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Ukrainische Armee evakuiert Orte in Gebiet Dnipropetrowsk

Russland übersäht Ukraine mit Drohnenangriffen
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Angesichts der vorrückenden russischen Truppen werden im ukrainischen Gebiet Dnipropetrowsk sieben Dörfer in Frontnähe zwangsweise geräumt. Noch 26 Kinder seien dort und müssten gemeinsam mit ihren Angehörigen evakuiert werden, schrieb der Militärgouverneur der Region, Serhij Lyssak, auf Telegram. Russland griff die Ukraine am Mittwoch mit mehr als 100 Kampfdrohnen an und meldete die Einnahme eines Ortes in Donezk. Der Kreml erklärte, dass Russland den Krieg gewinnen müsse.

"Den ganzen Morgen fliegen russische Drohnen im Himmel über der Ukraine. Und so ist es jeden Tag", schrieb Präsident Wolodymyr Selenskyj bei Telegram. Seit Wochenbeginn seien es 375 Kampfdrohnen gewesen. Bei Angriffen auf die Großstädte Charkiw und Dnipro und die Bergarbeitersiedlung Dobropillja sei eine Person getötet worden, rund 50 Menschen seien verletzt worden.

Ungeachtet aller Diskussionen über eine mögliche Waffenruhe verstärkten die russischen Truppen nach Angaben des ukrainischen Militärs deutlich ihre Kampfhandlungen im Osten der Ukraine. Ihre Hauptstoßrichtung gelte der Stadt Pokrowsk, teilte Armeechef Olexandr Syrskij auf dem Kurznachrichtendienst Telegram mit. "Trotz lautstarker Erklärungen über die Bereitschaft, das Feuer über die Maifeiertage einzustellen, haben die Besatzer die Intensität ihrer Kampfhandlungen deutlich erhöht und ihre Hauptanstrengungen auf die Richtung Pokrowsk konzentriert." Pokrowsk liegt in der Region Donezk und ist von Industrie und Bergbau geprägt. Seit Monaten ist die Stadt hart umkämpft.

Die russischen Truppen nahmen nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau eine weitere Ortschaft im Osten der Ukraine ein. Das Dorf Nowe in der Region Donezk sei unter Kontrolle, zitierte die staatliche russische Nachrichtenagentur Interfax das Ministerium. Russland meldet seit einiger Zeit fast täglich die Einnahme weiterer Ortschaften in der Ostukraine. Die Regierung in Kiew kommentiert das in der Regel nicht. Unabhängig überprüfen lassen sich solche Angaben zum Kampfgeschehen nicht.

Russland muss nach den Worten von Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow den Konflikt in der Ukraine gewinnen. "Was wir tun - die spezielle Militäroperation, alle Entscheidungen (von Präsident Wladimir) Putin - sind absolut richtig. Und es ist unsere Pflicht, siegreich zu sein", sagte Peskow am Mittwoch in Moskau vor der Presse. Russland sei den USA dankbar für ihre Bemühungen um Frieden und bereit zu direkten Beratungen mit der Ukraine. Aus Kiew gebe es aber bisher keine Antwort. Putin sei offen für einen Frieden mit der Ukraine und arbeite intensiv mit den USA zusammen. Allerdings sei der Konflikt so kompliziert, dass die von den USA angestrebten schnellen Fortschritte nur schwer zu erreichen seien, sagte Peskow.

In Charkiw gebe es mindestens 45 Verletzte, darunter zwei Kinder und eine schwangere Frau, erklärte der Gouverneur der gleichnamigen Region, Oleh Synjehubow. Charkiw ist nach der Hauptstadt Kiew die zweitgrößte Stadt der Ukraine und liegt nahe der Grenze zu Russland. Heute leben dort etwa 1,2 Millionen Menschen - vor dem Krieg waren es fast zwei Millionen. Seit Beginn der großangelegten russischen Invasion am 24. Februar 2022 wird Charkiw immer wieder von den russischen Truppen mit Drohnen und Raketen beschossen.

Mehrere Viertel von Charkiw seien in aufeinanderfolgenden Wellen attackiert worden, teilte der Bürgermeister Ihor Terechow auf Telegram mit. "Es gab 16 Angriffe auf Charkiw", schrieb Terechow. "Ein Hochhaus wurde getroffen, ebenso Privathäuser, eine medizinische Einrichtung und zivile Infrastruktur."

In Dnipro, das im Südosten der Ukraine liegt, sei ein 53-jähriger Mann bei dem Beschuss ums Leben gekommen, erklärte Gouverneur Lyssak auf Telegram. Ein weiterer Mensch sei verletzt worden. "Eine schwere Nacht für Dnipro", schrieb Lyssak. "Privathäuser wurden beschädigt." In der Nacht auf Mittwoch seien neun russische Drohnen über der Region abgefangen worden.

In der südlichen Region Saporischschja sei ein 45-jähriger Mann verletzt worden, teilte der Gouverneur der Region, Iwan Fedorow, mit. Saporischschja ist zum Teil von russischen Truppen besetzt. In der Stadt Cherson wurden nach Angaben der dortigen Militärverwaltung zwei Menschen bei russischem Beschuss verletzt. Cherson liegt in der gleichnamigen Region, direkt gegenüber der bereits 2014 von Russland annektierten ukrainischen Halbinsel Krim.

Das ganze Ausmaß der russischen Angriffe war zunächst nicht klar. Zudem meldeten staatliche russische Nachrichten unter Berufung auf das Verteidigungsministerium in Moskau, es seien in der Nacht 34 ukrainische Drohnen abgefangen worden. Beide Seiten werfen einander vor, die Zivilbevölkerung anzugreifen und bestreiten jeweils, es selbst zu tun.

Ein ukrainischer Drohnenangriff setzte unterdessen in der russischen Stadt Murom knapp 300 Kilometer östlich von Moskau einen Betrieb in Brand. Auf einem russischen Telegram-Nachrichtenkanal wurde mit Verweis auf Anrainer geschrieben, dass eine Fabrik für Zündvorrichtungen angegriffen worden sei. Der Gouverneur der betroffenen Region Wladimir, Alexander Awdejew, schrieb bei Telegram lediglich vom Brand einer Lagerhalle. Ausgelöst worden sei das inzwischen gelöschte Feuer durch herabstürzende Drohnen.

Über eine mögliche Waffenruhe wird weiterhin gestritten. Die ukrainische Seite beharrt auf eine umfassende Feuerpause von 30 Tagen als Einstieg in eine mögliche weitergehende Lösung zur Beendigung des seit mehr als drei Jahren dauernden russischen Angriffskriegs. Dies ist auch der Vorschlag der US-Regierung von Präsident Donald Trump. Russland lehnt das ab.

Der russische Präsident Wladimir Putin hatte eine dreitägige Feuerpause vom 8. bis 10. Mai angekündigt, die das Gedenken an das Ende des Zweiten Weltkriegs vor 80 Jahren 1945 umfassen würde. Die Ukraine hält das für ein Täuschungsmanöver. Trumps Ukraine-Beauftragter Keith Kellogg nannte die Idee absurd. Washington hofft auf den Beginn einer längeren Waffenruhe.