Alt-Bundespräsident Fischer rechnet mit der Politik Netanyahus im Gazastreifen ab
Heinz Fischer befürchtet, dass das Vorgehen der Israelis im Gazastreifen zu mehr Antisemitismus führt. Er fordert von der Bundesregierung eine klare Haltung ein.
Wien – Mit überraschend klaren Worten beurteilt Altbundespräsident Heinz Fischer das Vorgehen der israelischen Armee im Gazastreifen. Fischer, der sonst jedes Wort abwägt, spricht im APA-Interview von „Empörung, in welcher Weise ein Ministerpräsident Netanyahu mit seinem sogenannten Kriegskabinett (...) aus rechtsextremen, ihren Zionismus vor sich hertragenden Regierungsmitgliedern den Krieg gegen die Bevölkerung des Gazastreifens führt“.
Fischer wehrt sich gegen das Schweigen
„Das ist mir ganz ernst“, unterstrich Fischer. So dürfe man etwa bei Taten, die unter dem Verdacht von Kriegsverbrechen stehen, „nicht schweigen“, sagte Fischer. „Und daher erwarte ich mir auch von der österreichischen Regierung, dass sie diese Dinge aufmerksam verfolgt und dann Stellung nimmt“, sagte er in Richtung der Dreier-Koalition aus ÖVP, SPÖ und NEOS.
Das stärkste Motiv dafür sei gerade, dass durch die Handlungen Netanyahus „der Antisemitismus nicht verringert, sondern vergrößert und gestärkt wird. Und dem muss ein Riegel vorgeschoben werden.“ Der Holocaust, also die industrielle Vernichtung der Juden durch die Nazis, „rechtfertigt nicht, dass man jetzt so mit Menschen umgeht“. Die Vorgänge im Gazastreifen seien „entsetzlich“ und „umso schlimmer, als wir ja ganz, ganz positiv eingestellt sind zum Kampf gegen Antisemitismus“, sagte der langjährige SPÖ-Politiker.
In einer ersten Reaktion haben Kanzler Christian Stocker (ÖVP), Vize Andreas Babler (SPÖ) und Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (NEOS) auf die bisherige „klare Haltung“ verwiesen. Österreich werde seine guten Kontakte zu Israel nutzen, um auf die Einhaltung des Völkerrechts zu drängen, so Meinl-Reisinger nach dem Ministerrat.
Es sei Israel nicht anzulasten, dass es auf das Massaker der Hamas an der israelischen Bevölkerung vom 7. Oktober 2023 militärisch reagiert habe, so Stocker. Die palästinensische Zivilbevölkerung dürfe aber nicht die Rechnung bezahlen. Die Regierung bekenne sich zur Rechtsstaatlichkeit auf allen Ebenen und zur humanitären Hilfe für die Zivilbevölkerung.
Auch der Vizekanzler hob hervor, dass Österreich den Angriff der Hamas klar verurteile, gleichzeitig aber für eine Zwei-Staaten-Lösung eintrete. (APA, TT)