Papst Franziskus: Das Leben des Jorge Mario Bergoglio
Franziskus war der erste Papst der Kirchengeschichte aus Lateinamerika und der erste Jesuit im obersten Kirchenamt. Seine Wahl löste weltweit einen regelrechten Papst-Hype aus. Im Folgenden die zentralen Stationen des Lebens und der Amtszeit des im Alter von 88 Jahren verstorbenen Papstes.
1936: Jorge Mario Bergoglio wird am 17. Dezember als ältestes von fünf Kindern italienischer Einwanderer in Buenos Aires geboren. Sein Vater arbeitet als Eisenbahnangestellter. Bergoglio besitzt zeitlebens die Staatsangehörigkeit Argentiniens wie Italiens. Nach einem Schulabschluss als Chemietechniker entscheidet er sich für den Priesterberuf.
1957: Seit seiner Kindheit hat Bergoglio mit Lungenproblemen zu kämpfen. Mit 21 Jahren wird ihm ein Teil des rechten Lungenflügels entfernt.
1958: Noviziat bei den Jesuiten. Studium in Geisteswissenschaften, Philosophie und Theologie in Chile und Argentinien
1964-1966: Lehrer für Literatur und Psychologie
1967-1971: Theologiestudium in Argentinien und Spanien.
1969 Priesterweihe
1973: Ewige Gelübde bei den Jesuiten. Im Juli Oberer der Ordensprovinz Argentinien. In diese Amtszeit fallen auch die Jahre der Militärdiktatur (1976-1983). Im Foltergefängnis inhaftierte Ordensbrüder werfen Bergoglio Schwäche im Umgang mit dem Regime vor, weil er sich nicht vor sie gestellt habe. Später revidieren sie diese Einschätzung.
1980-1986: Rektor der Theologischen Hochschule von San Miguel.
1986: Seelsorger in Buenos Aires, später Beichtvater der Jesuiten in Cordoba.
1992: Weihbischof in Buenos Aires.
1997: Johannes Paul II. ernennt Bergoglio zum Erzbischof-Koadjutor und im Februar 1998 zum Erzbischof der Hauptstadtdiözese. Seine Markenzeichen sind Zugewandtheit zu den Armen und eine bescheidene, zurückgezogene Lebensführung. Bergoglio bezieht eine Zwei-Zimmer-Wohnung statt seiner Bischofsresidenz, bevorzugt öffentliche Verkehrsmittel.
2001: Kardinalsernennung; Generalrelator der 10. Weltbischofssynode. 2002 lehnt er den Vorsitz von Argentiniens Bischofskonferenz ab.
📽️ Video | Der bescheidene Papst von anderen Ende der Welt
2005: Schon im Konklave nach dem Tod Johannes Pauls II. spielt Bergoglio eine wichtige Rolle. Der damals 68-Jährige soll rund 40 Stimmen auf sich vereint haben. Letztlich wird aber der deutsche Kurienkardinal Joseph Ratzinger als Benedikt XVI. Papst.
November 2005: Vorsitzender der argentinischen Bischofskonferenz. Er liefert sich diverse politische Auseinandersetzungen mit den Staatspräsidenten Nestor Kirchner (2003-2007) und dessen Ehefrau und Nachfolgerin Cristina Fernández de Kirchner (2007-2015), etwa über Familie, Recht und Soziales.
2011: Er bietet Benedikt XVI. mit 75 Jahren seinen Rücktritt als Erzbischof von Buenos Aires an. Wie für Hauptstadtdiözesen üblich, belässt dieser ihn weiter im Amt.
März 2013: Bergoglio wird nach der aufsehenerregenden freiwilligen Abdankung von Benedikt XVI. als erster Jesuit und erster Lateinamerikaner zum Papst gewählt. Er gibt sich den Papstnamen Franziskus. Schon in den ersten Tagen begeistert er die Öffentlichkeit durch Demutsgesten und Vorleben von Bescheidenheit. Die Rede vom „Papst für die Armen“ und vom „Bergoglio-Style“ geht um.
