Die Welt ist alarmiert

Die beiden Atommächte Indien und Pakistan sind auf Kriegskurs

Auch die Stadt Poonch im indischen Teil Kaschmirs wurde von den Kämpfen in Mitleidenschaft gezogen.
© AFP/Paranjpe

Eskalation zwischen den Atommächten: Pakistans Armee spricht von 26 Toten bei indischen Angriffen. Zehn Tote bei pakistanischem Beschuss im indischen Teil Kaschmirs.

Neu-Delhi, Islamabad – Der jahrzehntealte Konflikt zwischen den Atommächten Indien und Pakistan ist erneut eskaliert. Das indische Militär griff am Mittwoch Ziele in Pakistan und im pakistanischen Teil der zwischen beiden Ländern umstrittenen Himalaya-Region Kaschmir an. Laut Angaben des pakistanischen Militärs wurden dabei 26 Menschen getötet und 46 weitere verletzt. Es kam zu den schwersten Kämpfen zwischen beiden Staaten seit mehr als 20 Jahren. Nach Angaben der indischen Polizei wurden durch Beschuss der pakistanischen Armee zehn Zivilisten im indischen Teil Kaschmirs getötet und 48 Menschen verletzt. Entlang großer Teile der De-facto-Grenze in Kaschmir kam es zu intensivem Beschuss und schwerem Gewehrfeuer.

In Muridke nahe der pakistanischen Großstadt Lahore wurde bei einem indischen Angriff ein Schulgebäude zerstört.
© AFP/Naeem

Pakistans Premierminister Shehbaz Sharif kündigte nach einer Sitzung des Sicherheitskabinetts eine Reaktion auf die indischen Angriffe an. Sharif sprach von einem „offenkundigen Kriegsakt“. Pakistan erklärte zudem, fünf indische Kampfjets abgeschossen zu haben. Bei einem der indischen Angriffe in Pakistan wurden nach Angaben der islamistischen Extremistengruppe Jaish-e-Mohammad zehn Verwandte ihres Anführers Masood Azhar getötet. Der pakistanische Verteidigungsminister erklärte, alle Ziele seien zivil gewesen. Er wies damit anderslautende indische Angaben zurück.

Eskalation nach Anschlag

Nach den Angriffen wurden alle Schulen in Pakistanisch-Kaschmir, der Hauptstadt Islamabad, weiten Teilen des indischen Kaschmirs und der bevölkerungsreichen pakistanischen Grenzprovinz Punjab geschlossen. Die Provinz Punjab rief den Notstand aus.

Auslöser der Eskalation war ein blutiger Anschlag im indischen Teil Kaschmirs, für den Indien muslimische Extremisten aus Pakistan verantwortlich macht. Bei dem Anschlag am 22. April wurden 26 Menschen – der Großteil von ihnen indische Touristen – getötet. Die Regierung in Islamabad bestreitet eine Verwicklung.

Indien erklärte, neun pakistanische „terroristische Infrastruktureinrichtungen“ angegriffen zu haben. Indische Streitkräfte zielten auf die Hauptquartiere der militanten Islamistengruppen Jaish-e-Mohammed und Lashkar-e-Taiba ab, wie es aus indischen Sicherheitskreisen heißt.

Seit dem Anschlag vom April überziehen sich Indien und Pakistan mit Strafmaßnahmen, wiesen die Staatsbürger der jeweils anderen Seite aus und reduzierten die diplomatischen Beziehungen. Experten stuften besonders Indiens Entscheidung als schwerwiegend ein, den so genannten Indus-Wasservertrag mit dem Nachbarn auszusetzen. Die Kaschmir-Region im Himalaya ist zwischen Pakistan und Indien geteilt, beide beanspruchen aber das ganze Gebiet für sich. Die Ursprünge des Konflikts reichen bis in die Kolonialzeit zurück.

Die Welt ist alarmiert

UNO-Generalsekretär António Guterres zeigte sich nach den gegenseitigen Angriffen „sehr besorgt“. „Die Welt kann sich eine militärische Konfrontation zwischen Indien und Pakistan nicht leisten“, sagte er. US-Präsident Trump äußerte seine Hoffnung, dass der Konflikt nicht weiter eskaliert. Auch China, Russland, der Iran, Deutschland und Frankreich forderten beide Seiten zur Zurückhaltung auf. (TT, APA, dpa, Reuters, AFP)