuierungsanordnung.

Mehr zum Thema:

undefined

Kommentar

Unter dem Deckmantel der Sicherheit

Gezielte Zerstörung

Das bedeutet, dass für mehr als zwei Millionen notleidende Palästinenser nur ein Drittel des Ga­za­strei­fens bleibt, der kleiner als Wien und weitgehend zerstört ist (siehe Grafik). Daneben wurden in vielen Gebieten gezielt Häuser, Ackerflächen und Infrastruktur zerstört, um sie unbewohnbar zu machen, berichteten israelische Menschenrechtler.

Dazu kommt, dass Israel seit Anfang März keine humanitäre Hilfe mehr zulässt. Verteidigungsminister Katz versicherte den rechtsradikalen Koalitionspartnern, dass es dabei bleibt. „Niemand lässt unter den gegenwärtigen Umständen Hilfe in den Gazastreifen, und wir bereiten uns auch nicht darauf vor“, zitierte ihn Haaretz.

„Freiwillige“ Ausreise

Offiziell will Israel mit der Maßnahme den Druck auf die Hamas erhöhen, die Geiseln freizulassen. Doch sie trifft vor allem Zivilisten und kann ein Kriegsverbrechen darstellen. Zugleich wirbt Israel für eine „freiwillige“ Ausreise aus dem Gazastreifen, was zu den Plänen von US-Präsident Donald Trump passt. Dieser hat angekündigt, den Gazastreifen in die „Riviera des Nahen Ostens“ zu verwandeln – ohne Palästinenser.

Das Vorgehen der Regierung ist aber auch innerhalb Israels umstritten. Der Plan von Katz sei eine Illusion, kritisierte das Forum der Geisel-Familien. Israel gebe der Eroberung von Gebieten Vorrang vor dem Schicksal der Geiseln. Die Angehörigen fordern einen Deal mit der Hamas, auch um den Preis, den Krieg zu beenden.

Protest gegen Netanjahu

Tausende israelische Reservisten, Veteranen, Ex-Polizisten, Künstler, Architekten usw. haben offene Briefe gegen die Fortsetzung des Kriegs unterzeichnet. Sie werfen Premier Benjamin Netanjahu vor, Krieg zu führen, um in Freiheit und an der Macht zu bleiben. Der Regierungschef ist wegen Korruption angeklagt und politisch von rechtsradikalen Koalitionspartnern abhängig. (floo, dpa)