April: Franziskus setzt eine Kardinalskommission zur Erarbeitung einer Kurienreform ein.
Juli: Viel gelobt wird seine Tagesreise zur italienischen Flüchtlingsinsel Lampedusa. Erste Auslandsreise zum Weltjugendtag in Rio mit Millionen Jugendlichen.
September: Franziskus kündigt die Heiligsprechung seiner Vorgänger Johannes Paul II. und Johannes XXIII. an.
November: Schreiben „Evangelii gaudium“, eine Art Regierungs- und Reformprogramm. Franziskus erntet dafür viel Lob, aber auch Kritik wegen seiner pauschalen Verdammung des kapitalistischen Wirtschaftssystems.
2014
Mai: Bei seiner Heilig-Land-Reise nach Jordanien, Israel und die Palästinensergebiete wirbt Franziskus für Versöhnung im Nahost-Konflikt. Er setzt spektakuläre Friedensgesten, etwa ein Gebet an Israels Sperrmauer und die symbolische Umarmung dreier Weltreligionen an der Jerusalemer Klagemauer.
Oktober: Weltbischofssynode über Ehe und Familie. Ein zentraler Punkt der Beratungen ist die Seelsorge für wiederverheiratete Geschiedene.
Dezember: Kuba und die USA kündigen nach mehr als einem halben Jahrhundert politischer Eiszeit die Aufnahme diplomatischer Beziehungen an. Angestoßen und vermittelt wurde die Annäherung durch die Diplomatie des Vatikan.
Dezember: Franziskus macht mit einer Brandrede vor den versammelten Vatikanbehörden weltweit Schlagzeilen. Er zählt 15 „Krankheiten“ auf, darunter spirituelle Vergessenheit, übertriebene Geschäftigkeit, Lästerei, Neid und Doppelmoral.
2015
Jänner: Auf den Philippinen feiert der Papst mit nach offiziellen Angaben sechs bis sieben Millionen Menschen eine Messe. Dies wäre der größte katholische Gottesdienst aller Zeiten. Eine Bemerkung über Katholiken, die sich nicht „wie Karnickel“ vermehren sollten, sorgt für Aufsehen.
April: Franziskus bezeichnet die Verfolgung der Armenier im Ersten Weltkrieg in einer offiziellen Rede als „ersten Genozid des 20. Jahrhunderts“. Die Türkei protestiert scharf.
Juni: In der Enzyklika „Laudato si“ mahnt der Papst einen besseren Umgang mit der Umwelt und den Menschen an.
2016
Februar: Franziskus trifft auf Kuba den Moskauer Patriarchen Kyrill I.: die historisch erste Begegnung überhaupt zwischen den Oberhäuptern der römisch-katholischen Kirche und der russischen Orthodoxie.
April: Das Abschlusspapier zur Familiensynode, „Amoris laetitia“, löst eine lebhafte Debatte über den Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen aus. Sie gipfelt im November in einem Brief von vier Kardinälen, die Zweifel („dubia“) äußern und vom Papst eine Klarstellung verlangen.
2018
Jänner: Der Papstbesuch in Chile wird vom dortigen Missbrauchsskandal überschattet. Später räumt Franziskus „schwere Fehler“ bei der Bewertung der Lage ein. Für Mai ruft er die chilenischen Bischöfe in den Vatikan und macht ihnen schwere Vorwürfe. Fast alle bieten ihren Amtsverzicht an; der Papst nimmt acht davon an.
August: Franziskus schreibt einen vier Seiten langen Brief zum Missbrauchsskandal an die Bischöfe der Weltkirche. Für Februar 2019 beruft er einen Krisengipfel der nationalen Bischofskonferenzen weltweit sowie mit Ordensoberen ein.
