Marterbauer meldet höheres Defizit nach Brüssel: EU-Verfahren nicht abzuwenden
Gesamtstaatliches Defizit bei 4,5 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt. Im heurigen Jahr fehlen Bund, Ländern und Gemeinden damit trotz Sparpaket mehr als 20 Milliarden Euro. Die Hauptursache sieht der Finanzminister in der kriselnden Konjunktur.
Wien - Es war ein großer Streitpunkt in den Koalitionsverhandlungen: Soll die österreichische Regierung versuchen, ein EU-Defizitverfahren zu vermeiden? Und wenn ja: Wie soll sie das tun? Nun steht fest: Die Frage stellt sich nicht mehr. Das Finanzministerium veröffentlichte am Donnerstag die aktuelle Budgetschätzung für das heurige Jahr. Mit einem gesamtstaatlichen Defizit von 4,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts wird das von der EU erlaubte Limit von drei Prozent damit klar verfehlt. Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) geht davon aus, dass ein Defizitverfahren nicht mehr abzuwenden sei.
Für die Höhe des Defizits spielt laut Finanzministerium vor allem die anhaltend schwache Konjunktur eine zentrale Rolle. Die Rezession führe zu niedrigeren Einnahmen bei konjunkturabhängigen Abgaben wie z.B. der Körperschaftssteuer und höheren Ausgaben etwa für gestiegene Arbeitslosigkeit. Weiters bestimmend seien gestiegene Kosten für Zinsen sowie von der türkis-grünen Vorgängerregierung bereits vereinbarte Ausgabensteigerungen.
Marterbauer: Sparpaket wird nicht verschärft
In absoluten Zahlen fehlen Bund, Länder und Gemeinden im heurigen Jahr mit dieser aktuellen Prognose mehr als 20 Milliarden Euro. Das bisher von der neuen Dreierkoalition vereinbarte Sparpaket will Marterbauer aber nicht verschärfen. Heuer wollen ÖVP, SPÖ und NEOS 6,4 Milliarden Euro einsparen, im kommenden Jahr 8,7 Milliarden Euro.
Der Finanzminister will auch alles tun, um das gesamtstaatliche Defizit zu senken: „Dies ist eine gesamtstaatliche Kraftanstrengung.“ Wichtig sei aber, Konjunktur und Beschäftigung nicht zu sehr zu belasten oder gar abzuwürgen. Marterbauer sucht den richtigen Mix aus Einsparungen, Abgabenerhöhungen etwa bei Banken, langfristigen Reformen, Effizienzsteigerungen und Offensivmaßnahmen.
Budgetrede am 13. Mai
Einsparen müssen auch die Ministerien in ihren jeweiligen Bereichen. Die Verhandlungen darüber laufen auch in der Karwoche. Am 13. Mai will Marterbauer mit seiner Budgetrede dem Parlament das erste türkis-rot-pinke Doppelbudget für 2025 und 2026 präsentieren.
In den kommenden Jahren, zumindest bis zum geplanten Ende der Legislaturperiode 2029, will Marterbauer das Budget dann wieder unter die EU-Grenze von drei Prozent des BIP gesenkt haben.