September: Der Vatikan und China legen einen 70-jährigen Streit über Bischofsernennungen bei.
2019
Februar: Mit den Vereinigten Arabischen Emiraten besucht Franziskus als erster Papst die Arabische Halbinsel. In Abu Dhabi nimmt er an einer internationalen interreligiösen Begegnung teil und feiert einen öffentlichen Gottesdienst. Mit dem Scheich der Kairoer Al-Azhar-Universität unterzeichnet er eine gemeinsame Erklärung.
Der mit hohen Erwartungen befrachtete Anti-Missbrauchs-Gipfel bringt nach Meinung von Kritikern wenig Zählbares. Experten verweisen darauf, dass nun ein weltweites Bewusstsein unter den Bischöfen hergestellt sei.
Oktober: Die mit Spannung erwartete Amazonas-Synode bringt Warnungen vor der Zerstörung von Menschenrechten und Umwelt; eine zuvor kolportierte Aufweichung des Pflichtzölibats für Priester bringt sie nicht.
2020
März-Juni: Die weltweite Corona-Pandemie erfasst die gesamte katholische Kirche und auch den Vatikan. Franziskus muss Ostern auf dem menschenleeren Petersplatz und im menschenleeren Petersdom feiern; die Bilder gehen um die Welt.
Oktober: Franziskus veröffentlicht die Enzyklika „Fratelli tutti“, die Visionen für eine Menschheit entwirft, die gestärkt aus der Corona-Krise hervorgehen könnte.
2021
Juli: Eine geplante Darm-OP verläuft ernster als gedacht. „Ein Krankenpfleger hat mir das Leben gerettet“, berichtet der Papst später.
Juli: Franziskus schränkt die Feier der sogenannten Alten Messe ein. Der von Benedikt XVI. 2007 in größerem Umfang erlaubte außerordentliche Ritus darf nur noch unter engen Auflagen gefeiert werden. Die Ankündigung sorgt für einen Aufschrei in konservativen Kirchenkreisen.
2022
Nach dem Beginn des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine bemüht sich der Vatikan um Vermittlung, wird von der ukrainischen Seite zuweilen als "pro-russisch“ gebrandmarkt. Ein geplantes zweites Treffen mit dem russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill I. kommt nicht zu Stande.
Dezember: Franziskus' 2013 zurückgetretener Vorgänger Benedikt XVI. stirbt am Silvestertag.
2023
März: Papst Franziskus liegt wegen einer Lungenentzündung in der Gemelli-Klinik.
Juni: Der Papst unterzieht sich einer Bauchdecken-OP.
2024
Dezember: Papst Franziskus eröffnet das Heilige Jahr. Es soll im Laufe des Jahres 2025 zusätzliche Millionen Pilger nach Rom locken.
2025
Wegen seiner Kritik an der Massenausweisung von Migranten aus den USA durch die Regierung von US-Präsident Donald Trump gerät der Papst in Streit mit der US-Führung.
Februar: Papst Franziskus wird wegen einer Atemwegserkrankung in die Gemelli-Klinik eingeliefert. Diese entpuppt sich als beiderseitige Lungenentzündung. Dort bleibt er wochenlang.
21. April: Der Vatikan gibt am Ostermontag den Tod des Pontifex maximus bekannt, nachdem dieser am Ostersonntag, im Rollstuhl sitzend, auf dem Petersplatz noch den Ostersegen „Urbi et Orbi" („der Stadt und dem Erdkreis“) erteilt und mit schwacher Stimmer den Gläubigen „Frohe Ostern!“ gewünscht hatte. (dpa)
1936–2025
„Ins Haus des Vaters zurückgekehrt“: Papst Franziskus ist tot
Kardinal leitete Ostermesse
„Urbi et Orbi“: Papst erteilte Ostersegen und rief zu Frieden im Nahen Osten auf
Krankheit als Belastungsprobe